piwik no script img

Warum Staatsanwalt nicht mehr gegen JN ermitteltKeine Strafe für Kondom-Verschicker

Foto: Jungsfoto: dpa

Die Bundesführung der Jungen Nationaldemokraten (JN) dürfte erleichtert sein: Dass sie unter dem Titel „Kondome für Ausländer und ausgewählte Deutsche!“ Verhütungsmittel an Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete von SPD und Linken verschickte, hat keine strafrechtlichen Folgen. Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen den ehemaligen Bundesvorsitzenden der NPD-Jungendorganisation, Andy Knape, und heutigen Vorsitzenden, Sebastian Richter, wegen des Verdachts der Volksverhetzung und Beleidigung eingestellt. Die „plastische Darstellung ihrer Positionen im geistigen Meinungskampf“ sei „grundsätzlich erlaubt“, erklärte die Staatsanwaltschaft.

Die Kondome hatten die Rechtsextremen vor zwei Jahren an die Privatadressen der Abgeordneten geschickt. „Diese direkte Zusendung sollte einschüchtern“, sagte die Betroffene Kersten Artus, ehemalige Abgeordnete der Linksfraktion.

Auf die Verpackung schrieben die Verfasser: „Sie vermehren sich blitzartig, nerven und kosten unser Geld und haben eigentlich keinen Nutzen – die Politiker der korrupten Altpartei.“ Auch Esther Bejarano, letzte Überlebende des Mädchenorchesters im KZ Auschwitz, erhielt diese Post. Im November 2013 fand sie ein anonymes Schreiben mit einem Kondom im Briefkasten. „Sie sind Entscheidungs- und Gestaltungsträger jener Politik, die es zu verantworten hat, dass ein erheblicher Teil der hier lebenden Ausländer das Sozialsystem belastet“, stand dabei.

Andreas Speit

arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland

Ein „hinreichender Tatbestand einer Volksverhetzung“ ist für die Staatsanwaltschaft nicht gegeben. Die Empfänger seien „keine tauglichen ‚Angriffsobjekte‘“, da es sich nicht um eine Gruppe handele. Dem Schreiben fehle zudem „die generelle Abwertung der betroffenen Ausländer“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen