Wahlergebnisse in Namibia: Befreiungsbewegung abgestraft
Die einstige Befreiungsbewegung Swapo regiert das Land seit der Unabhängigkeit von Südafrika. Bei den Wahlen büßt sie erstmals massiv ein.
Hauptgrund ist ein Machtkampf innerhalb der Swapo. Panduleni Itula, langjähriges Parteimitglied, hatte sich gegen Geingob ausgesprochen und trat als erster Unabhängiger zur Präsidentschaftswahl an. Er erhielt die Unterstützung mehrerer kleiner Oppositionsparteien und erzielte beachtliche 29 Prozent.
Der Kandidat der wichtigsten Oppositionspartei PDM (Popular Deocratic Movement), Henry McVanaani, lag mit 5,3 Prozent weit abgeschlagen und kündigte an, er werde vor Gericht ziehen, da die Wahl nicht frei und fair gewesen sei. Am Wahltag gab es vor manchen Wahllokalen lange Schlangen, da die neuen elektronischen Wahlmaschinen nicht richtig funktionierten.
Die Bedeutung der Kandidatur Pandulenis zeigt sich bei der Parlamentswahl, wo der Unabhängige keine Rolle spielte. Hier verbesserte sich die PDM-Opposition von 5 auf 16 Sitze im 96 Abgeordnete zählenden Parlament. Die Swapo hält noch 63 Mandate gegenüber den bisherigen 77.
Dürreperiode und ein Fischerei-Skandal
Der Popularitätsrückgang der Regierungspartei wird auf die Wirtschaftskrise Namibias zurückgeführt. In der vergangenen Legislaturperiode erlebte das Land die schwerste Dürreperiode seit einem Vierteljahrhundert, gefolgt von drei Jahren Rezession, verstärkt durch sinkende Preise für Diamanten und Uran auf den Weltmärkten.
In diesem Jahr soll die Volkswirtschaft zum dritten Mal hintereinander um 1,7 Prozent schrumpfen, während die Arbeitslosenquote bei 33 Prozent liegt und die Hälfte der Jugendlichen in Namibia keinen Job hat.
„Zugleich dürfte der Fischerei-Skandal einen Schatten auf die Regierungspartei geworfen haben“, sagt Ökonom Neville Mandimika. Bei diesem Skandal ging es um die Vergabe von Lizenzen zur Makrelenfischerei vor Namibias Atlantikküste an das größte Fischereiunternehmen Islands. Dabei sollen 150 Millionen namibische Dollar (10 Millionen US-Dollar) Schmiergeld geflossen sein. Als das aufflog, mussten die Justiz- und Fischereiminister zurücktreten und Penduleni Itula lancierte seine unabhängige Kandidatur.
Präsident Geingob versuchte im Wahlkampf den Skandal als vom Ausland gesteuerte Kampagne darzustellen. „Die Namibier lesen und hören, wie sich ausländische Mächte in anderen Ländern einmischen und Wahlen beeinflussen“, erklärte sein Sprecher Alfredo Hengari. „Seltsamerweise werden sie jetzt, wo sie eine Wahlentscheidung treffen sollen, mit negativen und verzerrten Presseartikeln bombardiert, die den Namen des Präsidenten beschmutzen. Das ist kein Zufall.“
Korruption hilft nicht gegen Armut
In einem weiteren Skandal waren bereits im Jahr 2016 23 Millionen namibische Dollar an den Geschäftsmann Ernest Adjovi aus Benin geflossen, um das panafrikanische Musikfestival „Kora All Africa Music Awards“ in Namibia auszurichten. Das Festival fand nie statt, das Geld ist trotzdem verloren.
Geingob muss sich jetzt schwierigen Herausforderungen stellen, auch jenseits dieser Skandale. Namibia ist laut UN-Angaben nach Südafrika das Land mit der zweitgrößten Einkommensungleichheit weltweit. „Die Regierung muss jetzt die Wirtschaft zum Wachsen bringen, Ungleichheit angehen und für die Jugend Arbeitsplätze schaffen“, sagt Wirtschaftsanalyst Petrus Shihepu. „Der Fischerei-Skandal zeigt, dass die Korruption das größte Hindernis dafür ist.“
Die Swapo-Regierung will mit ihrem Armutsbekämpfungsprogramm „Harambee Prosperity Plan“ (HPP) Transparenz und Wettbewerbsfähigkeit aufbauen, die Infrastruktur ausbauen und den Hunger bekämpfen. Geingob sagte, sein Wahlsieg werde ihm ermöglichen, dieses Programm bis 2020 zu Ende zu führen.
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