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Was bringt 2024Wetten, dass..?

Wie geht es weiter mit Ampel, Putin und Nationalelf? Wir können die Zukunft nicht vorhersagen, doch es gibt Anhaltspunkte – taz, die Wette gilt.

Die Figur TED, kurz für Tele-Dialog, präsentierte Anfang der 80er Jahre live die Tipp-Ergebnisse im Teletext von „Wetten, dass..?“ Bild: ZDF

Wetten, dass die Ampelkoalition bis 2025 hält?

Ja, das ­gesamte vergangene Jahr spricht dagegen und auch aktuell befindet sich die Ampel wieder im gewohnten Modus. Und der lautet: Wir streiten uns so lange öffentlich über Kompromisse, bis auch der beste Kompromiss völlig diskreditiert ist. So war es beim Heizungsgesetz, das so schlecht nicht ist, so ist es bei der aktuellen Einigung zum Haushalt, die tatsächlich ein schlechter Kompromiss ist. Schon wenige Stunden nach der Einigung, welche Olaf Scholz (SPD), Robert Habeck (Grüne) und Christian Lindner (FDP) kurz vor Weihnachten in langen Nachtsitzungen ausbaldowert haben, wurde diese schon wieder zerredet.

Der grüne Landwirtschaftsminister Cem Özdemir fühlte sich nicht eingebunden, beklagte, dass die Agrardieselsubvention gestrichen wird (für deren Streichung die Grünen gekämpft haben). Lindner signalisierte Gesprächsbereitschaft, Habeck warnte davor, einzelne Streben herauszuziehen – sonst falle die ­Gesamtlösung in sich zusammen. Warum also sollte nicht die Ampel demnächst in sich zusammenfallen? Die simple Antwort: Keine der drei Parteien würde vom Ampel-Aus profitieren, im Gegenteil. Wäre jetzt Wahl, wäre nach derzeitigen Umfragen die Union Wahlsiegerin und Deutschland bekäme wahrscheinlich einen Kanzler Friedrich Merz.

Der könnte sich aussuchen, ob er um die geschwächten Grünen buhlt, für ihn die „Hauptgegner in diesem Land“, oder um eine abgestrafte SPD, deren ­Kritik an ihm Merz „ehrabschneidend“ und „niederträchtig“ findet. Eine Liebeshochzeit wäre es in keinem Fall. Die FDP käme arithmetisch nicht als Partnerin infrage, es wäre sogar fraglich, ob 5 Prozent der ­Wäh­le­r:in­nen für sie stimmten, damit sie im Bundestag bleibt.

Dann also lieber eine Zweckehe zu dritt als mit der Union um Merz zu zweit, beziehungsweise lieber schlecht regieren als gar nicht. Zumal der Streit der Großkopferten darüber hinwegtäuscht, dass viele Abgeordnete der Ampel in vertraulichen Gesprächen nach wie vor beteuern, auf Sachebene und im Parlament liefe es gut, man sei sich zu dritt oft schneller einig, als die parteitaktischen Spielchen vermuten ließen. Besonders die FDP-Abgeordneten haben wohl wenig zu melden, der Kurs werde von oben vorgegeben. Der Finanzminister ist nun mal zugleich Parteivorsitzender, dem das Wohl und die Befindlichkeiten der FDP-Anhänger:innen im Zweifelsfalle wichtiger sind als die Regierung.

Lindner zockt immer mal wieder mit der Ampel, um die Basis bei Laune zu halten, und aktuell läuft auch noch ein Mitgliederentscheid. Aber je ungehobelter und lauter Merz auftritt, je mehr er die Ampel attackiert, desto trotziger werden wohl auch die FDP-Mitglieder für einen Verbleib in der Ampel votieren. Sobald das feststeht, wird auch Christian Lindner wieder gesprächs­bereiter und eine gütliche Einigung im Haushaltsstreit gefunden. Deshalb wette ich, dass die Ampel bis zum Ende der Legislatur hält. Obwohl ich den Einsatz dafür nicht zu hoch treiben würde.

Anna Lehmann

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Wetten, dass Benjamin Netanjahu als Ministerpräsident Israels abtreten muss?

Irgendwann ist immer Schluss, in diesem Fall im Jahr 2024: Benjamin Netanjahu, schon zum sechsten Mal Regierungschef in Israel, wird endgültig abtreten. Der 74-Jährige, der nach einer kurzen Unterbrechung zum Jahreswechsel vor einem Jahr doch noch einmal die Regierung ­übernahm, ist auf Abruf. Zu viel hat er verbockt.

Noch wütet der Krieg im Gazastreifen und alles andere tritt in den Hintergrund. Aber auf Dauer wird Netanjahu der Frage nach der politischen Verantwortung für das Komplettversagen der Sicherheitsbehörden am 7. ­Oktober nicht ausweichen können. „Mr. Security“, das war einmal. Das größte Massaker an Jü­d*in­nen nach dem Holocaust hat die Hamas verübt, aber dass ­Israel sich in dem Moment nicht wehren konnte, geht auf Netanjahus Konto.

Und nicht nur das: Netanjahus Regierung – schon vor dem 7. Oktober unter massivem Druck wegen des geplanten Justizumbaus – gibt seit dem Hamas-Angriff ein katastrophales Bild ab. Netanjahu hat seine rechte Regierungstruppe einfach nicht im Griff. Statt Unterstützung für den Krieg in Gaza mit seiner enorm hohen Zahl an getöteten Zi­vi­lis­t*in­nen zu gewinnen, bietet das Kabinett eine beispiellose Angriffsfläche. Netanjahus eigene Minister sprachen von einer neuen Nakba und schlugen die Vertreibung aller Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen aus Gaza vor; Netanjahu musste öffentlich widersprechen, um den absoluten Imageverlust zu ­vermeiden.

All das schadet dem Bild Israels im Ausland. Und auch im Inland mehren sich die Stimmen, die nicht mehr mit Netanjahus Strategie mitgehen, die vielen israelischen Geiseln zu befreien, indem man den Gazastreifen flächendeckend bombardiert. Letztlich werden die Wäh­le­r*in­nen erkennen, dass Netanjahus Zeit vorbei ist. Und im aktuellen Kriegskabinett wartet schon ein Kandidat für seine Nachfolge: Verteidigungsminister Yoav Gallant.

Jannis Hagmann

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Wetten, dass die deutschen Fußball-Männer Europameister werden?

Doch, da geht was für die deutsche Fußballnationalmannschaft bei dieser Männer-EM. Die mag sich zwar traurig präsentiert haben in den meisten Spielen des ablaufenden Jahres und hat gewiss niemanden zum Schwärmen gebracht, und doch sollte das Team nicht mit hängenden Köpfen ins Auftaktspiel am 14. Juli gegen Schottland gehen. In den anderen Gruppenspielen geht es dann gegen Ungarn und die Schweiz. Die Deutschen können also weder an Südkorea noch an Japan scheitern wie bei den ­Weltturnieren 2018 und 2022. Es ist eben nur eine EM.

Da passieren sowieso die merkwürdigsten Dinge. 2004 ist Griechenland Europameister geworden, und bis heute weiß keiner so recht, wie das eigentlich zustande gekommen ist. Auch auf den EM-Sieg von Dänemark, das sich gar nicht qualifiziert hatte und als Nachrücker der wegen des Balkankriegs aus dem Turnier genommenen Jugoslawen mitspielen durfte, hätte 1992 vor dem ersten Spiel wohl kaum jemand gewettet. Warum also sollte nicht 2024 ein Team Europameister werden, das sich bei seinen Testspielen gegen ­Japan (1:4) und Österreich (0:2) vor der ganzen Fußballwelt blamiert hat?

Im Ernst: Niemand in jener weiten Fußballwelt wird bestreiten, dass sich ein Haufen hochbegabter Kicker im Team von Jungbundestrainer Julian Nagelsmann findet. Mit Florian Wirtz ist da sogar ein junger Kerl (20), der als einer der Begabtesten auf dem Planeten gilt. Daran, dass da ein anderer Jungspund namens Jamal Musiala (ebenfalls 20) ist, der den Ball so eng am Fuß führen kann, dass man geneigt ist zu glauben, er arbeite mit Klebstoff, hat man sich schon beinahe gewöhnt. Aber was ist mit der Abwehr? Herrgott, die wird doch wohl abzudichten sein! Dafür gibt es die Turniervorbereitung. Am Verteidigen kann man auch zwei Wochen vor einer EM noch arbeiten. Und die anderen? Frankreich, England, Spanien. Ja, das wird schwierig. Aber ausgerechnet Frankreich hat die DFB-Elf jüngst mit deutschen Tugendfußball à la Rudi Völller niedergerungen. Für England steht immer ein Elfmeterschießen bereit, an dem es scheitern kann. Und Spanien mag eine souveräne Qualifikation gespielt haben, was aber gegen Teams wie Schottland, Zypern, Georgien und Norwegen vielleicht nicht die ganz große Kunst war. Noch jemand Zweifel? Eben.

Andreas Rüttenauer

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Wetten, dass Sahra Wagenknecht bei der Europawahl punkten kann?

Dass es das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) bei der Wahl im Juni ins Europaparlament schaffen wird, wäre dank fehlender Fünfprozenthürde noch keine Wette wert. Das schafften beim letzten Mal ja sogar die Familien-Partei, die Partei Mensch Umwelt Tierschutz, Volt, die ÖDP und die Piratenpartei.

Anders als diese Kleinparteien wird das BSW jedoch mit mehr als einem Abgeordneten ins Parlament einziehen. Ich wette, dass das Bündnis mit der SPD darum konkurrieren wird, wer von den beiden hinter der AFD, der CDU und den Grünen viertstärkste Partei bei der EU-Wahl wird. Denn während die SPD nicht aus ihrer Krise herausfinden wird, profitiert das BSW vom Reiz des Neuen, der nach wie vor ungebrochenen wie unangemessenen Medienpräsenz seiner Namensgeberin, der traditionell niedrigeren Wahlbeteiligung und von dem Umstand, dass viele das EU-Parlament ohnehin für nicht so wichtig nehmen. Damit ist die EU-Wahl prädestiniert für eine diffuse, in trüben Gewässern fischende Wut­bü­ge­r:in­nen­par­tei à la Wagenknecht.

Bis zur Bundestagswahl im Herbst 2025 könnte es ihr dann ­allerdings so ergehen wie der Piratenpartei, die nach einem kurzen elektoralen Höhenflug von nicht einmal einem Jahr schnell wieder in der Versenkung verschwand und von der heute nicht mehr als jenes eine Mandat im EU-Parlament ­übrig­geblieben ist.

Pascal Beucker

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Wetten, dass auch für Putin der Wahlkampf gefährlich wird?

Für ­Russlands ­Staatschef ­Wladimir ­Putin dürfte es bei der Präsident­schaftswahl im kommenden März wieder der erwartete Durchmarsch werden. Zwar ­wurden bislang über 30 Kan­di­da­t*in­nen zugelassen, doch das kann sich noch ändern. So ist der eine oder andere frei­willige Rückzug zu erwarten oder die biologische Lösung greift. Parallel dazu wird fleißig ausgemustert. Auch die TV-Journalistin und ehe­malige ­Abgeordnete im Parlament der Provinzstadt Rschew Jekaterina Dunzowa ist wegen formaler Fehler aus dem Rennen. Jemand, der sich gegen Moskaus „Spezial­operation“ in der Ukraine ausspricht und eine Frau ist – wo käme Russland da hin? Sowieso soll diese Spezies, so die Meinung vieler russischer Hardliner, lieber gebären anstatt sich mit Politik zu beschäftigen. Einige werden wohl übrig bleiben, doch diese ­Bewerber*innen sind reine Staffage.

