Waldbrände in Australien: Katastrophales Krisenmanagement
Australiens Regierungschef Scott Morrison will den Ernst der Lage nicht erkennen. Mit seinem Zögern gerät das Feuer immer weiter außer Kontrolle.
V iel zu spät wird in Australien noch immer viel zu wenig unternommen. Täglich sterben Menschen, Tausende sind auf der Flucht, eine halbe Milliarde Tiere sind in den Flammen verendet, und das Feuer breitet sich weiter aus. Vor gut einer Woche war noch von einer Fläche von der Größe Belgiens die Rede. Inzwischen soll das verbrannte Land eineinhalbmal so groß sein.
Seit einem Vierteljahr wartet Regierungschef Scott Morrison auf Regen. Oder baut der bekennende Pfingstler vielleicht auf die überirdischen Kräfte, die den Flammen Einhalt gebieten mögen? Unvorstellbar, was in dem Kopf dieses Mannes vor sich geht, der zusieht, wie sein Kontinent verbrennt. Mit flotter Musik untermalt listet ein 50-Sekunden-Video auf, wie Morrison den Kampf gegen das Buschfeuer aufnimmt.
Es erinnert an den sterbenskranken Krebspatienten, der eine Aspirinpille schluckend auf Heilung hofft: 3.000 Reservisten will Australiens Regierung rekrutieren, drei Marineschiffe sind schon im Einsatz, außerdem sollen ehrenamtliche Feuerwehrleute entgegen seiner anfänglichen Ansage finanziell entschädigt werden, so twitterte Morrison am Wochenende selbstzufrieden.
Für 12,5 Millionen Euro umgerechnet will der Regierungschef in Canberra zudem weitere vier Löschflugzeuge erwerben, um „für den aktuellen und künftigen Bedarf“ bereit zu sein, wie es heißt. Vier?! Auf Facebook fordern wütende Australier: „Lasst uns Scott Morrison loswerden.“ Die Armee könne jetzt doch nur noch bei der Evakuierung helfen, heißt es in einem Eintrag.
Regierung kauft vier Löschflugzeuge
Und: „Während unser Land brennt, diniert er mit der australischen Cricket-Mannschaft.“ Morrison solle sich „schämen“. Dabei war das Image des Regierungschefs schon vorher angeschlagen, weil er trotz der verheerenden Brände kurz vor Weihnachten mit seiner Familie zum Urlaub nach Hawaii reiste. Kratzfüßig brach er die Reise infolge heftigen Protests seiner Landsleute ab und gelobte, „die Lektion gelernt“ zu haben. Es scheint, als könne der australische Regierungschef noch ein paar Nachhilfestunden gut gebrauchen.
Australien brennt
Jetzt die Staatskasse zu öffnen, würde sich schon kurzfristig auszahlen. Doch nicht nur innerhalb Australiens könnte viel mehr unternommen werden. Ganze einhundert professionelle Feuerwehrleute aus den USA und ein paar Dutzend Kanadier helfen derzeit beim Löschen, eine Handvoll neuseeländischer Löschflugzeuge ist im Einsatz. Morrison zieht es vor, die Augen zu verschließen, anstatt sich lautstark mit längst überfälligen Hilfeappellen an den Rest der Welt zu wenden.
Ein Stoßgebet Richtung Himmel muss reichen. Der Heilige Geist wird’s schon richten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund