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Wahlkampf in ÖsterreichFPÖ-Frau beleidigt Mohammed

Die Grazer Spitzenkandidatin der rechtspopulistischen FPÖ hat den Propheten Mohammed als "Kinderschänder" bezeichnet. Er habe den Koran unter Epilepsie-Anfällen geschrieben.

Wegen Verhetzung angezeigt: FPÖ-Spitzenkandidatin Susanne Winter Bild: dpa

Der Prophet Mohammed sei ein Kinderschänder gewesen. Über diese Provokation diskutiert seit dem Wochenende ganz Österreich. Die Aussage fiel beim Neujahrstreffen der rechtspopulistischen FPÖ in Graz, wo am kommenden Sonntag der neue Gemeinderat gewählt wird. Spitzenkandidatin Susanne Winter, bisher außerhalb der Steiermark ein politischer Niemand, wurde mit einem Schlag landesweit bekannt. Während sich alle anderen Parteien empört abwenden, rufen muslimische Organisationen zur Besonnenheit auf.

Das Publikum des Schwarzl-Zentrums in Unterpremstätten bei Graz tobte vor Begeisterung, als Susanne Winter gegen den Islam vom Leder zog. Mohammed habe mit 50 Jahren eine Sechsjährige geheiratet. Das mache ihn zum Kinderschänder. "Im heutigen System", wie sie einschränkend hinzufügte. Den Koran hätte er während epileptischer Anfälle geschrieben. FPÖ-Chef Heinz Christian Strache sah keinen Anlass, sich von den Aussagen zu distanzieren. Sie seien wohl stark formuliert gewesen, bewegten sich aber im Rahmen der Meinungsfreiheit. Die in Graz regierende bürgerlich-konservative ÖVP brauchte relativ lang, um sich zu distanzieren. Eine Zusammenarbeit komme nicht in Frage, ließ Bürgermeister Siegfried Nagl ausrichten.

SPÖ und Grüne reagierten schärfer. Der steirische Landeshauptmann Franz Voves, SPÖ, entschuldigte sich öffentlich bei allen Muslimen für die in seinem Bundesland gefallenen Äußerungen. Selbst Jörg Haiders BZÖ, das sonst in Ausländerfragen mit der FPÖ um die radikalere Position wetteifert, ging Winters Ausritt zu weit.

In der islamischen Gemeinde bemühte man sich indessen, Reaktionen wie auf die dänischen Mohammed-Karikaturen zu vermeiden. "Man kann diese ungeheuerlichen Dinge nicht einfach totschweigen", erklärte Sprecherin Carla Amina Baghajati im Radio-Interview, "wir brauchen zu den Aussagen eine vernünftige, konstruktive Diskussion." Baghajati appellierte an ihre Glaubensgenossen, "sich nicht provozieren zu lassen, sondern bei einem sachlichen Diskurs zu bleiben." Den meisten sei aber ohnedies klar, "das kommt von dieser Truppe, aus dieser Ecke." Sie hoffe, "dass die Provokation misslingt, dass man nicht jenen Leuten, die so etwas in die Welt setzen, auch noch den Gefallen tut, hier überzureagieren. Wir haben in Österreich genug demokratische, vernünftige Mittel, um Protest zum Ausdruck zu bringen." Susanne Winter, die bisher bei ihrem Ehemann als Sprechstundenhilfe in der Zahnarztpraxis tätig war, ist schon mehrmals durch dumme Provokationen aufgefallen, etwa über die "genetisch bedingte Unterlegenheit" von "Negern".

Für den Politologen Anton Pelinka, der vom Standard befragt wurde, hat die Freiheitliche Partei das BZÖ im Grazer Gemeinderatswahlkampf "ausgestochen". "Es waren ziemlich dumme Äußerungen, die genau den Sturm provozieren sollten, den sie auch ausgelöst haben."

