Waldbesetzungen in Deutschland: Das Halbjahr auf den Bäumen
Waldbesetzungen sind inzwischen fest im Repertoire der Klimaschutzbewegung verankert. Allein 2021 wurden mehr als ein Dutzend Wälder okkupiert.
Wälder sind wohl etwas niedliches. Kasti, Steini, Chori – sie alle sollen bleiben, selbst Monokulturen wie der Seehäuser Wald in Sachsen-Anhalt werden liebevoll zu „Moni“ verkürzt. Bei Trier heißt es im lokalen Dialekt: Besch bleibt – Wald bleibt. Und das ist nur ein Bruchteil der Wälder, die Aktivist:innen in diesem Jahr besetzten, um sie vor der Rodung zu retten.
Als wir vor anderthalb Monaten unsere Waldbesetzungsgrafik erstmals erstellten, ging es neben dem Danni und dem Hambi um etwa ein halbes Dutzend Besetzungen aus den vergangenen Jahren. Seitdem erhalten wir fast täglich Hinweise auf vergangene, neue, bevorstehende und sogar gewünschte Besetzungen. „Hätte die Försterin nicht angeordnet, die Fällungen auf dieser Fläche unseres Waldes zu beenden, wären wir nicht gegangen“, schreibt uns eine Leserin, warum ihr Wald bisher nicht besetzt werden musste – bedroht ist er aber wohl weiterhin.
Besetzungen sind inzwischen fest im Repertoire der Klimaschutzbewegung verankert. Meist geht es darum, konkrete Waldstücke vor der Rodung zu schützen. Im Seehäuser Wald in München oder im Forst Kasten bei München beispielsweise sollte und sollen so Bäume geschützt werden. Klimacamps – wie in Passau und Darmstadt – nutzen sie, um Aufmerksamkeit zu erzeugen. An anderen Orten erhöhen sie die Kosten der Rodung wie am Waggonhalle-Gelände in Marburg, wo Ersatzpflanzungen für die Bäume versprochen wurden. Und manchmal – wie im Steinhauser Wald – wird dadurch ein Bauprojekt ganz gestoppt.
Empfohlener externer Inhalt
Unsere Grafik ist inzwischen stark gewachsen. Allein für dieses Jahr zählen wir 15 Besetzungen, manche nur bei Einzelbäumen und kurz, manche ziehen sich bereits über Wochen. An vielen Orten kündigen sich auch schon die nächsten Konflikte um Waldgebiete an. Unsere Karte dürfte also bald weiterwachsen.
Das sind die von uns gesammelten Wald- und Baumbesetzungen:
➡️ Im Januar wurde der Lützerather Wald in der Nähe des Hambacher Forstes aus Protest gegen den Braunkohle-Tagebau von RWE besetzt.
➡️ Nach der Räumung des Dannenröder Forstes besetzten Aktivist:innen im Januar und Februar den Herrenwald und den Maulbacher Wald jeweils mehrere Tage lang, um gegen den Bau der Autobahn 49 zu protestieren
➡️ Im Januar und Februar besetzten Aktivist:innen Bäume in Marburg, um gegen deren Rodung für den Bau eines Parkdecks zu protestieren. Die Besetzung wurde nach einer Vereinbarung beendet, die Ersatzpflanzungen für die Bäume vorsieht.
➡️ Im Februar wurde der Altdorfer Wald bei Vogt in Baden-Württemberg aus Protest gegen die Rodung für Kiesabbau besetzt.
➡️ Im Februar wurde ein Wald bei Grünheide in Brandenburg aus Protest gegen den Bau der Tesla-Fabrik besetzt.
➡️ Im Februar wurde der Steinhauser Wald in Halle (Westfalen) aus Protest gegen eine Fabrikerweiterung besetzt. Die Besetzung wurde beendet, als das Projekt abgesagt wurde.
➡️ Im Februar und März wurde der Chorusberg in Aachen aus Protest gegen drohende weitere Baumfällungen und ein mögliches Bauprojekt besetzt. Erfolgreich.
➡️ Im März wurde die „Grüne Lunge“ in Frankfurt/Main aus Protest gegen die Rodung für ein Bauprojekt besetzt.
➡️ Im April wurde der Seehäuser Wald in Sachsen-Anhalt aus Protest gegen den Bau der Autobahn 14 besetzt.
➡️ Im Mai besetzten Aktivist*innen aus dem Klimacamp Passau mehrmals Bäume, um auf mangelnden Klimaschutz aufmerksam zu machen. Nach Räumungen wies die Stadt den Aktivist:innen Bäume für eine Besetzung für mehrere Tage zu.
➡️ Im Mai besetzten Klimaaktivist:innen von „Besch bleibt“ einen Wald bei Trier, um gegen seine Rodung für den Bau der Westumfahrung Trier zu protestieren.
➡️ Im Mai besetzten Klimaaktivist:innen die Garnholter Büsche, um gegen ihre Rodung für den Bau der Autobahn 20 zu protestieren.
➡️ Im Mai besetzten Aktivist:innen den Forst Kasten bei München, um gegen seine Rodung für eine Kiesgrube zu protestieren.
➡️ Im Mai wurde eine Platane in Darmstadt mehrere Tage lang besetzt, um das Ende klimaschädlicher Projekte einzufordern.
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