Warnstreik der Lehrer: Schüler in Sachsen haben frei
Trotz der guten PISA-Ergebnisse wird das Bildungswesen in Sachsen kaputt gespart. So sehen das die Lehrer in Sachsen. Und wollen das verhindern.
DRESDEN taz | So viele Demonstranten sah der Vorplatz des Sächsischen Landtages noch nie. Schätzungsweise jeder zweite der 32.000 sächsischen Lehrer war am Freitag nach Dresden gekommen. Der Unterricht fiel an diesem Warnstreiktag aus oder wurde durch ein Notprogramm ersetzt.
Drinnen im Plenarsaal brachte die Staatsregierung den Entwurf des Doppelhaushaltes 2013/14 offiziell in den Landtag ein. Und für diesen Haushalt fordern die Lehrer einen Generationentarifvertrag mit einer Altersteilzeitregelung, mehr Stellen für den Nachwuchs und eine attraktivere Bezahlung.
Warnstreiks und Lehrerdemonstrationen sind in Sachsen nicht ungewöhnlich, weil hier in der Regel nur Schulleiter den Beamtenstatus erhalten. Seit mehr als einem Jahr fällt aber auch die Geschlossenheit aller Lehrerverbände auf. So trat auch die Tarifunion des Deutschen Beamtenbundes als Mitveranstalter der Demonstration auf. Grund dieser allgemein „angespannten Stimmung in den Klassenzimmern“, so die GEW-Landesvorsitzende Sabine Gerold, sind vor allem die lange verschlafenen Personalprobleme an sächsischen Schulen.
Die Lehrerschaft ist im Durchschnitt über 50 Jahre alt. Eine viel zu geringe Zahl von Neueinstellungen führt zu einer Personallücke, deren Ausmaß in diesem Frühjahr auch Kritiker überraschte. Nur mit einem Notprogramm in letzter Minute konnte die Unterrichtsversorgung zu Schuljahresbeginn am 3. September halbwegs gesichert werden. 560 Neueinstellungen trotzte die neue Kultusministerin Brunhild Kurth Finanzminister Georg Unland (beide CDU) ab, Lehrer wurden aus der Verwaltung und aus dem Ganztagsprogramm abgezogen, Klassen zusammengelegt.
Neue Altersteilzeitregelung gefordert
„So darf ein Schulsystem nicht kaputtgemacht werden, um das uns andere Bundesländer beneiden“, rief Lehrerverbandsvorsitzender Jens Weichelt auf der Demo. Seit drei Jahren weigere sich der Finanzminister, auf Forderungen nach einer neuen Altersteilzeitregelung einzugehen, die einen Generationswechsel bei der Lehrerschaft befördern könne.
Die angestellten sächsischen Lehrer seien außerdem die am schlechtesten bezahlten der Republik. Die Demonstranten forderten außerdem Erleichterungen für die an der physischen und psychischen Belastungsgrenze arbeitenden Lehrer.
Finanzminister Unland wies diese Forderungen in der Haushaltdebatte bereits zurück. CDU-Fraktionschef Steffen Flath machte die Gewerkschaften selbst für die fehlenden Neueinstellungen verantwortlich, als sie 2009 eine Rückkehr zur generellen Vollzeitbeschäftigung erkämpften.
Inzwischen hat die CDU-interne Auseinandersetzung zwischen Bildungs- und Finanzpolitikern ein weiteres prominentes Opfer gefordert. Nach dem Rücktritt von Kultusminister Roland Wöller im April warf auch der langjährige schulpolitische Sprecher Thomas Colditz nach einem „so noch nie erlebten Mobbing“ das Handtuch.
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