WASG-Neugründung: Was bleibt?
Die WASG hat sich entschieden. Sie will, wenn die bundesweite Fusion mit der Linkspartei irgendwann kommt, eine eigene, noch linkere Linkspartei in der Hauptstadt gründen. Leider wird das – ehrenhafte, weil konsequente – Projekt „WASG Reloaded“ keine Zuschauer mehr finden. Die erbittert geführten Gefechte mit der ihr verhassten Linkspartei verschafften der WASG Öffentlichkeit. Seither ist es still geworden um Lucy Redler und ihre Mitstreiter. Mit dem Beschluss, auf eigene Faust weiterzupolitisieren, haben sie selbst den Anfang ihres Endes eingeläutet. Fragt sich nur: Was bleibt?
Kommentar von ULRICH SCHULTE
Die Wirkung des Realo-Flügels, der sich der Linkspartei anschließen will, wird kaum spürbar sein. Die Neulinge treten in einen eingeschliffenen Parteiapparat ein, der dafür bekannt ist, der Führung brav zu folgen. Die wichtigen Schaltstellen sind besetzt, und die Linksparteiler wären mit dem Klammerbeutel gepudert, ließen sie das halbe Dutzend WASGler ran, die übertrittswillig und politikerfahren sind.
Und dennoch hat die WASG eines geschafft: Sie hat die Öffentlichkeit dazu gebracht, sich wieder mit der Frage „Was ist links?“ auseinanderzusetzen. Daran knappst vor allem die Linkspartei im Senat heute noch, ein halbes Jahr nach der Wahl. Die Neuauflage von Rot-Rot umgibt seit der Wahl eine seltsame Stille, es fehlt jede Idee, von einem Projekt ganz zu schweigen. Einer von vielen Gründen dafür ist: Die Linkspartei-Strategen sortieren sich, und sie wissen, dass sie angesichts der hauchdünnen Koalitionsmehrheit eine Antwort auf die Frage finden müssen.
Basis und Fraktion im Parlament beobachten die Linkspartei-Führung misstrauisch wie nie, sie registrieren jeden Wohnungsverkauf, jede Wendung bei der Privatisierung der Sparkasse. Die WASG mag sich erledigt haben, aber der Senat wird ihr Gespenst so schnell nicht los.
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