Als wären damit nicht schon alle Voraussetzungen für einen geschmeidigen Sieg ­gegeben, hat Putin die Chance, sein Ergebnis vom März 2018 (76,6 Prozent) zu steigern. Denn auch in den vier ukrainischen, von Russland besetzten Gebieten Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson wird abgestimmt. Was kann es Schöneres geben, als dem Kremlchef bei demokratischen Wahlen für die Befreiung vom Kyjiwer Joch und die ­erfolgreiche „Denazifizierung“ Dank zu zollen?

Aber vielleicht kommt auch alles ganz anders. Der Kremlchef macht auf einer Reise nach China einen Zwischenstopp in Budapest, um mit Ungarns Premier Viktor Orbán Kaffee zu trinken. Der will zwar den Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) nicht vollstrecken, aber was heißt das schon. Der Mann ist käuflich, wie das Manöver mit Kanzler Olaf Scholz vor einer Abstimmung in Brüssel unlängst gezeigt hat. Aber es geht auch schlichter. Putin wird Opfer eines Amoklaufs (die gibt es in Russland regelmäßig) oder er fällt aus einem Fenster seines Amtssitzes in Nowo-Ogarjowo – zufällig, versteht sich. Wer würde das überhaupt merken? Zumindest ein Doppel­gänger steht schon bereit.

Barbara Oertel

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Wetten, dass Robert Habeck Kanzlerkandidat der Grünen wird?

Zugegeben, auf der Hand liegt es gerade nicht. Die Grünen dümpeln in den Umfragen bei um die 14 Prozent, das ist in etwa ihr Ergebnis bei der letzten Bundestagswahl, und kämpfen mit der SPD um den dritten Platz – aber eine eigene Mehrheit hätte die Ampel ohnehin nicht mehr. Wenig spricht also dafür, dass die Grünen im kommenden Jahr überhaupt ei­ne*n Kanz­ler­kan­di­da­t*in aufstellen.

Aber sie werden es trotzdem tun – allein schon, weil die SPD, komme, was wolle, es auch machen wird. Schließlich hält diese sich weiterhin für eine Volkspartei, auch wenn das Volk das gerade anders sieht. Würden die Grünen dann kneifen, müssten sie zugeben, dass das Projekt Kanzleramt doch eine Nummer zu groß für sie ist. Und Scholz mit Merz, Söder, Wüst – oder welchem Unionsmann auch immer – die Fernsehduelle allein zu überlassen, schlimmstenfalls noch gemeinsam mit Alice Weidel von der AfD? Das wollen sie auch nicht.

Als Kan­di­da­t*in­nen kommen nur zwei infrage, aber wetten, dass es Robert Habeck wird? Der Mann also, der beim letzten Mal den Kürzeren gegen Annalena Baerbock zog und uns nach­träglich via Zeit-Interview alle an seinem Leiden an dieser Entscheidung teilhaben ließ. Und der in diesem Jahr so manchen derben Fehler begangen hat, zuallererst beim Heizungsgesetz.

Warum Habeck also? Die einfache Antwort: Baerbock hatte ihre Chance und hat sie vergeigt. Deshalb ist Habeck nun auch Vizekanzler, der Wichtigste aus der grünen Ministerriege also, der sich mit Scholz und FDP-Finanzminister Lindner im Kanzleramt die Nächte um die Ohren schlagen darf, obwohl die Ampel Nachtsitzungen doch eigentlich nicht vorgesehen hat. Aber Habeck ist nun einmal auch das größte politische Talent, das die Grünen haben. Wenn es gut läuft, kann er Menschen fischen, das können bei den Grünen nicht viele. Außerdem hat er uns ohne russisches Gas gut durch den letzten Winter gebracht und im Klimaministerium den Reformstau aufgelöst. Und wenn es schlecht läuft? Ach, das lief es bei ­Baerbock doch auch.

