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Warschau versucht neue Reform

Polen hat auf das Ultimatum der EU reagiert – aber ob das ausreicht, den Streit mit Brüssel zu lösen?

Aus Warschau Gabriele Lesser

Im Konflikt mit der EU-Kommission über die Justizreform hat Polen bekräftigt, dass die umstrittene Disziplinarkammer zur Bestrafung von Richtern in ihrer derzeitigen Form abgeschafft werden soll. Dies sei im Rahmen einer weiteren Justizreform vorgesehen, die „in den kommenden Monaten“ beginnen werde, hieß es in einem am Dienstag veröffentlichten Schreiben der polnischen Regierung an die EU-Kommission.

Vize-Regierungschef Jarosław Kaczyński hatte diesen Schritt kürzlich bereits angekündigt. In einer ersten Reaktion bestätigte die EU-Kommission lediglich, das Schreiben erhalten zu haben. Wie lange sie für dessen Analyse und Einschätzung brauche, wurde nicht mitgeteilt.

Die EU-Kommission hatte Polen zuvor ein Ultimatum gestellt und zudem mit finanziellen Sanktionen gedroht. Denn Mitte Juli hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) geurteilt, dass Polen mit seinem System zur Disziplinierung von Richtern gegen europäisches Recht verstoße. Die Kammer ist das Herzstück der von der nationalkonservativen PiS-Regierung initiierten Justizreformen. Sie kann jeden Richter oder Staatsanwalt entlassen. Kritiker befürchten, sie könne dazu dienen, Richter für unliebsame Entscheidungen zu maßregeln.

Doch im Brief Warschaus an die EU-Kommission in Brüssel, der in zusammengefasster Form auf der Website der Kanzlei des polnischen Premierministers einzusehen ist, steht nun kein Wort davon, dass Polen die EuGH-Urteile und Anordnungen demnächst umsetzen werde. Denn nicht nur das polnische Verfassungsgericht, so heißt es, sondern auch diejenigen Tschechiens, Dänemarks, Deutschlands, Frankreichs, Rumäniens und Spaniens hätten Zweifel an der Kompetenz des EuGH, sich mit seinen Urteilen über das Verfassungsrecht der einzelner Mitgliedsländer hinwegzusetzen.

In dem Brief stehe, dass die Präsidentin des Obersten Gerichts neu eingehende Richter-Disziplinarfälle nicht mehr an die Kammer weiterleiten werde. Da die Disziplinarkammer ineffektiv arbeite, werde sie bei der nächsten Justizreform Ende des Jahres abgeschafft und durch ein anderes Gericht ersetzt. Der online einsehbare Terminkalender der Kammer am Obersten Gericht Polens ist zumindest noch bis November randvoll mit Verfahren gefüllt.

Die unabhängige Richtervereinigung Iustitia bewertet alle Maßnahmen, die Polens nationalpopulistische Regierung als Antwort auf das EUGH-Urteil unternommen hat, als völlig unzureichend. Sie habe der Kommission diese Analyse am letzten Tag des Ultimatums zukommen lassen. Iustitia geht davon aus, dass Brüssel nun beim EuGH Strafzahlungen gegen Polen beantragen werde. (mit dpa)

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