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Weltmeisterin kritisiert Homo-ProtestPutins schärfste Waffe

Stabhochspringerin Issinbajewa ist zur Pressesprecherin des Kreml geworden. Wie hat sie das Lotterleben in Monaco bisher nur ertragen?

Für Putin ein Segen: Stabhochsprung-Weltmeisterin Jelena Issinbajewa. Bild: dpa

Ihre Fingernägel hat Jelena Issinbajewa derzeit in den russischen Landesfarben lackiert: rot, blau, weiß. Sie ist Staatssportlerin, eine Botschafterin im Trainingsanzug mit einem guten Draht zu Staatschef Wladimir Putin. Zwei schwedische Leichtathletinnen hatten in den vergangenen Tagen der Weltmeisterschaft in Moskau die Farben des Regenbogens auf ihre Fingernägel gemalt - aus Protest gegen das russische Antischwulengesetz. Und auch der US-amerikanische Mittelstreckler Nick Simmonds hatte Putins Gesetz hanebüchen genannt.

Das war zu viel der Provokation. Russland hat zurückgeschlagen - in Person von Jelena Issinbajewa. „Es ist nicht respektvoll gegenüber unserem Land und unseren Menschen“, sagte Issinbajewa nach ihrem Titelgewinn im Stabhochsprung, „wir sind Russen, wir sind vielleicht anders als die Europäer, aber wir setzen unsere Regeln nicht über ihre.“

Das hätte Putin nicht besser sagen können. Aber wie antieuropäisch und antiwestlich ist Issinbajewa eigentlich? Sie stammt zwar aus Wolgograd (ehemals Stalingrad), besitzt aber in Monaco eine Zweitwohnung und lebte und trainierte jahrelang in Italien. Man fragt sich, wie sie das mediterrane Lotterleben mit allerlei freiem Herumgeschnaksel nur ertragen hat?

Rückzieher

Nach ihren umstrittenen Äußerungen zum russischen Anti-Homosexuellen-Gesetz macht Issinbajewa einen Rückzieher. „Englisch ist nicht meine Muttersprache und ich denke, ich bin da gestern vielleicht missverstanden worden mit dem, was ich gesagt habe“, meinte die Weltrekordlerin am Freitag in einer Stellungnahme.

Sie habe sagen wollen, „dass die Menschen Gesetze in anderen Ländern respektieren sollten, vor allem wenn sie Gäste sind“. Sie wiederum respektiere die Ansichten anderer Athleten. „Mit größtem Nachdruck“ sprach sie sich nun gegen Diskriminierung von Homosexuellen aus. (dpa)

Der Russe an sich, sagt sie, wolles „dieses Zeug“ und „diese Probleme“ nicht: „Bei uns leben Männer mit Frauen, Frauen mit Männern.“ Der Russe ist halt durch und durch normal, und wenn er es von Natur aus vielleicht doch nicht ist, dann wird er es halt von Gesetzes wegen. Dieser Logik folgt auch Issinbajewa, die sich bisher mit allzu eindeutigen Aussagen in der Öffentlichkeit eher zurückgehalten hat.

Kulturkämpferin für Russland

Doch im russischen Lande Homophobia, wo etliche Blumen des Bösen und anderes politisches Unkraut gedeihen, wird eine Medaillensammlerin gern mal umfunktioniert zur Teilzeitpressesprecherin des Kreml. In der Moskauer Machtzentrale weiß man, wo der Ungeist zuhause ist: im Westen und in den Köpfen halbwegs mündiger Menschen.

Bisher war Jelena Issinbajewa eine Wettkämpferin. Seit Donnerstagnachmittag ist sie auch - trotz ihrer halbgaren Entschuldigung - eine Kulturkämpferin. Diese Art der sportpolitischen Auseinandersetzung wird uns erhalten bleiben - in Sotschi bei den Olympischen Winterspielen oder der Fußball-WM 2018 in Russland.

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9 Kommentare

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  • AW
    Anna W

    Muss dieser sexistische Titel des Artikels denn sein? Da bin ich von der taz aber arg enttäuscht.

  • die arme frau. hat noch nicht mal homosexuelle freunde. sonst würde sie nicht wider besseres wissen behaupten dass männer mit frauen leben und frauen mit männern. wahrscheinlich trauen sich die schwulen und lesben um sie herum nicht es ihr zu sagen. deswegen ist die arme frau so dumm.

  • F
    Fritz

    @Peter Haller

    Um die Unterschiede zwischen Deutschland und Russland diesbezüglich zu erfahren, stellen Sie sich einfach in Berlin Samstags Mittags in Berlin auf den Kudamm, und tragen ein Schild mit dem Zitat von Wowi. Wnd dann machen Sie dasselbe in Moskau auf der Petrovsky-Passage. Und dann schaun wir mal, ob Sie immer noch so daherreden.

  • PH
    Peter Haller

    Ich habe überhaupt nix gegen Schwule und Lesben ! Aber an die Adresse all derer hier in D., welche sich sooo empören über die bösen Russen: Warum wohl hat sich hierzulande noch kein Fussballfuzzi von Dortmund bis Bayern getraut sich zu outen ? Ist doch hier gar kein Problem ? Oder ist der Deutsche evtl. gar nicht so amused darüber, wenn Schwule auf dem Rasen rumhoppeln ??

    • @Peter Haller:

      fände ich voll cool wenn schwule jungs auf dem rasen hinter dem ball herhoppeln.

      ps: nächstes jahr finden wieder die world Gay Games statt, dann in cleveland/ohio. da kann man dann tatsächlich jede menge gayes volk durch die stadien rennen sehen.

    • @Peter Haller:

      Es geht hier hier doch gar nicht ums outen. Es geht um Putin, um fiese Schwulengesetze. Um Diktatur!

  • Niemals vergessen, den Satz vom feinen Gerhard Schröder: Putin ist ein lupenreiner Demokrat.

  • JM
    Jules Mari

    Markieren Sie eine persönliche Meinung, d.h. einen Kommentar doch bitte als solchen.

    • T
      ThL
      @Jules Mari:

      Ist ein Kommentar nicht immer (oder zumindest oft) eine persönliche Meinung?