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Warnung vor Vereinnahmung

Soziologe sieht Problem in der Nähe der Globalisierungskritiker von Attac zur Gewerkschaft. Buch zum Kongress vorgestellt. „Gesundheit ist keine Ware“

BERLIN taz ■ Die Herausgeber des ersten Buches über die junge Bewegung in Deutschland sind alte Hasen. Es trägt den Titel „Eine andere Welt ist möglich. Dokumentation des Attac-Kongresses vom 19.–21. 10. 2001“ und wurde gestern in Berlin vorgestellt. Prominente wie der Psychoanalytiker Horst-Eberhard Richter und der Schweizer Publizist Jean Ziegler haben die Sammlung zu den verschiedenen Aspekten der Globalisierung vorgelegt.

Die Folgen des Privatisierungsdrucks für das globale Gesundheitssystem, die Macht der Konsumenten auf den internationalen Märkten oder die Nutzung von Steueroasen durch nationale Regierungen und Banken sind einige der Themen.

Jürgen Borchert, Richter am Sozialgericht in Darmstadt, erinnert an fast schon vergessene Verfassungsrechte, die sich wie Attac-Forderungen anhöhren. „Arbeitsloses Einkommen arbeitsfähiger Personen wird mit Sondersteuern belegt“, zitiert er die aktuelle bayrische Verfassung. Maria Mies, emeritierte Professorin der Soziologie, stellt heraus, wie gerade Frauen als Nebenerwerbskräfte oder abhängig Beschäftigte immer wieder erste Opfer globaler Ausbeutung werden. Aber nicht nur Prominente schreiben: Tobias Kröll, Zweiradmechaniker und Mitarbeiter der AG Alternative Wirtschaftspolitik, gibt den Akteuren des Neoliberalismus ein Gesicht, indem er die Gesellschaften und Zirkel ausleuchtet, die sonst nicht in der Öffentlichkeit auftauchen.

Neben diesen Aufsätzen enthält der Band auch eine Reihe von Beitragen von Funktionären und Soziallobbyisten. IG-Metall-Vorstand Horst Schmitthenner spricht für die Gewerkschaft und als Vertreter einer „Initiative für einen Politikwechsel.“

Bei der Vorstellung des Buches im Berliner Haus des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) musste sich die deutsche Attac-Sektion auch Kritik anhören. Dieter Rucht, Soziologe aus Berlin, warnte vor einer Instrumentalisierung durch Gruppen, die Attac als „attraktive Plattform für ihre eigenen Positionen nutzen wollen“. Attac hat gerade eine gemeinsame Kampagne mit der Gewerkschaft Ver.di gegen die Privatisierung von Krankenhäusern und Krankenversicherung gestartet.

Lena Bröckel, Mitglied im Koordinierungskreis von Attac-Deutschland, wies die Kritik an Verflechtung mit den gewerkschaftlichen „Dinosauriern aus dem vergangenen Jahrhundert“ zurück. Attac sei eine offene Plattform und brauche die Unterstützung der „organisierten Arbeiterschaft“. Dass man das Buch vor der DGB-Wand vorgestellt habe, sei Zufall.

Die Attac-Vertreter nutzten die Buchpremiere, um auf ihre neue Kampagne hinzuweisen. Unter dem Motto „Gesundheit ist keine Ware“ soll mit „Expertisen, Aufklärung und Aktionen“ gegen eine Politik protestiert werden, die „mehr Eigenverantwortung sagt und mehr Risiken schafft“.

Im Anhang des Buches finden sich übrigens auch die Ansprechpartner der über hundert Attac-Gruppen in Deutschland. Wem die teilweise recht trockene Dokumentation des lebendigen Kongresses zu langweilig ist, weiß, wohin er sich wenden kann. PHILIPP HORSTMANN

Bernhard Cassen u. a.: „Eine andere Welt ist möglich“. VSA-Verlag, Hamburg 2002, 166 S., 8 €

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