Wahlen in Polen: Die Patrioten räumen ab

Die nationalkonservative PiS-Partei feiert einen großen Erfolg bei den Wahlen in Polen. Ihr Rezept: soziale Wohltaten und eine schwache Opposition.

Eine Frau mit Gewand und Perlenkette in der Hand in einer Menge

Straßenzug am nationalen Rosenkranztag in Warschau, gesponsert von Kirche und PiS, Anfang Oktober Foto: Attila Husejnow/imago images

Alle Achtung! Da hat Polens Regierungspartei für Recht und Gerechtigkeit (PiS) bei den Parlamentswahlen am Sonntag wieder einmal so richtig abgeräumt und mit über 45 Prozent der Stimmen ihr Ergebnis von vor vier Jahren noch übertroffen. Doch die Erklärung derjenigen, die diesen Erfolg vor allem den, ihrer Lesart nach, Dumpfbacken in den abgehängten Landesteilen zuschreiben, ist zu billig. Denn die Nationalkonservativen haben auch in den Städten und bei den ErstwählerInnen gepunktet.

Das Erfolgsrezept von Jarosław Kaczyński und seiner Getreuen ist so einfach wie logisch: Sie haben in den vergangen vier Jahren geliefert. Das gilt vor allem im sozialen Bereich, wo die Verteilung von Wohltaten, wie beispielsweise eine Ausweitung des Kindergeldes, die Situation vieler Familien spürbar verbessert hat.

Zudem hat es die Partei vermocht, ihr patriotisches Narrativ geschickt – und aller Kritik an Brüssel zum Trotz – mit einer Verortung im „Herzen Europas“ zu verknüpfen. Auch die Betonung der Verteidigung von Familie und christlichen Werten, die mit einer Dämonisierung vor allem sexueller Minderheiten einhergeht, hat offenbar Früchte getragen.

Das alles mögen kritische Geister verurteilen. Aber sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass es für die Mehrheit der PolInnen offensichtlich ein untergeordnete Rolle spielt, ob eine Regierungspartei versucht, die Medien gleichzuschalten oder Hand an die Grundfesten der Gewaltenteilung legt.

Schwäche der Opposition

Mit der Stärke der PiS korreliert die Schwäche der Opposition. Die liberalkonservative Bürgerkoalition KO hat ihre Auszeit in der Opposition nicht dazu genutzt, um sich neu aufzustellen und glaubhafte Alternativen zu formulieren. Auch der Versuch, mit Małgorzata Kidawa-Błońska noch im September eine neue Spitzenkandidatin zu inthronisieren und so Schwung in den Wahlkampf zu bringen, ist gescheitert.

Die spannende Frage wird nun sein, wie die PiS mit ihrer absoluten Mehrheit umgehen wird. Sie könnte versucht sein, den Staatsumbau in ihrem Sinne fortzusetzen. Das aber hieße, eine weitere Konfrontation mit der Europäischen Union, die Polen bereits mehrmals abgemahnt hat, in Kauf zu nehmen.

Doch wie auch immer sich die PiS entscheiden wird – es gibt auch eine gute Nachricht: Für eine Zweidrittelmehrheit, um die Verfassung komplett umzukrempeln, hat es auch diesmal nicht gereicht. Damit ist Kaczyński der Weg, den Viktor Orbán in Ungarn eingeschlagen hat, zumindest bis auf Weiteres versperrt.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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