Die FPÖ war bei den letzten Gemeinderatswahlen 2003 mit 7,98 Prozent nur fünfte Kraft und schickt sich an, diesmal nicht nur ein zweistelliges Ergebnis zu erzielen, sondern auch Grüne und KPÖ zu überholen. Intellektuell seien ihre Vorwürfe an den Propheten "natürlich absoluter Unsinn, aber politisch machen sie Sinn", so Pelinka. "Vorhandene Ressentiments werden gestärkt und für die Grazer Gemeinderatswahl instrumentalisiert."

Dass die Lieblingsfrau Mohammeds, Aischa, bei der Eheschließung erst sechs Jahre alt gewesen sein soll, geht auf Dokumente zurück, die zweihundert Jahre später entstanden. Islamwissenschaftler weisen darauf hin, dass sie vermutlich mindestens 14 gewesen sei, ein damals durchaus übliches Heiratsalter - nicht nur im arabischen Raum.

Ob die Äußerungen strafrechtlich relevant sind, wird sich zeigen. Elke Kahr, Spitzenkandidatin der KPÖ, bezweifelt es. Mit der Einschränkung "im heutigen System" habe sich Winter wahrscheinlich juristisch abgesichert. Der Präsident der ägyptischen Gemeinde, Soleiman Ali, der für die SPÖ bei den Gemeinderatswahlen kandidiert, erstattete Anzeige wegen Herabwürdigung von Religionsgemeinschaften und Verhetzung.

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6 Kommentare

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  • IN
    Ihr Name Emil

    Bravo für die Dame aus Österreich,

     

    SIE HAT JA SO RECHT. UND DIE 3,5 MIllionen die das nicht glauben wollen, sollten hier verschwinden.

  • K
    Klaas

    @Atheist

     

    Den Ansatz, daß der Islam und damit auch der Koran geprüft werden darf, unterschreibe ich zu 100%, wie einige andere Punkte.

     

    Allerdings :

     

    > Dann könnt Ihr uns ja gerne korrigieren.

    > Aber ganz zivilisiert.

     

    Sätze wie diese strotzen vor diplomatischer Unfähigkeit. "WIR. IHR. UNS. EUCH. Religiöses Gespinne".

    Solange Menschen in zwei Lager gespalten werden und Diffamierungen ausgesprochen oder angedeutet werden, wird niemals ein Dialog möglich sein. Es ist peinlich, daß jemand der sich Atheist nennt und "die ungeschminkte Wahrheit" gepachtet haben möchte, solche Emotion in seine Ausführungen hineinbringt. Wen immer auch Menschen wie Dawkins erreichen möchten, ihr seid es nicht.

     

    > Wahrscheinlich seid Ihr dann der Zivilisation ein paar Schritte nähergekommen

     

    Einfach nur peinlich.

     

    Gruß Klaas

  • M
    Movi

    Hallo Atheist,

    wer bitteschön ist "wir"? Ich verbitte mir solche Verallgemeinerungen. Trotzdem: weiterhin viel Spaß beim Lesen von irgendwelchen zivilisierten Doktorarbeiten.

  • H
    Hessebub

    @Atheist.

    Alles so weit richtig, das hat aber aber doch wohl nichts mit gezielter politischer Hetzrhetorik zu tun. Einen (zudem völlig ungesichterten) Sachverhalt aus einer zeitlich und räumlich entfernten Kultur unreflektiert mit mit den eigenen Kriterien zu bewerten ist der Gipfel der Unsachlichkeit (von Wissenschaft gar nicht zu reden). Die "abendländische Kultur" ist demnach von pädophilen Südeuropäern begründet wurden, die zudem noch unsere geliebte deutsche Sprache mit Begriffen wie "Xenophobie" überfremdet haben. Und Katholiken fressen in ihren barbarischen Ritualen heute noch den Leib ihres Gottes und trinken sein Blut. Igitt, sofort ins Umerziehungslager.

