Was bringt das neue Jahr (II)?: Allen geht’s um alles
Das Thema Mieten bleibt der Stadt weiterhin erhalten, auch wenn der Mietendeckel gekippt werden sollte.
Nein, auch am Ende dieses Jahres werden die großen privaten Immobilienkonzerne in Berlin noch nicht vergesellschaftet sein. Womöglich steht der nächste Senat dann aber vor dieser Aufgabe – ein Erfolg des Volksentscheids der Initiative Deutsche Wohnen und Co. enteignen vorausgesetzt. Die Chancen dafür, dass es zumindest zum Volksentscheid parallel zur Abgeordnetenhauswahl im September kommen wird, stehen gut.
Eine Übernahme der Forderungen der Initiative durch das Abgeordnetenhaus, die eine Abstimmung überflüssig machen würde, wird es wohl nicht geben. Zwar lief ein erstes Gespräch der Aktivist*innen mit den Koalitionsspitzen Anfang Dezember erstaunlich konstruktiv, aber nun läuft die Zeit davon. Am 11. Januar gibt es ein erneutes Treffen, keine zwei Wochen später läuft die Frist ab. Die Initiative fordert einen Gesetzentwurf, doch den wird es so schnell kaum geben können. „Mir fehlt die Fantasie, wie in der Zeit noch viel passieren soll“, sagt Initiativensprecher Kalle Kunkel im Gespräch mit der taz. Auch bleibe zweifelhaft, ob die SPD wirklich zu diesem Schritt bereit wäre.
Die Initiative jedenfalls steckt mitten in den Vorbereitungen für eine Kampagne, in deren Verlauf sie 220.000 Unterschriften sammeln will – 175.000 gültige sind nötig. Kunkel spricht von einer der „am besten aufgestellten Kampagnen“: Inzwischen seien etwa 300 Aktive involviert, in fast allen Bezirken stünden Sammelteams bereit. Mit einer Kulturveranstaltung Ende Februar soll der Startschuss fallen – vier Monate haben die Aktivist*innen dann, um das Quorum zu erfüllen. Beim Spendeneinsammeln dauerte es zuletzt nur zwei Tage, bis die erste Zielmarke von 15.000 Euro erreicht war – seitdem wächst der Spendenstand weiter.
Eine spannende Frage wird sein, wie sich die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über den Mietendeckel, die für das zweite Quartal 2021 erwartet wird, auf die Initiative auswirken wird. Ironischerweise könnte das Scheitern des Deckels den Enteigner*innen zusätzlichen Aufschwung verschaffen, ganz nach dem Motto „Jetzt erst recht“. Aber auch wenn der Deckel hält, muss sich die Initiative keine großen Sorgen machen, schließlich lösen sich damit nicht alle Probleme von Berlins Mieter*innen in Luft auf.
Beide Ereignisse werden dafür sorgen, dass das Thema Mieten und Wohnen weiter die politische Debatte der Stadt bestimmen wird, absehbar noch härter ausgetragen als bisher. Für die Immobilienbranche geht es um viel, wenn nicht um alles. Für die Mieter*innen aber auch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!