Die hat übrigens auch noch eine Chance: wenn sie das Feld nicht freiwillig räumt und auf eine Mitgliederbefragung besteht, die neuerdings bei den Grünen im Konfliktfall vorgesehen ist. In der Partei ist die Außen­ministerin deutlich besser vernetzt. Nur: in diesen Zeiten einen parteiinternen Wahlkampf um die Kanzlerkandidatur? Das will bei den Grünen wohl auch niemand. Deshalb wird es Habeck werden. Wetten, dass..?

Sabine am Orde

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Wetten, dass Donald Trump nicht Sachsen regieren wird?

Okay, die Wette klingt albern. Aber es ist so ziemlich die einzige, die abzuschließen der hier schreibende taz-US-Redakteur vor dem US-Wahljahr 2024 bereit wäre. Vor Beginn der Vorwahlen im Januar deutet absolut alles darauf hin, dass Donald Trump erneut Präsidentschaftskandidat der Republikanischen Partei wird und im November gegen den amtierenden Präsidenten Joe Biden antritt. Jedenfalls, sollte der bis dahin gesundheitlich noch fit genug sein. Auch etwas übrigens, auf das zu wetten überaus riskant erschiene.

Was noch viel bedrückender ist: Trotz oder wegen all der Straf- und zivilrechtlichen Verfahren, die der Ex-Präsident am Hals hat, liegt er in nahezu allen Umfragen gegen Joe Biden vorne – national wie in den wahlentscheidenden Bundesstaaten, den Swing States. Trumps Wahlkampfveranstaltungen sind wie früher gespickt von Lügen, Falschinformationen und einem noch härteren Rassismus gegen Migrant*innen. Sagte er 2016, es handele sich um Vergewaltiger, die da über die US-Südgrenze kämen, spricht er heute davon, die Migration vergifte US-amerikanisches Blut. Jene derzeit im Gefängnis sitzenden oder angeklagten militanten und rechtsextremen Anhänger, die am 6. Januar 2021 das Kapitol in Washington stürmten, um zu verhindern, dass Trumps Wahlniederlage endgültig aktenkundig und damit bestätigt wird, sind für Trump „Geiseln des Systems“, Staatsanwälte, Sonderermittler und Richter ­allesamt Marionetten des von Demokraten kontrollierten Establishments, um ihn, den wahren Vertreter des Volkes, von der Macht fernzuhalten.

Lange haben die US-Medien kaum noch von Trump-Veranstaltungen ­berichtet. Nach über viereinhalb Jahren Trump-Wahlkampf und Präsidentschaft waren auch die meisten Jour­na­lis­t*in­nen psychisch an­geschlagen und warfen sich außerdem vor, Trump durch Medien­öffentlichkeit überhaupt erst groß gemacht zu haben.

Soll Trump 2 verhindert werden, werden sie wieder ­berichten müssen. Bidens Chance ist die Angst vor Trump. Aber auch darauf würde ich nicht wetten.

Bernd Pickert

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Wetten, dass Markus Söders Platz in Bayern bleibt?

2024 wird das Jahr eines politischen Neuanfangs in Deutschland. So mancher hat das Szenario klar vor Augen: Angesichts seiner widerspenstigen Koalitionspartner stellt Olaf Scholz zu Jahresbeginn im Bundestag genervt die Vertrauensfrage, verliert sie und setzt Neuwahlen für den Tag der Europawahl an. Ganz so, wie von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder seit ­einiger Zeit ­gefordert.

In der Union macht man sich daraufhin eiligst auf die Suche nach einem Kanzlerkandidaten. Bei der CDU winkt man jedoch schnell ab: „Eine Option, den Kanzlerkandidaten zu stellen, bietet sich der CDU Nordrhein-Westfalen höchstens einmal im Jahrzehnt“, sagt Hendrik Wüst. „Mein Platz ist an der Küste“, tönt Daniel Günther. Friedrich Merz findet sich zu alt für den Job, und als Michael Kretschmer murmelt „Na gut, dann mach ich’s halt“, hört dummerweise gerade niemand hin.

