Weiterbau der A20: Die gebremste Autobahn
Wird die Küstenautobahn A20 jemals fertig? Momentan gibt es kein Baurecht für das Projekt und statt dessen erfolg- und aussichtsreiche Klagen gegen den Weiterbau.

Im November 2013 verhängte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig einen Baustopp, östlich von Bad Segeberg endet seitdem die Trasse – und ob sie weitergebaut werden darf, entscheidet jetzt erneut das höchste deutsche Verwaltungsgericht. Am 6. und 7. November verhandelt es über die Klage des Naturschutzbundes (Nabu) Schleswig-Holstein gegen das Verkehrsministerium des Landes. Der Ausgang ist völlig offen.
Die Planfeststellung habe den Schutz von mehr als 20.000 Fledermäusen von 15 verschiedenen Arten in den nahe gelegenen Segeberger Kalkberghöhlen, dem größten deutschen Fledermaus-Quartier, nicht ausreichend berücksichtigt, hatten die Leipziger Bundesrichter 2013 erklärt. Die Begründung war eine unverblümte Rüge für planerischen Pfusch: Die angewandte „Methode der Bestandserfassung der Fledermäuse“ habe das Gericht nicht „davon überzeugen können, dass diese Methode den besten wissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht“.
Die Autobahntrasse soll die Kreisstadt Bad Segeberg südlich umgehen bis zur Kreuzung mit der Autobahn A21. Im Abstand von nur etwa 1,5 Kilometern würde sie am Kalkberg vorbeiführen, der vor allem durch die Karl-May-Festspiele bekannt wurde. Tatsächlich handelt es sich bei dem 91 Meter hohen grauen Gipsberg um ein nach EU-Recht geschütztes Habitat. Für Fledermäuse ist es eines der wichtigsten Überwinterungsquartiere in Deutschland. Bis zu 400.000 Ausflüge pro Nacht wurden dort von Biologen gezählt.
Die Autobahn A20 wird seit 1992 gebaut und gehörte zu den „Verkehrsprojekten Deutsche Einheit“ nach der Wiedervereinigung.
Als „Ostseeautobahn“ sollte sie ursprünglich Mecklenburg-Vorpommern mit der A1 zwischen Lübeck und Hamburg verbinden.
Zur „Küstenautobahn“ bis kurz vor die Nordsee erweitert wurde sie Ende der 1990er Jahre. Dies beinhaltete die nordwestliche Umgehung Hamburgs, einen Elbtunnel bei Glückstadt und die Fortführung durch das nordwestliche Niedersachsen samt Wesertunnel bis zur A 28 bei Westerstede.
Die Gesamtlänge soll 541 Kilometer betragen, davon sind 345 Kilometer vom Kreuz Uckermark kurz vor der polnischen Grenze bis Weede östlich von Bad Segeberg bereits realisiert.
Recht bekamen die Umweltverbände auch mit einem zweiten Kritikpunkt: Die Autobahn soll das Tal des zweitgrößten schleswig-holsteinischen Flusses Trave an einer Stelle queren, die nach der Richtlinie Flora-Fauna-Habitat (FFH) der EU geschützt ist. Hier waren nach Ansicht der Leipziger Richter „nicht in ausreichendem Maße“ alternative Trassenführungen geprüft worden.
Bislang ist den Autobahn-Planern nicht gelungen, eine juristisch wasserdichte Neuplanung zu erarbeiten. Damit klafft in der Trasse eine etwa elf Kilometer lange Lücke, auch das geplante Kreuz mit der Autobahn A21 existiert nicht einmal auf dem Papier. Dennoch würden sie gern schon weiter bauen und westlich der A21 in Richtung Elbe vordringen. Eben das will nun der Nabu verhindern.
Dass dessen Klage durchaus Aussicht auf Erfolg habe, räumte kürzlich Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) ein. Frühestens 2020 könnten die Bauarbeiten an der A20 weitergehen. Deshalb legten die Landesregierung und die für den Bau zuständige Projektgesellschaft Deges einen neuen Zeitplan vor. „Wir werden vor 2020 bei keinem einzigen Bauabschnitt die Bagger rollen sehen“, sagte Günther.
Bis zur geplanten westlichen Elbquerung bei Glückstadt fehlen noch 80 Kilometer. Auf der Strecke sind 90 Brücken und ein Elbtunnel geplant. Aber für keinen der sechs Bauabschnitte gibt es bislang Baurecht. Drei Abschnitte wurden erfolgreich beklagt, drei hängen in den Planfeststellungsverfahren fest. Und für den Elbtunnel nach Niedersachsen gibt es bislang auch kaum mehr als vage Vorstellungen. Aber „bis zum Ende der 20er Jahre“, hofft Günther, könne er fertig sein.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!