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Weihnachten für umme (3)„Gedichte sind sehr ökonomisch“

taz-Adventskalender: Gedichte schreiben und verschenken ist eine gute Idee in mageren Zeiten. Der Lyriker Björn Kuhligk erklärt, wie es geht.

So geht das Dichten auch, wenn mal kein Gänsekiel zur Hand ist Foto: dpa / Patrick Pleul
Interview von Susanne Messmer

Die taz Berlin sucht in Zeiten von Inflation und Energiekrise Türchen für Türchen nach Wegen, wie es ganz ohne Geld etwas werden kann mit dem ach so besinnlichen Fest.

taz: Herr Kuhligk, dieses Jahr herrscht Weihnachten Ebbe in vielen Geldbeuteln. Würden Sie Laien dazu raten, Gedichte zu schreiben und zu verschenken?

Auf jeden Fall! Das ist ein sehr persönliches Geschenk.

Zu welchen Themengebieten würden Sie zum Einstieg raten?

Erstmal ist es vielleicht am Einfachsten, damit anzufangen, was man direkt vor der Nase hat. Also mit einem Schneegedicht oder einem Großstadtgedicht vielleicht.

Also lieber nicht mit einer Ode an die oder den Beschenkte*n?

Nein, da kann man sich leicht im Ton vergreifen. Man kann aber ins Innenleben gehen und gucken, was da gerade so los ist. Oder man versucht, mit etwas ganz Großem einzusteigen, mit riesigem Zusammenhängen, dem Weltall vielleicht – und von da aus zu etwas ganz Kleinem zu kommen.

Im Interview: Björn Kuhligk

Björn Kuhligk, geboren 1974, ist Berliner Schriftsteller und Fotograf.

Und was kommt als Nächstes?

Ein Brainstorming ist gut, bei dem alles erlaubt ist, jeglicher Quatsch, Gedanken, die einem auf den ersten Blick ruhig auch bescheuert vorkommen dürfen.

Und dann?

Dann kann man überlegen, was zusammenpasst. Wo gibt es Verbindungen. Das fällt einem meist auf, wenn man die Sachen nach dem Aufschreiben eine Woche liegen lässt und gar nicht anguckt und dann ganz, ganz viel streicht.

Gibt es Tricks, wie Sie zu besonderen Worten kommen?

Besondere Worte fallen mir oft beim Spielen ein. Wenn ich die Worte zum Beispiel hin und her bewege und gucke, was passiert.

Und wie bekommt das Gedicht einen guten Klang?

Foto: taz / Aletta Luebbers

Ich lese es mir selbst vor, meist ab dem Moment, wo ich das Gefühl habe, dass das es so langsam auf die Zielgerade zugeht.

Wie halten Sie es mit Gesellschaftskritik im Gedicht?

Politische Themen sind auf jeden Fall gut, aber sie dürfen natürlich nicht wie in einem Pamphlet behandelt werden. Es muss subtiler sein.

Aber bedienen Sie sich manchmal auch an Überschriften aus der Zeitung?

Dafür bin ich immer offen, alles kann Material werden, das gesprochene Wort, die Werbung, die einen anbrüllt, einfach alles.

Letzte Frage: Es kommen ja vielleicht auch wieder bessere Zeiten. Warum sollen Menschen dann wieder Geld für Gedichtbände ausgeben?

Ich glaube, Lyrik ist die schönste und direkteste und ökonomischste literarische Form, weil sie mit so wenigen Produktionsmitteln wie möglich etwas Maximales erstellt. Es kann das Unsagbare benennen. Das kann keine andere literarische Form.

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