Wahlmaterialien verbrannt: Feuriger Wahlkampf im Kongo
In zehn Tagen wird in der Demokratischen Republik Kongo gewählt. Jetzt gingen die meisten Wahlmaterialien für die Hauptstadt in Flammen auf
Darin waren 70 Prozent der Wahlurnen, Stimmzettel und Wahlmaschinen für die 12-Millionenstadt gelagert, das meiste ist jetzt verkohlt. Von den meisten Fahrzeugen auf dem Parkplatz vor dem einstöckigen Gebäude ist nicht mehr übrig als die verkohlte Karosserie.
Zehn Tage vor den Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo erhitzt dieser Vorfall viele ohnehin frustrierte Gemüter in dem Bürgerkriegsland. Fotos und Videos des brennenden Depots machen noch vor Sonnenaufgang die Runde in den sozialen Medien. Die Wahlkommission erklärte, man werde den Vorfall untersuchen, und versicherte: Man werde mit dem Wahlprozess fortfahren.
Vizepremier Henri Mova verkündete nach einem Besuch der Brandstelle: „Sicher ist, dass die Wahlen am 23. Dezember abgehalten werden. Zumindest können wir die Bevölkerung beruhigen, wir werden dafür kämpfen.“
Soldaten vor dem Feuer abgezogen
Doch viele in der Opposition glauben nicht an einen Zufall. Laut belgischen Diplomaten stand das Depot unter Schutz der Präsidentengarde. Nur wenige Minuten, bevor das Gebäude um 2 Uhr früh in Flammen aufging, seien die Soldaten abgezogen worden.
Pierre Lumbi, Chef des Wahlkampfteams von Oppositionskandidat Martin Fayulu, beschuldigte auf Twitter das Regierungslager, das Feuer gelegt zu haben. Die Regierungskoalition FCC (Gemeinsame Front für den Kongo), die als Nachfolger des scheidenden Präsidenten Joseph Kabila dessen Getreuen Emmanuel Ramazani Shadary ins Rennen schickt, behauptete, Fayulu habe diese „kriminellen“ Akte angestiftet. Er habe seine Anhänger aufgerufen, die „Wahlmaterialien zu zerstören“.
Oppositionelle kontern, die Regierung wolle der Opposition den Brand in die Schuhe schieben, um einen Vorwand für eine Wahlabsage zu erhalten. In oppositionellen Medien werden entsprechende angebliche Wahlkampfaussagen Shadarys aus den vergangenen Wochen zitiert.
Historische Wahlen
Die Wahlen am 23. Dezember sind historisch: Joseph Kabila tritt nach 17 Jahren an der Macht nicht mehr an. Seit Anfang Dezember touren Kongos Präsidentschaftskandidaten durch das riesige Land, viele mit privaten Jets.
Es gibt einen Wettstreit der Bilder und Videos, welcher Kandidat die größte Masse an Fans anzieht. In vielen Städten liegen die Oppositionskandidaten weit vorn. Die Millionenstadt Bukavu ist vollgeklebt mit Wahlplakaten.
Umstritten zwischen Regierung und Opposition sind die elektronischen Wahlmaschinen, mit welchen die Wähler per Mausklick ihren Kandidaten bestimmen sollen. Die Maschinen seien anfällig für Manipulationen und nicht zuverlässig, so die Opposition.
Nun sind laut Wahlkommission fast 8.000 der 10.368 für Kinshasa vorgesehenen Maschinen in den Flammen geschmolzen – die Hauptstadt ist Oppositionshochburg.
Tote bei Oppositionskundgebungen
Leila Zerrougui, Chefin der UN-Mission im Kongo (Monusco), will nun UN-Blauhelme einsetzen, um die Kandidaten der Opposition zu schützen. Es habe „zahlreiche Behinderungen“ von Wahlveranstaltungen gegeben. Sie nannte Kindu, Lubumbashi und Kalemie, alles Hochburgen der Regierung.
In Kalemie wurden am Mittwoch vier Menschen bei der Wahlveranstaltung von Fayulu am Flughafen von Polizisten erschossen. In Lubumbashi kamen am Dienstag bei Fayulus Wahlveranstaltung zwei Menschen ums Leben.
In Kindu, Hauptstadt der Provinz Maniema, aus welcher Präsidentschaftskandidat Shadary stammt, konnte am Wochenende Fayulus Flugzeug nicht landen: Die Armee hatte die Landebahn mit Frachtmaschinen und Kampfhubschraubern zugeparkt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Habeck fordert Milliardärssteuer
Wer glaubt noch an Robert Hood?
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Mehr Zugverkehr wagen
Holt endlich den Fernverkehr ins Deutschlandticket!
Vorteile von physischen Spielen
Für mehr Plastik unterm Weihnachtsbaum
Gründe für das Aus der SPD-Kanzler
Warum Scholz scheiterte