Welt-Naturkonferenz: Artenschützer aus der ganzen Welt proben Speeddating in Rom
In drei Tagen wollen die Vertragsstaaten der Konvention über biologische Vielfalt Lösungen für wichtige Naturschutzprobleme finden. Es geht um Geld.
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Es geht um viel Geld. Die beteiligten Industrieländer sollten jetzt schon jedes Jahr 20 Milliarden US-Dollar (etwa 19 Milliarden Euro) für den Schutz der Artenvielfalt bereitstellen, ab 2030 insgesamt 30 Milliarden. Doch bislang fließt das Geld nicht.
Immerhin ist die Verhandlungsführung geklärt – und das ist in diesem Fall keine Selbstverständlichkeit. Präsidentin dieser Fortsetzung der Weltnaturkonferenz bleibt die Kolumbianerin Susana Muhamad. Das ist bemerkenswert, da Muhamad gerade als Umweltministerin ihres Landes zurückgetreten ist. Hintergrund ist eine umstrittene, live ins Fernsehen übertragene Kabinettssitzung von Gustavo Petros linker Regierung in Kolumbien, in der Sexismus und Altherrenwitze den Umgang prägten.
Auf Anfrage der taz bestätigte Muhamad, dass sie aktuell weiter im Amt sei und ein Datum für ihr Ausscheiden noch nicht feststehe. Sie werde als Präsidentin der Weltnaturkonferenz in Rom fortführen, was sie in Cali begonnen habe. Dort hatte es viel internationales Lob für ihre Konferenzleitung gegeben.
Die wichtigsten Themen sind weiterhin: Ressourcen zu mobilisieren und einen Finanzierungsmechanismus festzulegen, um die Entwicklungsländer beim Naturschutz zu unterstützen und einen Überwachungsrahmen zu schaffen, um die Fortschritte bei der Umsetzung der 23 Ziele zu messen, die bis 2030 erreicht sein sollen. Kolumbien selbst könne aktuell nur 6 von 26 der Indikatoren überwachen, die für diese Ziele relevant sind, schreibt das Umweltministerium. Das Land wolle daher Methoden und Fähigkeiten verbessern.
Auch die neue Bundesregierung muss sich an Ziele halten
Umstritten ist bislang allerdings noch der Fonds, aus dem Gewinne aus der Nutzung biologischer Vielfalt gerecht verteilt werden sollen. Hierzu werde es „eine Ansage geben“, sagte Muhamad der taz. Während viele Entwicklungsländer einen neuen Fonds aufsetzen wollen, möchten die Industrieländer bestehende Strukturen nutzen. „Bislang gibt es hier noch keinen guten Kompromiss“, sagt Katrin Böhning-Gaese, Wissenschaftliche Geschäftsführerin des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig.
Zahlen soll in den Fonds vor allem die Pharmabranche, Biotechnologie und Landwirtschaft, die mit genetischen Ressourcen zum Beispiel aus dem Amazonas-Gebiet neue Produkte entwickeln – ohne dass die Herkunftsländer und vor allem indigene Gemeinschaften und andere Akteure, die diese Lebensräume bewahren, bisher davon profitieren. Für Deutschland wird Jan-Niklas Gesenhues (Grüne), Staatssekretär im Bundesumweltministerium, an den Verhandlungen teilnehmen.
Das Ministerium hatte in den vergangenen Jahren mit dem Aktionsplan Natürlicher Klimaschutz eine sehr ambitionierte Naturschutzpolitik begonnen, die aber in wesentlichen Punkten – etwa der Wiedervernässung von Mooren – noch nicht ausgestaltet ist. Ob eine neue Bundesregierung die Ziele der Nationalen Biodiversitätsstrategie umsetzt, die ihre Vorgängerin noch Mitte Dezember beschlossen hatte, ist auch nicht absehbar.
Großes Risiko für Wachstum
„Die Ziele gelten, an die muss sich auch eine neue, wahrscheinlich schwarz-rote Bundesregierung halten“, sagt die Biologin Böhning-Gaese. Erstens blamiere sich Deutschland auf internationaler Bühne, wenn es Vereinbartes wie das Ziel nicht einhalte, mindestens 30 Prozent der Land- und Meeresfläche unter Schutz zu stellen.
Zudem erkenne die Wirtschaft die Naturkrise inzwischen als großes Risiko für Wachstum an. „Und nicht zuletzt habe ich oft Minister:innen erlebt, die im Amt über sich hinausgewachsen sind“, sagt Böhning-Gaese. Barbara Hendricks (SPD) etwa habe sich von einer Quereinsteigerin zu einer erfolgreichen Naturschützerin entwickelt, „insofern bin ich erst mal optimistisch“.
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