Was sich aus Nordhausen lernen lässt: Der richtige Aufschrei
Der Sieg des AfD-Kandidaten konnte in Nordhausen verhindert werden, weil die Zivilgesellschaft so stark auftrat. Ein Vorbild für künftige Wahlen.
D ie Oberbürgermeisterstichwahl in Nordhausen ging glimpflich aus, nicht glücklich: Trotz Wiederwahl des parteilosen Amtsinhabers Kai Buchmann entfielen ganze 45 Prozent auf den AfD-Kandidaten Jörg Prophet aus der rechtsextremen Höcke-AfD in Thüringen. Prophet fiel mit geschichtsrevisionistische Aussagen auf – in einer Stadt, auf deren Gebiet die KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora liegt.
Viele hatten dennoch fest mit dem ersten AfD-Oberbürgermeister gerechnet – nicht zuletzt die Partei selbst, die, berauscht von den Umfragen, einen braunen Domino-Effekt in den Kommunen herbeireden will. Nordhausen ist deshalb eine empfindliche Niederlage für die AfD – aus der sich viel lernen lässt. Denn eigentlich war alles für einen weiteren brauen Dominoday angerichtet: der AfD-Bundestrend, fast 20 Punkte Vorsprung im ersten Wahlgang, ein Amtsinhaber ohne große Kampagne, dafür mit Disziplinarverfahren und Streit im Stadtrat.
Aber Nordhausen ist trotzdem nicht nach rechts gekippt – es hat vielmehr vorgemacht, wie demokratischer Zusammenhalt aussehen kann. Anders als in Sonneberg, wo erstmals ein AfD-Landrat gewählt wurde, gab es in Nordhausen vor der Stichwahl einen echten Aufschrei: Vertreter der Zivilgesellschaft haben sich lautstark eingemischt und gegen die AfD mobilisiert – nicht zuletzt der KZ-Gedenkstättenleiter Jens Christian Wagner, der ausdauernd warnte, wie fatal ein Geschichtsrevisionist als Oberbürgermeister wäre. Bürger*innen vernetzten sich in Chatgruppen, organisierten Demos und richteten ein großes Stadtfest aus. Sie lieferten einen lebhafteren Gegenentwurf zum geschlossenen Weltbild der AfD.
Nordhausen weckt Hoffnung und ist gleichzeitig ein Appell: Es gibt funktionierende Strategien gegen die AfD und Engagement für eine offene Gesellschaft lohnt sich. Es zeigt aber auch, wie notwendig ein gesellschaftlicher Aufschrei gegen den Rechtsruck ist – gerade mit Blick auf die kommenden Landtags- und Kommunalwahlen.
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