  • I
    Isabelle

    Oh wäre diese Frau doch in ihrer Zahnarztpraxis geblieben....... und alles nur für ein bisschen Berühmtheit!

  • A
    Atheist

    Der Islam muss freigegeben werden zur Diskussion. Wenn Moslems hier herkommen, millionenfach ihren Koran mitbringen und Moscheen bauen wollen - dann dürfen, müssen und wollen wir über den Koran diskutieren. Wir wollen und wir werden jede Sure, jeden Vers untersuchen und auseinander nehmen.

     

    Wir werden alle Ahadith studieren, prüfen und kommentieren. Und wir dürfen das. It is our inalienable right, wenn Euch, Ihr "Gläubigen", das etwas sagt. (Kleiner Tipp: 1776).

     

    Und wir werden auch die dritte Quelle und Grundlage Eures "Glaubens" ganz genauso prüfen: Den "Propheten" und seine Biographie - gerne so, wie Ibn Ischaq sie vor 1300 Jahren aufschrieb. Wir werden alles lesen und kommentieren. Wir sind schon mitten drin. Wir werden Mohammed studieren, kommentierten, kritisieren. So wie wir das mit jeder historischen Figur tun. Wenn Euch das nicht gefällt: Get over it! So sind nun mal die zivilisierten - ja: geschichtswissenschaftlichen - Sitten hier im Abendland.

     

    Der Koran - Ihr sagt: Gottes Wort - befiehlt Euch in mehreren Versen, Mohammed als idealen Menschen zu sehen und seinem Vorbild unbedingt zu folgen, ihn nachzuahmen. Ein Grund mehr für uns, ihn genau anzuschauen und seine Taten und seine Worte zu bewerten. Ja: bewerten! Ihr ahnt wohl schon, wie die Bewertung ausfallen und was dabei herauskommen wird: Die ungeschminkte Wahrheit. Denn wir haben kein Problem damit, sie auszubreiten - en detail!

     

    Natürlich, es kann sich dabei sogar mal jemand irren. Soll vorkommen. Das gehört zur Forschung. Learning by error. Dann könnt Ihr uns ja gerne korrigieren. Aber ganz zivilisiert. Mit irgendeiner Doktorarbeit. Wir sind schon gespannt.

     

    Wir werden Eure Bücher so lesen, wie wir alle Bücher lesen - sehr kritisch. Und wenn uns etwas nicht gefällt, wenn wir etwas absurd oder abstoßend finden, dann sagen wir das. DENN WIR DÜRFEN DAS!

     

    Und kommt uns nicht damit: Der Koran sei Gottes Wort und Gesetz, und niemand dürfe ein Wort darüber verlieren. Ihr könnt das ja gerne glauben. Wir glauben es nicht und wollen auch nichts davon wissen. Langsam merkt Ihr es wohl: Es gibt hier für Forschung und Wissenschaft keine Tabus, auch nicht für die Geschichtswissenschaft oder die Theologie. So ist das eben mit der Wissenschaft, wie wir sie verstehen. Damit werdet Ihr von nun an leben müssen.

     

    Der Koran, die Ahadit und die Sira - Mohammeds Biographie - gehören auf den Sezier-Tisch. Und da liegen sie jetzt. Ihr habt es so gewollt, als Ihr uns durch und durch laizistischen Europäern Euren Religionskram, Euer religiöses Gespinne und die Diskussion darüber aufgezwungen habt.

     

    Eigentlich wollten wir gar nicht. Eigentlich wollten wir nur in Ruhe gelassen werden und von diesem Zeug nichts wissen. Aber jetzt ist die Diskussion eröffnet. Lebt mit den Folgen. Es kann nämlich sein, dass, wenn die Diskussion vorüber ist, von Eurer Religion nicht mehr viel übrig ist. Ihr wolltet es so. Und wisst Ihr was? Wahrscheinlich geht es Euch dann besser. Wahrscheinlich seid Ihr dann der Zivilisation ein paar Schritte nähergekommen.