Waldbrände in Griechenland: Urlaubsinsel Rhodos brennt
Es ist die größte Evakuierung in der Geschichte Griechenlands. Hotels sind abgebrannt, Menschen mussten fliehen. Die Feuer auf Rhodos bleiben unkontrolliert.
„Die Situation auf Rhodos ist schwierig, weil das Feuer nicht unter Kontrolle ist“, erklärte der Sprecher der griechischen Feuerwehr, Vassilis Vathrakogiannis. Er verwies auf ein „explosives Gemisch mit geringer Luftfeuchtigkeit, hohen Boden- und Lufttemperaturen und starkem Wind“. Die ganze Nacht zu Sonntag hätten die Feuerwehrleute gegen Ausbrüche des Feuers im Zentrum und im Südosten und Osten von Rhodos gekämpft.
Fest steht: Am Sonntag herrschte auf Rhodos um 15 Uhr Ortszeit ein Wetter, das das Ausbrechen und Ausbreiten von Waldbränden stark begünstigte: eine hohe Lufttemperatur von 39 Grad Celsius, eine niedrige Luftfeuchtigkeit von 23 Prozent sowie Windstärke 5 (35 km/h) mit plötzlichen Windböen von 55 Kilometer pro Stunde, was besonders gefährlich ist.
Laut der offiziellen Homepage des Flughafens in Rhodos landeten am Sonntag gleich zwei Flieger der Fluggesellschaft TUI Airways des weltweit größten Touristikkonzerns TUI aus London und Newcastle kommend auf Rhodos – der bereits eingeleiteten Massenevakuierungen auf dem Eiland zum Trotz. Bis um 13 Uhr MEZ am Sonntag – und damit Tag sechs des verheerenden Feuers auf Rhodos – gab es zur prekären Situation auf der Urlaubsinsel keinerlei Presseinformationen auf der offiziellen TUI-Homepage. Der letzte TUI-Eintrag datiert vom 21. Juli 2023 mit dem Titel: „Das achte TUI-Schiff bietet neue Suiten-Kategorien und zwei Restaurants“. Das Unternehmen twitterte dann am Sonntagnachmittag, dass die Flüge nach Rhodos mindestens für Montag und Dienstag gestrichen wären.
Drei aktive Fronten brennen weiter
Griechischen Medienberichten zufolge kämpfte die Feuerwehr am Sonntag auf Rhodos gegen drei aktive Fronten. Betroffen waren vor allem die Küstenorte Kiotari sowie Gennadi im Südosten der Insel, auch beim Ort Apollon im Inselinneren loderte das Feuer immer wieder auf. Die Einsatzkräfte unternahmen große Anstrengungen, um zu verhindern, dass sich die Feuerwalze weiter nach Norden der Insel Rhodos in den dortigen dichten Wald mit fatalen ökologischen Folgen ausbreitet. Obendrein wurde östlich des technischen Sees Gadoura darum gekämpft, ein Übergreifen der Flammen auf den Ort Kalathos im Südosten der Insel unweit des Touristen-Hotspots Lindos zu verhindern.
Am frühen Sonntagmorgen erklärte der Sprecher der griechischen Feuerwehr, Jannis Artopios, im griechischen Staatssender ERT: „Wir versuchen, uns mit den Fronten und dem Wind zu bewegen“. Er fügte hinzu, dass zum Löschen des Brandes starke Boden- und Luftkräfte im Einsatz seien, die weiter verstärkt würden. Ein negativer Faktor seien jedoch „die vielen starken Winde, die auf der Insel wehen“.
Bei Tagesanbruch hatten insgesamt zehn Flugzeuge und fünf Hubschrauber, darunter sieben griechische, ein kroatischer und zwei türkische Helikopter, mit den Abwürfen von Wasser auf die Waldbrände begonnen. Ferner versuchte die Feuerwehr mit einem massiven Einsatz am Boden den sich ausbreitenden Waldbränden Herr zu werden. Am Sonntagmorgen waren auf Rhodos 266 Feuerwehrleute mit 16 Wanderteams und 49 Wasserfahrzeugen im Einsatz.
Wie Videoaufnahmen zeigten, versuchten die Bewohner von Kiotari, die Front mit Feuerlöschern einzudämmen. Auch im Dorf Asklepios, fünf Kilometer von Kiotari entfernt, kam es zu einem großen Wiederaufflammen. Im Ort Laerma im Herzen der Insel Rhodos verbrannte das Feuer Lagerhäuser. Ferner umgaben die Flammen die Dorfkirche. Wegen der Feuer musste der Straßenverkehr von Südrhodos nach Rhodos-Stadt ganz im Norden der Insel und umgekehrt umgeleitet werden.
Größte Evakuierungsaktion in der Geschichte Griechenlands
Unterdessen spielten sich an den Stränden der Urlaubsinsel dramatische Szenen ab. Tausende Touristen sowie Einwohner sahen sich bereits am Samstag, dem fünften Tag der Waldbrände auf Rhodos, dazu gezwungen, vor der Feuerwalze die Flucht zu ergreifen. Auf Videos in den sozialen Netzwerken sind griechische Feuerwehrleute zu sehen, die Touristen dazu auffordern, ihre persönlichen Gegenstände zurückzulassen und mit ihnen in Fahrzeuge zu steigen, um ihr Leben zu retten. Ein Feuerwehrmann musste wegen Verbrennungen behandelt werden.
Empfohlener externer Inhalt
Die größte Evakuierungsaktion, die jemals bei Waldbränden in Griechenland durchgeführt wurde, hatte am Samstagmittag begonnen. Daran waren Schiffe der Küstenwache, private Boote, ein Frachtschiff, eine Passagierfähre und Schlauchboote des Patrouillengeschwaders beteiligt. Nach ersten Schätzungen der griechischen Polizei seien 19.000 Menschen in Sicherheit gebracht worden. Davon seien 16.000 Menschen auf dem Landweg sowie die übrigen 3.000 Personen auf dem Wasserweg transportiert worden. Ältere und behinderte Menschen seien mit Polizeifahrzeugen evakuiert worden. In Gesundheitseinrichtungen seien zwei Patienten sowie neun Personen mit Atemwegserkrankungen eingeliefert worden. Die Nacht zu Sonntag verbrachten Tausende Touristen sowie Einwohner in Turnhallen, auf Booten, in Sonderbauten und Militäreinrichtungen sowie auf dem Flughafen von Rhodos. Dort warteten Flugzeuge, die sie abholen sollen.
Derweil veröffentlichte das Athener Ministerium für die Klimakrise und den Bürgerschutz eine Karte, wonach am Sonntag in weiten Teilen von Griechenland extreme, sehr hohe oder hohe Brandgefahr herrsche. Demnach befänden sich in der höchsten Risikostufe fünf (extreme Brandgefahr) Attika (Großraum Athen), Regionen in Mittelgriechenland, der Halbinsel Peloponnes, in Westgriechenland und in Thessalien – sowie abermals Rhodos. Am Dienstag und Mittwoch stehe, so das Ministerium weiter, eine neue Hitzewelle in Griechenland bevor.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen