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Waldbesetzung im Kölner SüdenWird der Grembi der neue Hambi?

In Köln wächst der Widerstand gegen den achtspurigen Ausbau der Autobahn A4. Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen besetzten nun das Gremberger Wäldchen.

Aktivisten bei der Besetzung im Grembacher Wald Foto: David Block

Bochum taz | Aus Protest gegen den Ausbau der Autobahn A 4 und die damit drohende Rodung vieler Bäume haben Kli­ma­schüt­ze­r:in­nen am frühen Freitagmorgen das Gremberger Wäldchen im Süden Kölns besetzt. „Wir sind hier bis zu 50 Aktivist:innen“, sagte einer von ihnen der taz am Telefon. Mittlerweile seien in den Bäumen drei Plattformen installiert, die untereinander mit Traversen verbunden seien – und auf denen die Protestierenden nun ausharren wollen: „Wir wollen so lange bleiben, bis die Entscheidung gefallen ist, dass die Autobahn nicht wie geplant verbreitert wird“, so der Besetzer – „und das Gremberger Wäldchen erhalten bleibt“.

Die Polizei sei mit etwa 20 Be­am­t:in­nen vor Ort, hieß es am Freitagmittag. Die Polizei kündigte jedoch laut den Ak­ti­vis­t:in­nen an, bald mit einer Hundertschaft anrücken zu wollen. Unabhängig von der Besetzung ist am Samstag außerdem ein Waldfest und der Beginn einer mindestens achttägigen Mahnwache geplant. „Wir wollen die Öffentlichkeit aufrütteln“, sagte Mahnwachen-Mitorganisator Markus, der seinen vollen Namen nicht veröffentlicht sehen will.

„Es geht nicht nur um ein gut genutztes Naherholungsgebiet – das Gremberger Wäldchen ist auch ein großer Luftreiniger, ein Wasserspeicher, ein Kühlelement für den gesamten Süden Kölns.“ Zu Diskussionen, Musik und Workshops werden deshalb am Samstag mehrere hundert Menschen erwartet.

Denn durch den Ausbau der A 4, die auf einer Länge von 5,6 Kilometern von derzeit bereits sechs auf dann insgesamt acht Fahrspuren verbreitert werden soll, seien große Teile des Waldes gefährdet. Die bundeseigene Autobahn GmbH argumentiert dagegen, die A4 sei schon heute „überlastet“ und „sehr stauanfällig“.

Umweltfreundliche Alternativen fehlen

2018 seien auf der Fernstraße, die den südlichen Teil des ganz Köln umfassenden Autobahnrings bildet, täglich „bis zu 135.000“ Fahrzeuge gezählt worden. Und bis 2030 könnten es „bis zu 158.700“ sein, werben die Stra­ßen­baue­r:in­nen für ihr „A4plus“ genanntes Projekt, dessen Kosten schon 2014 auf knapp 270 Millionen Euro geschätzt wurden.

Ak­ti­vis­t:in­nen der Bürgerinitiative „A4minus“ lassen das nicht gelten. „In Köln ist es typisch, dass eine Fahrt von einem Stadtteil zu einem anderen mit dem Auto über die Fernstraßen des Autobahnrings absolviert wird, weil die umweltfreundlichen Alternativen fehlen“, klagen sie.

Für die vielen Autos auf der A4 mitverantwortlich sei also der wenig attraktive Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV), so BI-Vertreter:innen, und schlecht ausgebaute Radwege: So sei die Innenstadt der Millionenmetropole etwa vom südlichen Stadtteil Porz aus per Fahrrad nur über die enge, vielbefahrene Siegburger Straße oder über einen zwar schönen, aber langen Umweg am Rhein entlang erreichbar.

Erkennbar wird das Potenzial von alternativen Verkehrsmitteln auch durch eine repräsentative Mobilitätsumfrage der Stadt, die 2022 durchgeführt wurde. Danach nutzten die Köl­ne­r:in­nen 2006 noch für 43 Prozent aller Wege das Auto. 2017 waren es dagegen nur noch 35 und vor zwei Jahren sogar nur noch 25 Prozent.

Rotbuche aus den 1710er Jahren in Gefahr

Der Radverkehr nahm stattdessen um 7 auf jetzt 25 Prozent zu. „Damit wird das Fahrrad inzwischen genauso häufig genutzt wie das Auto“, schreibt die Verwaltung in ihrem Fazit. Schlicht ein „Irrtum“ sei der Glaube, der Ausbau des ÖPNV mache das prestigeträchtige Großprojekt überflüssig, behaupten dagegen die Stra­ßen­baue­r:in­nen der Autobahn GmbH.

Immerhin: „Auch Themen wie Verkehrswende, Elektromobilität und Digitalisierung werden zukünftig betrachtet, sobald belastbare Erkenntnisse zu diesen Themenbereichen vorliegen“, verspricht die bundeseigene, dem Bundesverkehrsministerium von FDP-Mann Volker Wissing nachgeordnete Firma.

Um­welt­schüt­ze­r:in­nen wollen das nicht akzeptieren. Schließlich gehe es um den ältesten Wald Kölns mit bis zu 250 Jahre zählenden Eichen, sagt die Klimaaktivistin Alix von der Gruppe „Grembi bleibt“ – im Gremberger Wäldchen steht mit einer Rotbuche aus den 1710er Jahren außerdem der wahrscheinlich älteste Baum der Stadt. Zwar sei mit dem Beginn der Rodungen erst in fünf bis sechs Jahren zu rechnen, sagt die Klimaschützerin. „Wir wollen der Politik aber die Chance geben, das Ruder rechtzeitig herumzureißen – und die Bauarbeiten abzublasen.“

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14 Kommentare

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  • Das Lustige ist, dass vermutlich die reichen Rodenkirchener CDU Wähler dem ganzen Projekt den Garaus machen.



    Die Rodenkirchener Brücke, Teil der A4, soll nach Plänen der "Autobahn GmbH" (kafkaeske Firma...) abgerissen und neugebaut werden. Damit müssen dann Häuser in Rodenkirchen oder der nördliche Golfplatz leiden.



    Schon bei der Trassenfindung für die völlig unnötige Querung 20km weiter südlich war ein Golfplatz (der zum Imperium von Josef Esch gehört) heilig. Lieber mal eine Schneise durch ein Dorf, als ein Golfplatz.



    Also: Schnell einen Golfplatz im Gremberger Wäldchen eröffnen, dann klappt es auch mit Kafka

    • @Tz-B:

      Über derartige pro domo (St. Florian) Planungsvarianten hatte ich leider des Öfteren zu entscheiden!



      Ergo - lieber querbeet durchn hunderte Jahre alten Eichenwald! Woll



      (Ans Ob - kommste selten dran! - 🙀🥳🧐 ;((

  • Der Ganze Ausbau der A4 ist unsinnig, weil besserer Verkehrsfluss auf den ausgebauten Teilstücken (i) schon bald durch mehr Verkehr ausgebremst werden wird (der gut bekannte Rebound-Effekt) und (ii) zu mehr Verkehr in anschließenden Straßennetzen z.B. im Kölner Süden führen wird, wo dann wieder weiterer Ausbaubedarf entsteht.

    Eine echte Verkehrswende braucht weder Ausbau der Verkehrswege noch neue Antriebstechniken, sie muss zu weniger Verkehr führen oder mindestens dessen Wachstum bremsen. Ohne Veränderungen an unserer Wirtschafts- und Lebensweise wird es keine wirksame Verkehrswende geben können. Da steht u.a. die versammelte politische Elite des Landes und der berüchtigte WählerInnenwille im Weg.

  • Aahja.



    Hoffentlich werden sie dann auch ordentlich bezahlt als "Subunternehmer", also Mindestlohn, nicht nur schuften für Umme.

    • @Vigoleis:

      Ach Gottchen leevs Lottchen!

      Denk ich an Weggefährten wie zB Hafenstraße (Achim Katz) oder neuerdings mein sonntäglicher☕️☕️ Freund - der Hambie RWE at al. an die “Schippe“ geht!Woll

      kurz - vllt mal nicht immer von sich auf andere schließen! Newahr



      (ps einfach in aller Bescheidenheit ne kleine Sternstunde - wennse per Zufall Jahre später im Netz lesen daß das wackelige Böötchen einer Arbeitslosenini - viel begeifert mit Hand angelegt - heute ein stattliches gut abgesichertes Schiff ist! Woll)

  • Sinnvoll wäre dieser Aktivismus in Hohensaaten: 370 ha nahezu "Urwald", unerschlossen, viele gefährdete Arten heimisch, wird dort abgeholzt.

    Aber da soll ja ein "gutes Solarfeld" hin, um EU-Subventionen zur Konversion mitzunehmen.

    • @DiDier:

      Das ist ja ganz woanders. Aber auch dort gibt es bereits Protest gegen das geplante Projekt (Solaranlage + Gewerbegebiet). Ansonsten: Setzen Sie sich dafür ein, machen Sie die Leute darauf aufmerksam, gestalten Sie selber den Protest mit. Die Menschen, die jetzt dort in Köln den Wald besetzen, kann man ja nicht einfach nach Märkisch-Oderland bestellen. Selbst aktiv werden!

  • Vor Jahren gab es mal die Idee, die Rodenkichener Rheinbrücke doppelstöckig auszuführen. Wäre vielleicht generell die beste Lösung für den Autobahnring.

  • Ich frage mich nicht nur bei dieser Aktion, sondern auch bei früheren: Handelt es sich bei den sogenannten Aktivisten um Betroffene im eigentlichen Sinne, also um Anwohner und aktive Nutzer dieses Waldstücks, oder um weltweit agierende Protestbaumhausspezialisten, die auch sonst nichts anderes machen? Wenigstens dem Foto nach zu urteilen sieht das relativ professionell aus. Und wer bezahlt das Ganze? Die werden wohl kaum Sponsoren aus der Baumarktbranche für so etwas gewinnen ("Wenns gut werden muss", "Sag nicht Projekt...") können.

    • 6G
      608196 (Profil gelöscht)
      @Vigoleis:

      Ich frage mich bei solchen Beiträgen, wieso der Drang mit Nichts an die Öffentlichkeit so viel grösser ist, als der Wille, sich mit einem Thema auseinanderzusetzen und Schlussfolgerungen zu ziehen, die deutlich vor dem Autor des Beitrages liegen.



      Umweltschutz ist mittlerweile so drängend und die Bedrohungen der Umwelt so nichtig begründet, dass ich sehr froh bin, dass es Menschen gibt, die ihrem Leben durch solch wirkmächtige Aktionen einen Sinn geben. Und auch für mich in den Baumhäusern sitzen.



      Spende kommt Leute...

    • @Vigoleis:

      Is doch schön - wenn ehna der ganze Laden nicht paßt. Nicht nur das Kapital arbeitet mit Subunternehmern! Woll



      Solche Aktionen brauchen Profis - So what!

      • @Lowandorder:

        Exakt, du hast keine Chance, mit ungeübten Laien die Zerstörung der Natur zu verhindern, wenn sie von Profis mit riesigen finanziellen Mitteln zerstört werden soll.

        Und trotzdem ist die Unterstützung durch "Laien" wirklich wichtig.

        Ich wünsche den Grembianern viel Erfolg!

        • @Nuis R. Vegan:

          Nicht zu vergessen, die Forstabteilungen von Regierungspräsidien, die im Namen des Klimaschutzes flächendeckenden Raubbau gewähren..



          So viele Berichte, so viele Fragen..

        • @Nuis R. Vegan:

          anschließe mich un ooch wieder klar -



          Nicht nur Caesar hatte einen Koch dabei!



          Normal