Weltwirtschaftsforum in Davos: Merkel will mit allen reden
Die Kanzlerin will Fakten der Wissenschaft mit Emotionen der Gegner versöhnen. Das Klimaabkommen zu erfüllen, sei eine Überlebensfrage.
Das Hauptthema des 50. Forums war die Klima-Politik. Vertreterinnen der Fridays-für-Future-Bewegung wie Greta Thunberg und Luisa Neubauer nahmen teil. Außerdem spielten die Handelskonflikte zwischen der US-Regierung, repräsentiert durch Präsident Donald Trump, und anderen Ländern, sowie die Besteuerung internationaler Konzerne eine große Rolle.
Im Hinblick auf die Auseinandersetzung mit der US-Regierung betonte Merkel, dass sie sich weiter „für den Multilateralismus einsetzen“ werde. Das schließe internationale Institutionen wie die Welthandelsorganisation (WTO) ein. Diese müsse reformiert werden, da habe Trump Recht, aber man müsse sie eben auch funktionsfähig halten. Derzeit blockieren die USA den Streitschlichtungsmechanismus der WTO.
Einen großen Teil der Rede nahm die Klimapolitik ein. Das Pariser Abkommen einzuhalten, sei eine „Frage des Überlebens“, sagte Merkel. Sie räumte ein, dass die Staaten das Ziel, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, mit ihren Verpflichtungen zur Verringerung des Kohlendioxidausstoßes nicht erreichen könnten. Deshalb „muss die Welt gemeinsam handeln“, wenngleich „jedes Land seinen Beitrag leisten“ solle. Den Versuch, in Europa und Deutschland bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen, bezeichnete sie als „Transformation von gigantischem, historischem Ausmaß“. Dafür müsste man „die gesamte Art des Wirtschaften und Lebens des Industriezeitalters verlassen“ und zu „neuen Formen der Wertschöpfung“ kommen.
Proteste nehmen wieder zu
Merkel schilderte die Konflikte, die die Energiewende in Deutschland mit sich bringt. Viele Leute hielten es nicht für „dringlich“, den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Es komme zu Spannungen zwischen Städtern und Landbewohnern, denen man mehr Belastungen beispielsweise durch Windräder zumute. „Wie nehmen wir diese Leute mit?“, fragte die Kanzlerin.
Obwohl der Klimawandel für sie „eine klare wissenschaftliche Evidenz“ habe, müsse man diese „Fakten“ mit den „Emotionen“ derjenigen „versöhnen“, die Klimapolitik ablehnten. „Das setzt voraus, dass man miteinander spricht“, mahnte Merkel. Auch mit den „kontroversesten Gruppen“ brauche es einen Austausch. Für diese Aussage erhielt sie Zwischenapplaus.
Im Vergleich zu den vergangenen Jahren nahm diesmal der Protest gegen das WEF wieder zu. Klima-Aktivist*innen organisierten eine dreitägige Wanderung nach Davos, die Jungsozialisten veranstalteten eine Kundgebung, Greenpeace forderte mit einer Aktion das Ende der Investitionen in fossile Energie, und in Zürich gab es gar eine kleine Straßenschlacht. Im Kongresszentrum wurden die Proteste jedoch wenig wahrgenommen. Das liegt zum einen daran, dass das Forum einen abgeschlossen Kosmos mit strengen Sicherheitskontrollen bildet. Viele Teilnehmer*innen gehen morgens rein und erst abends wieder raus. Außerdem tut die Schweizer Polizei alles dafür, dass Proteste die Veranstaltung nicht behindern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Pumpspeicher kommt doch nicht
Täter von Magdeburg
Schon lange polizeibekannt