: Weiter Unruhe bei Opel
Nach der strategischen Allianz von Opel mit Fiat sollen knapp 5.000 Beschäftigte zu Joint-Venture-Unternehmen wechseln. Standortfrage offen. Rote Zahlen in Bilanz
RÜSSELSHEIM taz ■ Trotz einer Rahmenbetriebsvereinbarung, mit der die „Besitzstände“ der Arbeitnehmer der Adam Opel AG gewahrt werden sollen, bleiben die Beschäftigten vor allem im Stammwerk in Rüsselsheim verunsichert. Es geht um einem Wechsel zu den neuen Joint-Venture-Unternehmen im Rahmen der strategischen Allianz der Opel-Mutterfirma General Motors mit dem italienischen Automobilkonzern Fiat. Bild am Sonntag vermeldete am Wochenende den bevorstehenden, angeblich unumgänglichen Wechsel von 1.500 Ingenieuren und Technikern aus dem Internationalen Technischen Entwicklungszentrum (ITEZ) von Opel in Rüsselsheim zu Fiat nach Turin. Nur so seien die prognostizierten Synergieeffekte zu erzielen, so das Blatt unter Berufung auf „Vorstandskreise“.
Eine „Falschmeldung“ sei das, behauptete ein Sprecher des Unternehmens noch am Sonntag. Zwar würden insgesamt knapp 5.000 Mitarbeiter von Opel in die noch zu gründenden Joint-Venture-Unternehmen wechseln, davon 1.500 aus dem ITEZ. Dazu noch Beschäftigte im Motoren- und Getriebebau in Bochum und Kaiserslautern. Und Manager und ihre Mitarbeiter aus der Abteilung Einkauf in Rüsselsheim. Doch an eine Verlagerung von Arbeitsplätzen nach Italien sei dabei genauso wenig gedacht wie an die Verlagerung von Entwicklungskapazitäten.
Aufatmen in Rüsselsheim und an den anderen deutschen Standorten. Bis gestern. Auf der Bilanzpressekonferenz von Opel am Montag in Frankfurt war die Standortfrage für die „Gemeinschaftsunternehmen“ plötzlich wieder offen. Und die Beschäfigten klammern sich aktuell gerade noch einmal an das Wörtchen „auch“: Exakt 4.580 „Opelaner“ sollen auch (!) für Fiat arbeiten, sagte ein Sprecher von Opel.
Aber wo? In Italien? In Deutschland? Oder auf halbem Weg in der Schweiz? Die wenigsten Mitarbeiter aus dem mittleren Management (Einkauf) und der „Ingenieurkaste“ (ITEZ) von Opel sind bereit, mit Frau und Kindern nach Italien umzuziehen. Sie arbeiteten schon heute an der Kapazitätsgrenze, sagte ein Entwicklungsingenieur (45) aus dem ITEZ der taz.
Und nach der Kooperation mit Toyota (Japan), der Übernahme von Saab (Schweden) und wegen der immer notwendiger werdenden direkten Absprachen mit der GM-Konzernzentrale in Detroit (USA) befänden sich viele Kollegen ohnehin die meiste Zeit nur noch in der Luft. „Das ist ein extrem harter Job. Und jetzt sollen wir vielleicht noch nach Italien abgeschoben werden?“
Es ist die Informationspolitik des Vorstands um Opel-Boss Robert Hendry vom Mutterkonzern General Motors, die auch die Betriebsräte immer wieder in Harnisch bringt. Erst die spontanen Streiks in der vergangenen Woche vor allem in Bochum hätten den Vorstand zu einer ausführlichen Stellungnahme und dann zur Unterzeichnung der Betriebsvereinbarung gezwungen, sagte der Betriebsratsvorsitzende Rudolf Müller in der vergangenen Woche. Löhne und Gehälter seien „sicher“; auch bei einem Wechsel in ein „Gemeinschaftsunternehmen“. Haltbarkeitsdatum: 2005.
Die Kooperation mit Fiat sichere Opel Synergieeffekte in Höhe von 2,5 Milliarden Mark per annum in den nächsten drei Jahren, prophezeite Hendry gestern auf der Bilanzpressekonferenz; danach könne mit Einspareffekten in Höhe von 5 Milliarden Mark gerechnet werden. Hendry will Opel aus den roten Zahlen führen (Verlust 1999: 81 Millionen Mark). Mit Opel-Autos, unter deren Hauben italienische Fiat-Motoren röhren? Fiat hieß doch hier in Opel-Kreisen immer: Fehler in allen Teilen.
KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT
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