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Wahlergebnis in GriechenlandMitsotakis siegt und will Neuwahlen

Die aktuelle Regierungspartei Nea Dimokratia hat in Griechenland gewonnen. Doch von schnellen Neuwahlen erhofft sie sich noch mehr Plätze im Parlament.

Will weiterhin allein regieren: Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis von der Nea Dimokratia Foto: Thanassis Stavrakis/ap

Athen afp | Nach dem deutlichen Sieg in Griechenland von Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis bei der Parlamentswahl steuert das Land auf Neuwahlen zu. Seine konservative Partei Nea Dimokratia (ND) kam nach Auszählung von 99 Prozent der Wahllokale auf 40,8 Prozent der Stimmen. Für eine absolute Mehrheit reichte es trotz des guten Abschneidens jedoch nicht. Mitsotakis machte deutlich, dass er statt auf eine Regierungskoalition auf Neuwahlen setzt, um allein regieren zu können.

Die Konservativen erlangen bei der Wahl am Sonntag gut 20 Prozentpunkte mehr als die linksgerichtete Syriza-Partei von Alexis Tsipras, die rund 20 Prozent der Stimmen erreichte.

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Insgesamt schafften es fünf Parteien ins Parlament – neben den beiden großen Kontrahenten noch die sozialdemokratische Pasok mit 11,5 Prozent, die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE) mit 7,2 Prozent und die rechtspopulistische Elliniki Lisi (Griechische Lösung) mit 4,5 Prozent. Die Linkspartei Mera25 von Ex-Finanzminister Giannis Varoufakis und die ultrakonservative Niki scheiterten an der Dreiprozenthürde.

Der deutliche Sieg der ND sei ein „politisches Erdbeben“, hieß es vom Wahlsieger. Der Sieg habe die eigenen Erwartungen übertroffen, sagte Mitsotakis. Sein Lager kam auf 146 der 300 Parlamentssitze, zur Bildung einer Alleinregierung sind fünf weitere Sitze nötig. Es war das beste Ergebnis der Partei seit 2007.

Tsipras rechnet mit Neuwahl

Angesichts der verpassten absoluten Mehrheit steht Mitsotakis vor der Wahl, entweder schwierige Koalitionsverhandlungen oder Neuwahlen anzustreben. Der 55-Jährige machte am Sonntag klar, welche Option er bevorzugt. „Gemeinsam werden wir ab morgen dafür kämpfen, dass bei den nächsten Wahlen das, was die Bürger bereits beschlossen haben (…), auch mathematisch bestätigt wird.“

Bei einem erneuten Urnengang würde der Wahlsieger laut den Regeln in Griechenland von einem Bonus profitieren, der ihm bis zu 50 zusätzliche Sitze und somit womöglich eine stabile Mehrheit verschaffen könnte. Mitsotakis' Innenminister Takis Theodorikakos hatte dem privaten Fernsehsender Skai gesagt, dass die Konservativen angesichts der Ergebnisse in einer zweiten Wahlrunde genug Stimmen erhalten könnten, „um die Reformen als unabhängige Regierung fortzuführen“.

Auch Wahlverlierer Tsipras, der das Land von 2015 bis 2019 regierte, rechnet offenbar mit einem erneuten Urnengang. „Der Wahlzyklus ist noch nicht vorüber“, sagte er nach der Veröffentlichung erster Ergebnisse. Der nächste Kampf werde „entscheidend“ sein.

Die Wahlbeteiligung betrug am Sonntag 60 Prozent. Zu der Wahl waren fast 10 Millionen Stimmberechtigte aufgerufen, darunter 440.000 Erstwähler. Mitsotakis hatte die Wähler nach seiner Stimmabgabe in Athen dazu aufgerufen, die unter seiner Regierung hart erkämpfte wirtschaftliche Stabilität nicht aufs Spiel zu setzen.

Sein Hauptrivale und Amtsvorgänger Tsipras warnte hingegen, dass die rosigen Zahlen der Konservativen über die wachsende Armut in Griechenland hinwegtäuschten, die Löhne könnten mit den wachsenden Preisen nicht mithalten.

