Wahlkampf in Saudi-Arabien: Es gibt Kandidatinnen
865 Frauen wollen es wissen und bewerben sich um einen Sitz in einem der 284 Gemeinderäte im Königreich. Konservative Geistliche warnen vor „moralischem Übel“.
Erstmals dürfen bei dem Urnengang Frauen wählen und kandidieren. In die Wählerlisten eingeschrieben haben sich nach amtlichen Angaben nur 130.600 Frauen, etwa zehn Mal weniger als Männer.
Kundgebungen für Wählerinnen sind den Frauen nach Angaben der Wahlkommission nicht erlaubt. Auch gemeinsame Wahlkundgebungen von Männern und Frauen sind verboten. Kandidatinnen könnten sich etwa über das Fernsehen vorstellen oder ihre Inhalte über einen Sprecher öffentlich machen, hieß es. Porträts dürfen weder männliche noch weibliche Bewerber öffentlich aufhängen.
Die Wahlbehörden untersagten zudem bereits die Kandidatur von zwei Frauen, Ludschain Hathlul und Nassima al-Sadah. Hathlul hatte im Dezember 2014 versucht, mit dem Auto aus den Vereinigten Arabischen Emiraten über die Grenze nach Saudi-Arabien zu fahren. In dem Land, das als einziges weltweit Frauen das Autofahren untersagt, war sie deswegen zwei Monte lang inhaftiert. Hathlul kündigte an, sie werde gegen das Verbot ihrer Kandidatur vorgehen.
Al-Sadah wurde nach eigenen Angaben am Samstagabend ohne Nennung von Gründen darüber unterrichtet, dass sie nicht antreten dürfe. Sie brach daraufhin ihren Wahlkampf ab.
Der im Frühjahr verstorbene König Abdullah hatte vor vier Jahren die Teilnahme von Frauen an Wahlen per Erlass möglich gemacht. Konservative Geistliche warnen seitdem vor „moralischem Übel“.
Frauen spielen im politischen Leben des sunnitischen Königreichs praktisch keine Rolle. Sie dürfen noch nicht einmal Auto fahren. Allerdings hatte Abdullah vor mehr als zwei Jahren 30 Frauen in den 150-köpfigen Schura-Rat berufen, der die Regierung berät. Die Macht der zuletzt 2011 gewählten 284 Lokalräte ist begrenzt. Zwei Drittel ihrer Mitglieder werden durch Wahlen bestimmt, der Rest wird ernannt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Mehr Zugverkehr wagen
Holt endlich den Fernverkehr ins Deutschlandticket!
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Vorteile von physischen Spielen
Für mehr Plastik unterm Weihnachtsbaum
Stromspeicher für Erneuerbare Energien
Deutschland sucht die neue Superbatterie