Weltweiter Ölverbrauch: Entwicklungsländer wie geschmiert
Der Preis steigt? Egal! Beim Ölverbrauch haben die Nicht-OECD-Staaten die Industrieländer überflügelt. Das liegt auch an Subventionen für fossile Energie.
FREIBURG taz | Erstmals in der Geschichte wird der Ölverbrauch der Entwicklungs- und Schwellenländer im laufenden Quartal den Verbrauch in den Industriestaaten überschreiten. Das prognostiziert die Internationale Energieagentur (IEA) in ihrem jüngsten Ölmarktreport. Ausschlaggebend dafür sei, dass die Ölnachfrage in den OECD-Ländern leicht zurückgehe, während sie in den Nicht-OECD-Staaten deutlich und stetig steige.
Kenner der globalen Ölmärkte überrascht diese Entwicklung nicht. „Seit 2006 nimmt der Ölverbrauch in den Industriestaaten wegen der gestiegenen Ölpreise ab“, sagt Werner Zittel, Vorstand der Ludwig-Bölkow-Stiftung und Experte für fossile Energieressourcen der Energy Watch Group. Zugleich habe der hohe Ölpreis in vielen Nicht-OECD-Staaten aber kaum Spuren hinterlassen, weil es dort Menschen gebe, die bereit seien, sehr viel Geld dafür auszugeben.
Zudem subventionieren einige Nicht-OECD-Staaten das Öl massiv, sodass die Verbraucher dort die steigenden Weltmarktpreise nicht oder nur gedämpft zu spüren bekommen. Wie die IEA in ihrem jüngsten World Energy Outlook vorrechnete, summierten sich die staatlichen Hilfen für fossile Brennstoffe 2011 weltweit auf gigantische 523 Milliarden US-Dollar. Wie lange diese Länder – vor allem der Nahe Osten und Nordafrika – es durchhalten können, einem steigenden Weltmarktpreis hinterherzusubventionieren, ist fraglich.
Und laut Zittel wird der Ölpreis am Weltmarkt weiter steigen. Schließlich lasse sich die globale Weltölförderung, anders als die IEA annehme, heute schon nicht mehr merklich steigern. Die konventionelle Förderung habe bereits um 2005 ihren Höhepunkt erreicht.
Auch die sogenannten unkonventionellen Quellen verschafften dem Markt allenfalls ein paar Jahre Luft. Die Förderung aus der Tiefsee wie etwa in Mexiko gehe bereits wieder zurück. Anders sei es mit der Gewinnung von Öl aus Teersand in Venezuela oder aus Schiefergestein in Norddakota und Texas. Sie sei stabil oder werde derzeit sogar noch ausgeweitet. Allerdings handle es sich dabei nur um eng abgegrenzte Regionen mit limitiertem Potenzial, sodass der weltweite Druck auf die Ölpreise nur wenig gedämpft werde.
Der Anstieg der Förderkosten des Öls um den Faktor 5 in den letzten zehn Jahren mache stattdessen deutlich, dass man tatsächlich weltweit an Grenzen stoße. Wie sich der Ölverbrauch dann in Zukunft auf die Regionen der Erde verteilen wird, sei aber schwer abschätzbar, sagt Zittel. Denn hier zählt schlichte Ökonomie: Wer am meisten bezahlt, bekommt den Rohstoff.
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