Schnell kommt man also überein (2021 darf sich nicht wiederholen!), dass nur einer das Format zur Kanzlerkandidatur hat: Markus Söder. Er ist in der ganzen Republik beliebt, steht im Zenit seiner Macht, und hat gezeigt, dass er souverän mit dem schlechtesten CSU-Ergebnis seit über 70 Jahren umgehen kann. Und dass er koalitionsfähig ist, hat er auch bewiesen: Wer einen Aiwanger als Vize erträgt, braucht einen Scholz nicht zu fürchten. Fazit: Am 9. Juni wird die Union als stärkste Kraft in den Bundestag, wenig später Söder zum Chef einer schwarz-roten Regierung gewählt.

Auch geschätzte Kollegen sind überzeugt, dass es so kommen wird. Die Wette nehme ich an. Ich bin mit Prognosen sehr zurückhaltend, doch hier lehne ich mich aus dem Fenster: Söders Platz bleibt in Bayern. Ein kluger Kopf hat mal gesagt, die Ampel werde nicht hinschmeißen, denn Macht schweiße ja zusammen. Ach ja, der Söder war das. Und der sollte es wissen. Auch dass die CDU nach der Erfahrung von 2021 tatsächlich auf ihn zukommen wird – kann man glauben, muss man nicht.

Übrigens: Vor dreieinhalb Jahren hat mich an dieser Stelle der Münchner Kabarettist Helmut Schleich schon ­einmal zur selben Wette verleitet. Es kostete ihn einen Kasten Bier.

Dominik Baur

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Wetten, dass Unteilbar zurück­kommt – ausgerechnet im Osten?

Die ­extrem rechte AfD ist in Umfragen überall im Osten Deutschlands stärkste Kraft und es stehen drei Landtagswahlen an: Am 1. September in Sachsen und Thüringen und am 22. September in Brandenburg. Sowohl der Kopf des völkischen Flügels, Björn Höcke, als auch der Bundessprecher Tino Chrupalla haben bereits großspurig angekündigt, sogar auf die ­absolute ­Mehrheit zu ­zielen.

Tatsächlich stehen die Vorzeichen derzeit auf Faschismus und bröckelnde Brandmauer. Die AfD wird normalisiert und faschisiert sich gleichzeitig selbst, und die CDU erpresst in Thüringen Rot-Rot-Grün mit den Stimmen der AfD. Wenn im September 2024 Grüne und FDP aus dem Thüringer Landtag rausfliegen würden, die anderen Parteien schwach bleiben, könnte Höcke vielleicht sogar mit nur 40 Prozent eine absolute Mehrheit erreichen – und allein als Ministerpräsident regieren. Das wäre das Worst-Case-Szenario. Aber:

Wetten, dass es anders kommt? Apokalyptische Niedergangserzählungen führen zu nichts außer Ohnmachtsgefühlen und damit wiederum zu AfD-Erfolgen. Deswegen nützt es doch alles nichts: Anstatt in der deutschen Linken den Nahost-Konflikt lösen zu ­wollen, müssen fürs Superwahljahr handfeste Bündnisse gegen rechts her. Und zwar von ­lokaler Antifa über die Erinnerungsinitiative, Flüchtlingshilfe, Sozialverbände, Gewerkschaften, Un­ter­neh­me­r*in­nen bis hin zu den Kirchen und all denjenigen, denen einfach nur die trommelnden Fascho-Flitzpiepen von den Freien Sachsen schon seit drei Jahren mit ihrem stumpfen rassistischen Parolen auf den Sack, die Eierstöcke oder alles ­dazwischen gehen.

Wir wetten, dass es im nächsten Jahr wieder ein starkes zivilgesellschaftliches Bündnis gibt – eine Neuauflage des 2022 aufgelösten Unteilbar-Bündnisses. Erste Ansätze und Zusammenschlüsse gibt es bereits. Und es wird eine laute, wahrnehmbare und außerparlamentarische Stimme gegen die Faschisierung der Politik geben. Mit ihrem Momentum wird das neue Bündnis auch die Wahlen beeinflussen. Dank des ­gesellschaftlichen Drucks klappt es dann auch mit der Brandmauer der CDU.

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Gareth Joswig

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