Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen: Röttgens Rasenmäher rostet
Eigentlich wollte Norbert Röttgen (CDU) Schuldenabbau zum Wahlkampfthema in Nordrhein-Westfalen machen. Doch die Wähler interessieren andere Themen.
DÜSSELDORF taz | Steffen Kampeter soll Norbert Röttgen retten. „Absolut zentral“ sei die Position, die der 48-jährige Ostwestfale in seinem Wahlkampfteam einnehme, verkündete CDU-Spitzenkandidat Röttgen am Donnerstag in Düsseldorf. Kampeter, derzeit noch parlamentarischer Staatssekretär in Wolfgang Schäubles Bundesfinanzministerium, soll in Nordrhein-Westfalen selbst Finanzminister werden – und Röttgen will den Kampf gegen den Schuldenstaat zu seinem zentralen Thema machen: Schulden seien „das Markenzeichen“ von SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, schimpft Röttgen schon seit Wochen. Aus „reiner Mutwilligkeit, um sich politisch beliebt zu machen“, steuere Krafts rot-grüne Minderheitsregierung das größte Bundesland in die Schuldenfalle.
Doch diese Wahlkampftaktik beschert dem amtierenden Bundesumweltminister Röttgen immer neue Probleme. Weder er noch Kampeter wollen konkret sagen, wo künftig noch mehr gespart werden soll – schließlich hat Rot-Grün die Neuverschuldung bereits von über 6 auf 3 Milliarden gedrückt. „Ich mache keine Haushaltsberatungen mit Ihnen“, sagt Kampeter auf Nachfrage.
Wo genau künftig weniger Geld fließen soll, „hängt von den Kabinettskollegen ab“, meint der Finanzfachmann – und ergänzt, er halte die von der CDU-Landtagsfraktion vorgeschlagene „Rasenmähermethode“, nach der in allen Einzeletats ohne Rücksicht auf politische Schwerpunkte 4 Prozent gekürzt werden soll, für attraktiv. 2 Milliarden Euro sollen so zusammenkommen.
Dabei hat Röttgen den „Rasenmäher“ selbst längst wieder eingepackt: Eine Wiedereinführung der von Rot-Grün abgesetzten Studiengebühren werde es mit ihm nicht geben, verkündete er Anfang April. Auch das beitragsfreie letzte Kindergartenjahr will er im Fall seiner Wahl nicht einkassieren. Schließlich verspricht er immer wieder, „Politik aus den Augen unserer Kinder“ machen zu wollen.
Arbeitsplätze wichtiger als Sparprogramm
Offenbar schwant auch Röttgen, dass für viele WählerInnen zumindest in NRW ein schuldenfreier Landeshaushalt gar nicht so drängend ist. In Umfragen rangieren die erst auf Platz drei – vielen BürgerInnen sind Bildung und Arbeitsplätze wichtiger. Entsprechend unpopulär bleibt der CDU-Spitzenkandidat: Bei einer Direktwahl würden 56 Prozent für Kraft, aber nur 26 für Röttgen stimmen. Nicht einmal einen Koalitionspartner kann der Christdemokrat, dessen Partei bei etwas mehr als 30 Prozent herumdümpelt, vorweisen: Selbst wenn es die FDP in den Landtag schafft, ist an eine schwarz-gelbe Mehrheit nicht zu denken.
Röttgen muss deshalb seit Wochen kämpfen, um überhaupt noch wahr- und ernstgenommen zu werden: Trotz seines Amts als Umweltminister will er Autofahrern mit einer höheren Pendlerpauschale helfen, geißelt den Bildungsföderalismus – und fackelt ein Feuerwerk von Pressekonferenzen ab: Immer wieder präsentiert er Mitglieder seines Schattenkabinetts. Überraschend ist dessen Zusammensetzung aber nicht: Für Aufsehen sorgte allein Claudia Kemfert, die Energieministerin werden soll: Die Wirtschaftsprofessorin ist bei Konservativen unbeliebt, weil sie immer wieder vor explodierenden Ölpreisen warnt.
Neben Kemfert bekommen verdiente CDU-Landespolitiker ihre Chance, manche auch ihre zweite: Karl-Josef Laumann, bis zur Auflösung des Landtags CDU-Fraktionschef, soll sein Arbeitsministerium zurückbekommen. Auch Exverkehrsminister Lutz Lienenkämper will in sein altes Ressort zurück, dass um den Bereich Umwelt erweitert werden soll – auf Landesebene will ausgerechnet der Bundesumweltminister das Umweltministerium zerschlagen.
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