Wahlkampfpläne der Sozialdemokraten: Wirtschaft lobt manche SPD-Vorschläge
Ökonomen sind geteilter Meinung: Einige unterstützen Pläne für Investitionsförderung, manche kritisieren die Steuerreform zulasten der Reichen.
Am Wochenende hat der SPD-Partei-Vorstand ein sechsseitiges Strategiepapier beschlossen. Es trägt den Titel: „Wirtschaft ankurbeln, Arbeitsplätze sichern, Beschäftigte entlasten“. Damit definieren die Sozialdemokraten einen programmatischen Rahmen für den Bundestagswahlkampf im kommenden Jahr. Gleichzeitig versuchen sie, aus ihrem Stimmungstief herauszukommen, indem sie Ansätze für die Überwindung der Wirtschaftsschwäche präsentieren.
Eine wichtige Botschaft lautet, mehr Investitionen der Unternehmen auszulösen. „Wer in Deutschland investiert, erhält steuerliche Vergünstigungen, umfassende Superabschreibungen und Steuerprämien“. Details fehlen jedoch bisher. Im Hintergrund steht die verbreitete Analyse, dass Staat und Firmen sich lange Zeit zu wenig um den Erhalt der Infrastruktur zum Beispiel bei der Bahn und die Entwicklung neuer Produkte wie konkurrenzfähiger Elektroautos gekümmert hätten. Michael Hüther und die Wirtschaftsweise Veronika Grimm begrüßen diese Ankündigung zusätzlicher Steuervergünstigungen für Investitionen.
Zur Finanzierung gehen die Meinungen der Fachleute aber auseinander. Hüther findet es tendenziell richtig, dass die SPD einen teilweise mit Staatsschulden finanzierten Fonds gründen will, um der Wirtschaft planmäßig bei der Modernisierung zu helfen. Das Wirtschaftsinstitut selbst hatte zusammen mit gewerkschaftsnahen Ökonomen einen ähnlichen Vorschlag veröffentlicht, der auch eine Lockerung der Schuldenbremse im Grundgesetz beinhaltet.
Ökonomin Grimm lehnt das dagegen ab. „Subventionen mit Schulden zu finanzieren“ biete den Unternehmen keine ausreichende Sicherheit, kritisiert die Regierungsberaterin. Schließlich könne es passieren, dass der Regierung die finanzielle Puste ausgehe – dann würde die Förderung gestrichen und die Firmen stünden im Regen.
„Wir brauchen den Abbau schädlicher Staatsausgaben“
Weitere SPD-Vorschläge gehen in die Richtung, die Wirtschaft zu unterstützen. Da sind etwa zusätzliche steuerliche Kaufanreize für elektrische Dienst- und Firmenwagen. Oder Maßnahmen, um die Energiekosten zu verringern: Die Strompreiskompensation für die Chemie- und Glasindustrie solle ausgeweitet werden, und die Netzentgelte für den Bau von Stromleitungen dürften nicht weiter steigen. Hüther steht dem positiv gegenüber, Grimm kritisch. Sie plädiert dafür, die Energiepreise grundsätzlich zu senken, wobei das angesichts der hohen Investitionen für die Energiewende und des abgeschalteten russischen Gases schwierig ist.
Dem Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, reichen diese Ansätze nicht: „Wir benötigen ein grundlegendes Umdenken der Politik mit Blick auf die Wirtschaft.“ Eine Investitionsagenda erfordere „nicht nur eine Reform der Schuldenbremse, sondern den Abbau schädlicher Staatsausgaben und Subventionen“, sagt der DIW-Chef.
Die sozialdemokratischen Ansagen zur Steuerpolitik stoßen sowohl bei Veronika Grimm als auch bei Michael Hüther auf Kritik. Denn der SPD-Vorstand macht sich für eine Reform der Einkommensteuer stark, die „etwa 95 Prozent der Steuerzahlenden“ entlasten solle. Gegenfinanzieren will er das mit höheren Abgaben des reichsten „einen Prozents“ der Bevölkerung.
Die ÖkonomInnen bezweifeln jedoch, dass diese Gleichung aufgeht. Die Einnahmeausfälle durch die Senkung der Steuersätze für die große Mehrheit ließen sich kaum durch die Erhöhung am oberen Ende kompensieren, wolle man die Belastung dort nicht drastisch anheben. Das zweite Gegenargument lautet, dass nicht nur reiche Privatpersonen die Anhebung bezahlen müssten, sondern auch viele Personenunternehmen. Die Zusatzbelastung konterkariere damit die Erleichterungen für Unternehmen an anderer Stelle, warnt Hüther.
Auf die Forderung der SPD, das Rentenpaket rasch zu beschließen und damit die augenblickliche Rentenhöhe auf Jahre festzuschreiben, antwortet Grimm mit der Empfehlung, die Kosten in den Sozialsystemen zu senken. Damit spielt sie an auf die Sozialreform der rot-grünen Koalition zu Beginn der 2000er-Jahre. Die Einführung des niedrigen Arbeitslosengelds II (Hartz IV) führte damals zu einer Kostenbegrenzung zugunsten der deutschen Unternehmen, die ihre Konkurrenzfähigkeit gegenüber ausländischen Wettbewerbern verbesserte.
Währenddessen weist DIW-Chef Fratzscher eher darauf hin, dass nicht nur die Union, sondern auch die SPD „die große Frage unbeantwortet lasse, wie die zunehmende Arbeitskräftelücke in Deutschland geschlossen werden soll“.
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