Weihnachten für umme (3): „Gedichte sind sehr ökonomisch“
taz-Adventskalender: Gedichte schreiben und verschenken ist eine gute Idee in mageren Zeiten. Der Lyriker Björn Kuhligk erklärt, wie es geht.
Die taz Berlin sucht in Zeiten von Inflation und Energiekrise Türchen für Türchen nach Wegen, wie es ganz ohne Geld etwas werden kann mit dem ach so besinnlichen Fest.
taz: Herr Kuhligk, dieses Jahr herrscht Weihnachten Ebbe in vielen Geldbeuteln. Würden Sie Laien dazu raten, Gedichte zu schreiben und zu verschenken?
Auf jeden Fall! Das ist ein sehr persönliches Geschenk.
Zu welchen Themengebieten würden Sie zum Einstieg raten?
Erstmal ist es vielleicht am Einfachsten, damit anzufangen, was man direkt vor der Nase hat. Also mit einem Schneegedicht oder einem Großstadtgedicht vielleicht.
Also lieber nicht mit einer Ode an die oder den Beschenkte*n?
Nein, da kann man sich leicht im Ton vergreifen. Man kann aber ins Innenleben gehen und gucken, was da gerade so los ist. Oder man versucht, mit etwas ganz Großem einzusteigen, mit riesigem Zusammenhängen, dem Weltall vielleicht – und von da aus zu etwas ganz Kleinem zu kommen.
Björn Kuhligk, geboren 1974, ist Berliner Schriftsteller und Fotograf.
Und was kommt als Nächstes?
Ein Brainstorming ist gut, bei dem alles erlaubt ist, jeglicher Quatsch, Gedanken, die einem auf den ersten Blick ruhig auch bescheuert vorkommen dürfen.
Und dann?
Dann kann man überlegen, was zusammenpasst. Wo gibt es Verbindungen. Das fällt einem meist auf, wenn man die Sachen nach dem Aufschreiben eine Woche liegen lässt und gar nicht anguckt und dann ganz, ganz viel streicht.
Gibt es Tricks, wie Sie zu besonderen Worten kommen?
Besondere Worte fallen mir oft beim Spielen ein. Wenn ich die Worte zum Beispiel hin und her bewege und gucke, was passiert.
Und wie bekommt das Gedicht einen guten Klang?
Ich lese es mir selbst vor, meist ab dem Moment, wo ich das Gefühl habe, dass das es so langsam auf die Zielgerade zugeht.
Wie halten Sie es mit Gesellschaftskritik im Gedicht?
Politische Themen sind auf jeden Fall gut, aber sie dürfen natürlich nicht wie in einem Pamphlet behandelt werden. Es muss subtiler sein.
Aber bedienen Sie sich manchmal auch an Überschriften aus der Zeitung?
Dafür bin ich immer offen, alles kann Material werden, das gesprochene Wort, die Werbung, die einen anbrüllt, einfach alles.
Letzte Frage: Es kommen ja vielleicht auch wieder bessere Zeiten. Warum sollen Menschen dann wieder Geld für Gedichtbände ausgeben?
Ich glaube, Lyrik ist die schönste und direkteste und ökonomischste literarische Form, weil sie mit so wenigen Produktionsmitteln wie möglich etwas Maximales erstellt. Es kann das Unsagbare benennen. Das kann keine andere literarische Form.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!