piwik no script img

Unter Terrorverdacht stehender OffizierFranco A. erneut in U-Haft

Franco A. steht unter Terrorverdacht und ist nun wieder in Untersuchungshaft. Hintergrund sind neue etwaige Beweismittel.

Erneut in Haft: Franco A. (l.) – hier im Juni 2021 im Oberlandesgericht Frankfurt mit seinem Anwalt Foto: Thomas Lohnes/dpa

Berlin taz | Der wegen Terrorverdacht vor Gericht stehende Bundeswehroffizier Franco A. sitzt erneut im Gefängnis. Der 33-Jährige wurde am Sonntagvormittag von einem Spezialeinsatzkommando der hessischen Polizei in Offenbach festgenommen. Das teilte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main am Montag mit. Bei einer Personenkontrolle waren bei ihm Gegenstände gefunden worden, die als Beweismittel im Prozess in Betracht kommen. Deshalb sei von Verdunkelungs- und Fluchtgefahr auszugehen. Um 11 Uhr am Montag wurde Franco A. der Haftbefehl eröffnet, das zog sich bis in den Nachmittag.

Am späten Freitagabend war Franco A. auf einem S-Bahnhof in seinem Wohnort Offenbach in eine Polizeikontrolle geraten. Aufgrund der bei ihm sichergestellten Gegenstände „und weiterer Erkenntnisse“ habe der Vorsitzende des Staatsschutzsenats am Samstagabend einen Haftbefehl gegen Franco A. erlassen, wie das Oberlandesgericht Frankfurt mitteilte. Ein solches Vorgehen ist nur in dringenden Fällen möglich und wird selten angewendet.

Um 11 Uhr am Montagmorgen sollte Franco A. vom Senat der Haftbefehl eröffnet werden. Franco A. steht seit Mai 2021 wegen des Vorwurfs der „Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“ vor Gericht. Er hatte ein Doppel­leben als syrischer Geflüchteter geführt und soll Anschläge unter anderem auf Po­li­ti­ke­r*in­nen geplant haben. Franco A. verfügt über eine rechtsextreme Gesinnung, er hat sich regelmäßig rassistisch, völkisch und antisemitisch geäußert.

Die Kontrolle am Freitagabend hatte womöglich Bezug zu Coronamaßnahmen. Die FR berichtet über Handyvideos, auf denen Franco A. in der S-Bahn-Station keine Coronamaske trägt und von zwei Strei­fen­po­li­zis­t:in­nen angehalten wird. Franco A. fragt: „Warum kontrollieren Sie mich?“ Anschließend sei zu sehen, wie ein Polizist einen Taser auf ihn richtet und immer wieder „Hinlegen“ schreit. „Ich werde mich nicht an die Wand legen, weil es keinen Grund dafür gibt, mich hier mit Gewalt zu behandeln“, sagt dem Bericht zufolge Franco A. „Ich bin ein freier Bürger dieses Landes und ein freier Bürger dieser Welt.“ Die Situation eskaliert, es kommen mehr Be­am­t:in­nen dazu, sie setzten Pfefferspray ein, nehmen ihn kurzzeitig fest – und stellen die Beweismittel sicher.

Prozessfortsetzung am Donnerstag

Laut Johannes Hock, einem von Franco A.s zwei Verteidigern, wurden bei Franco A. keine Waffen oder Munition gefunden. Seinem Kenntnisstand nach seien es Aufzeichnungen gewesen. Die Sprecherin des Oberlandesgerichts wollte sich auf taz-Anfrage nicht zu den sichergestellten Gegenständen äußern. Vor Gericht hat Franco A. den zwischenzeitlichen Besitz von Kriegswaffen zugegeben, unter anderem ein Bundeswehrgewehr vom Typ G3. Über den weiteren Verbleib der Waffen wollte er keine Angaben machen.

Die Art und Weise von Franco A.s Festnahme am Sonntag kritisiert Rechtsanwalt Hock als überzogen. Das SEK habe sich mit Rammböcken Zugang zur Wohnung verschafft und „alles zerstört“. Auch Franco A.s Mutter hätten die Po­li­zis­t:in­nen eine Pistole an den Kopf gehalten. „Sie hätten ja auch klingeln können“, sagte Hock der taz.

Franco A. war zum ersten Mal Anfang 2017 festgenommen worden, als er am Wiener Flughafen eine Pistole aus einem Versteck holen wollte. Von Ende April bis Ende November 2017 saß er in Untersuchungshaft. Der Bundesgerichtshof sah damals den dafür nötigen dringenden Tatverdacht nicht mehr als gegeben an. Am kommenden Donnerstag wird der Prozess fortgesetzt. Danach sind acht weitere Termine bis Ende März angesetzt.

Lesen gegen das Patriarchat

Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Sieht so aus, als wäre die Selbstverharmlosungsstrategie eines Rechtsextremisten und potentiellen -terroristen vorerst gescheitert.

  • Wieso unverhältnismäßig?



    gegen Links ist dies völlig legitim, selbst wenn man wen nur nen Pimmel nennt!

  • Irgendwie hätte ich erwartet, daß ich im Artikel erfahre, welche neuen Beweismittel gefunden wurden...

    • @Nobodys Hero:

      Aufzeichnungen, steht doch da.

      Das ist schon sehr viel genauer als in der restlichen Berichterstattung, wo gar nichts darüber steht und wo es heißt, es gebe darüber keine Informationen; die taz ist also gut informiert.

      www.zeit.de/gesell...erdacht-haftbefehl

      • 0G
        05989 (Profil gelöscht)
        @Günter Picart:

        Genau steht da ".. waren bei ihm Gegenstände gefunden worden, die als Beweismittel im Prozess in Betracht kommen."

        Ich würde mal auf ein Smartphone tippen...

    • @Nobodys Hero:

      Dokumente !?