: Warum Melissa Hortman und John Hoffmann?
Zwei der Opfer des Attentäters von Minnesota standen für eine soziale und liberale Politik
Von Bernd Pickert
Bis Januar dieses Jahres war Melissa Hortman, 55, die demokratische Sprecherin des Abgeordnetenhauses im US-Bundesstaat Minnesota. Am frühen Samstag wurden sie und ihr Mann erschossen. Kurz zuvor hatte derselbe Attentäter bereits John Hoffmann und seine Frau schwer verletzt: Hoffmann war Senator in Minnesota.
Hortman hatte dem Repräsentantenhaus des Bundesstaats für gut 20 Jahre angehört. In einem sehr demokratischen Wahlkreis erzielte sie jeweils einen Vorsprung von rund 20 Prozent gegenüber ihren republikanischen Konkurrent*innen.
Als Abgeordnete stand die gelernte Juristin für liberale Initiativen, die sich auch Minnesotas Gouverneur Tim Walz stets zugutehielt, als er im vergangenen Jahr versuchte, an der Seite von Kamala Harris Vizepräsident der USA zu werden: freie Schulspeisung und das in der Staatsverfassung verankerte Recht auf Schwangerschaftsabbruch.
Nach der Ermordung von George Floyd durch einen Polizisten in Minneapolis setzte sie sich für eine stärkere Kontrolle der Polizei ein. Als die Demokrat*innen 2023 die Mehrheit in der Kammer hielten, unterstützte sie die Legalisierung von Marihuana zu Genusszwecken und eine Verpflichtung für Arbeitgeber zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. In zahlreichen Würdigungen erinnern sich demokratische Kolleg*innen an Hortman als besonders und persönlich engagiert bei den Themen Bildung, Umwelt und reproduktive Rechte.
Ihr ebenfalls ermordeter Ehemann Mark Hortman arbeitete in leitender Funktion in einer Elektrofirma. Sie hinterlassen zwei Kinder.
Auch der angeschossene Senator John Hoffmann, 60, steht für soziale und liberale Politik. Er fing an, sich politisch zu engagieren, als es ihm nicht gelang, für seine mit der Behinderung Spina bifida geborene Tochter irgendeine Krankenversicherung zu finden, berichtet die Minnesota Star Tribune. Seit er 2013 erstmals in den Senat gewählt wurde, blieb es seine selbst gestellte Aufgabe, in der Legislative für die Verbesserung der Situation von Menschen mit Behinderungen einzutreten. Er gewann seine letzte Wiederwahl klar mit zehn Prozentpunkten Vorsprung.
Warum diese Menschen die ersten waren, gegen die der mutmaßliche Täter begann, seine Mordpläne, die rund 70 Personen eingeschlossen haben sollen, in die Tat umzusetzen, ist derzeit noch offen. Beide galten nicht als politisch extrem und legten Wert auf überparteiliche Zusammenarbeit.
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