Hauptthemen des Wahlkampfes waren Lebenshaltungskosten und Arbeitsplätze. Kaum eine Rolle spielte im Wahlkampf mehr der verheerende Frontalzusammenstoß zweier Züge im Februar, bei dem 57 Menschen ums Leben kamen. Die Regierung hatte das Unglück mit menschlichem Versagen begründet, obwohl Griechenlands berüchtigt schlechtes Bahnnetz unter jahrelanger Unterfinanzierung leidet.

Mitsotakis und seine Partei kostete die Zugkatastrophe in den Umfragen zunächst viele Stimmen. Je näher die Wahl aber rückte, desto mehr geriet das Thema in den Hintergrund.

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3 Kommentare

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  • Dies ist eher ein Rechercheappell als ein Kommentar.



    Laut einer griechischen Freundin hat die seit 2019 regierende Nea Dimokratia das Wahlrecht dahingehend geändert, dass die erste Generation der im Ausland lebenden Griechen NICHT wahlberechtigt ist, sie also weder per Briefwahl noch in der Botschaft ihre Stimme abgeben können. Für die zweite Generation soll dies jedoch möglich sein.



    Nachdem sehr viele junge Griechinnen und Griechen aufgrund der desolaten Wirtschaftslage im Ausland arbeiten, soll so das Protestpotential abgeschaltet worden sein. Die wirtschaftlich gemeinhin bessergestellte Generation der ersten Auswanderer, welche aufgrund ihres Alters eher konservativ ist, darf laut ihrer Auskunft, obwohl seit langem außer Landes, die Geschicke des Landes mitbestimmen.



    Das wäre eine neue Form des Gerrymandering.

    • @Martin Eugenio Restrepo:

      Gerrymandering ist wenn Wahlbezirke bei einem Mehrheitswahlrecht anders zugeschnitten werden, um das Endergebnis zu verändern.

      Bsp. Bezirk A und Bezirk B

      In Bezirk A gewinnt Kandidat X mit 501 Stimmen Kandidat Y verliert mit 450 Stimmen.

      In Bezirk B gewinnt ebenso Kandidat X mit 500 stimmen Kandidat Y verliert mit 480.

      Durch eine Änderung bei der Einteilung der Wahlbezirke landen nun viele Wähler von Kandidat X aus Wahlbezirk B in Wahlbezirk A und anders herum.

      So gewinnt am Ende Kandidat Y in Wahlbezirk B knapp und verliert deutlich in Wahlbezirk A.

      Was Sie beschreiben ist ein Auschluss von der Teilnahme an der Wahl ansich, diesen gibt es beim Gerrymandering nicht.

      Ein passenders Pendant sind eher absichtliche stundenlange Warteschlangen in Vierteln mit vielen Wählern für den jew. Gegenkandidaten und ähnliche Manipulationen mit dem Ziel die Teilnahme an der Wahl gänzlich zu verhindern.

      In Griechenland finde ich spricht die Zahl der Nichtwähler für sich ....

      40%! Bei der nächsten Wahl haben die Nichtwähler wohl die besten Karten die absolute Mehrheit zu erlangen ...

      • @sociajizzm:

        Mir ist durchaus bewusst, was Gerrymandering ist. Deswegen schrieb ich auch "eine neue Form", denn der Sinn beider Varianten der „Anpassung“ des Wahlsystems liegt darin gezielt den Einfluss einer Wählergruppe zu mindern [siehe ‚Davis v. Bandemer‘ (1986)].



        Zurück zum Thema: Auslandsgriechen konnten anscheinend seit Jahrzehnten nicht wählen, also bereits vor der Nea Dimokratia. Um ihr Wahlrecht auszuüben, mussten sie nach Griechenland reisen, was sich aus eigenen Mitteln nur Bessergestellte leisten können. Parteien finanzierten teilweise sogar Charterflüge, um ihre Auslandswähler an die Urnen zu bringen.



        Anscheinend änderte die ND jedoch das Wahlrecht dahingehend, dass besagte "zweite Generation" nun im Ausland wählen kann, d.h. die Infrastruktur in Botschaften oder per verifizierter Briefwahl wurde aufgebaut, sie ist jedoch nur ausgewählten Wählern zugänglich. Falls dem wirklich so sein sollte, wäre dies ein Skandal europäischen Ausmaßes.