Wahlkampf in Rheinland-Pfalz: CDU holpert durch Aschermittwoch
Christian Baldauf will Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz werden. Sein jüngster Auftritt war allerdings geplagt von peinlichen Pannen.
![Christian Baldauf, CDU im Studio beim virtuellen politischen Aschermittwoch - Bundeslandwirtschaftsministerin und CDU-Landesvorsitzende, Julia Klöckner spiegelt sich in einer Scheibe Christian Baldauf, CDU im Studio beim virtuellen politischen Aschermittwoch - Bundeslandwirtschaftsministerin und CDU-Landesvorsitzende, Julia Klöckner spiegelt sich in einer Scheibe](https://taz.de/picture/4692264/14/Christian-Baldauf-landtagswahl-rheinland-pfalz-aschermittwoch-cdu-1.jpeg)
Der will nach der Landtagswahl am 14. März die populäre SPD-Frontfrau, Ministerpräsidentin Malu Dreyer, in Pension schicken. „Schluss mit dem Ampelgehampel“ wettert der 53-jährige Rechtsanwalt aus dem pfälzischen Frankenthal gegen die seit fünf Jahren regierende Koalition aus SPD, FDP und Grünen.
Ohne Chancen ist Baldaufs Attacke nicht. In Umfragen rangiert die CDU auch in Rheinland-Pfalz auf Platz eins, knapp vor der SPD. Allerdings leidet die Kampagne des Herausforderers naturgemäß besonders unter den Beschränkungen durch die Pandemie. Die SpitzenkandidatInnen der Ampelkoalition sind als Mitglieder der Landesregierung öffentlich präsent. Straßenwahlkampf und Hausbesuche sind schwierig. Deshalb setzen die Parteien auf solche Online-Formate, auch am politischen Aschermittwoch.
Dem Pfälzer Baldauf, einem umgänglichen Mensch und Kümmerer, einem aktiven Sänger in einem Männerchor, liegt das Humorige. Die Online-Veranstaltung am Abend nach der Fastnachtssaison eröffnete er ganz in schwarz, in Cut und Zylinder. Schließlich werde an diesem Tag die Fasnacht beerdigt.
Die Ampel ist schuld – immer
Vor der Kulisse romantischer Flusslandschaften begann er die Attacke auf die Koalitionäre. Das uneinheitliche Vorgehen der MinisterpräsidentInnen, das Impfchaos, das Hin und Her bei den Öffnungen von Schulen und Kitas, für alles machte er die Ampelkoalition verantwortlich.
„Wo kann jeder 3. Viertklässler nicht lesen und schreiben?“ fragt Baldaufs CDU auf den großen Plakaten, die diesmal vor allem ihre Botschaft verbreiten müssen. „In Rainland-Falz“ ist die Antwort. Baldaufs Kampagne eckt gelegentlich an. Ein Plakat zeigt die Spitzenleute der Ampelkoalition, Ministerpräsidentin Dreyer, Wirtschaftsminister Volker Wissing, FDP, und die Grüne Integrationsministerin, Anne Spiegel, kuschelnd unter einer Bettdecke. “Keinen Bock mehr auf Dreyer!“ steht da. Das finden nicht alle witzig.
Solche Ausrutscher leistet sich Baldaufs CDU beim politischen Aschermittwoch nicht. Allerdings jede Menge Pannen. Der aus der Düsseldorfer Staatskanzlei zugeschaltete Laschet ist zunächst nicht zu sehen und im Ton schlecht zu hören. Als der später aber seinen Parteifreund „Christian“ als „zukünftigen Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen“ begrüßt, sind Bild und Ton da.
Laschet, der amtierende Ritter wider den tierischen Ernst aus Aachen, versucht den Patzer zu retten, indem er die Geschichte der preußischen Rheinprovinz bemüht, die historisch starke Verbindung zwischen NRW und Rheinland-Pfalz. Doch Baldauf ist bekennender Pfälzer. Die Pfalz gehörte nicht zur preußischen Rheinprovinz, sondern zu Bayern.
Die Einspielung des „Protokollers“ aus der Mainzer Fernsehfassenacht reißt ab, als der gerade das Hohelied auf Angela Merkel singt. Bei der zweiten Schalte zu Laschet ist der zwar zu hören, nicht aber Julia Klöckner, die ihn im Studio befragt. Diese Pannen verfolgen – gut für die CDU – nur wenige live. Als die taz am nächsten Morgen noch einmal nachschauen will, ist das Video nicht mehr abrufbar.
Und die andern Parteien?
Auch die politische Konkurrenz ist am Aschermittwoch online. Ministerpräsidentin Malu Dreyer hat wie an jedem Abend der Kampagne Gäste in ihr „Wohnzimmer“ eingeladen, ein plüschiges Fernsehstudio in der SPD-Parteizentrale. Der Mainzer OB, SPD-Genosse Michael Ebeling, moderierte die Show routiniert. Die Schalten klappten. Die SPD plakatiert Malu Dreyer im Großformat – „Wir mit Ihr“ ist die Botschaft. Um „beide Stimmen für die SPD“ bittet Dreyer jedes Mal am Ende der Sendung, „damit ich Ministerpräsidentin bleiben kann“.
Nicht weit entfernt, in der Parteizentrale der FDP, plaudert deren Spitzenkandidatin, Staatssekretärin Daniela Schmitt, mit ihrem Noch-Chef, Wirtschaftsminister Volker Wissing. Den zieht es nach der Wahl endgültig nach Berlin. Als FDP-Generalsekretär ist er längst voll auf Attacke gegen die Große Koalition programmiert. Doch in Mainz findet er an diesem Abend lobende Worte für die Ampel. Er sei ein „Fan von Koalitionsregierungen“, bekennt Wissing. Seine Erfahrungen in der Mainzer Ampel nennt er „erstaunlich positiv“.
Die Liberalen plakatieren „Lassen Sie das Land in guten Händen“. Auch das klingt nicht nach Wechselstimmung. Schlechte Nachrichten für den CDU-Spitzenkandidaten Baldauf, der für einen Wechsel Partner braucht.
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