■ Weibliches Anlagevermögen: Den Millionen einen Sinn geben
Tracy Gary war gerade 21 Jahre alt, als sie zwei Millionen Dollar erbte. Die junge Frau aus San Francisco fühlte sich zunächst völlig überfordert von der Frage, was sie damit anfangen sollte. Bei näherer Beschäftigung mit ihrem Vermögen stellte sie fest, daß sie an Rüstungsfirmen beteiligt war. Gary beschloß, das Geld sinnvoller anzulegen.
Anfang der 80er Jahre gründete sie zusammen mit einigen anderen Feministinnen die „Women's foundation“ – eine der ersten Frauenstiftungen in den USA und auch weltweit.
Der Stiftung geht es nicht nur um den theoretischen und praktischen Kampf für eine Gleichberechtigung der Geschlechter und Unterstützung für Mädchen und Frauen mit schlechten Berufschancen. Seit 1982 organisiert Gary auch regelmäßige Treffen für Erbinnen, die sich über einen verantwortlichen Umgang mit ihrem Geld klar werden wollen. Einige tausend Frauen haben inzwischen daran teilgenommen.
Die Holländerin Marjan Sax brachte die Idee 1983 nach Europa. Sie gründete mit einem Teil ihres Millionenerbes die Frauenstiftung „Mama cash“, die die Selbständigkeit von Frauen in aller Welt fördern will.
Zum einen hat die Organisation schon etwa 2.000 Gruppen vor allem in Afrika, Lateinamerika und Asien unterstützt, die sich für die Rechte von Frauen und Mädchen einsetzen. Zum anderen fördert die Stiftung auch Existenzgründerinnen in Holland, die ohne Bürgschaft keine Darlehen von Banken bekommen würden. „Es geht uns immer nur um eine Hilfe für den Start und nie um Dauerfinanzierung“, sagt Lilianne Plojmen, die in der Amsterdamer Zentrale arbeitet.
Inzwischen speist sich „Mama cash“ nicht mehr nur aus Spenden reicher Erbinnen, sondern auch durch regelmäßige Überweisungen von weniger betuchten Frauen. Die Unterstützung für mehr weibliche Wirtschaftsmacht nimmt dabei sprunghaft zu: Konnte „Mama cash“ 1997 etwa 1,5 Millionen Gulden (etwa 1,3 Millionen Mark) ausgeben, so werden es dieses Jahr etwa 2,5 Millionen sein. „Wir achten darauf, daß wir das meiste als Darlehen oder Bürgschaften vergeben, damit wir möglichst vielen Frauen helfen können“, so Plojmen.
Die Veranstalterinnen des Kölner Kongresses hoffen, daß an diesem Wochenende der Funke auch auf Deutschland überspringt.
Als Startkapital für eine Stiftung sind in Deutschland 100.000 Mark nötig. Doch längerfristig wollen sie einen Kapitalstock von zehn Millionen. Dann würden die Hilfen für ärmere Schwestern aus den Erträgen bezahlt. Das Ursprungsgeld könnte immer aufs neue Frauenprojekte und Existenzgründerinnen unterstützen.
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