Wahlen in Polen: Die Patrioten räumen ab
Die nationalkonservative PiS-Partei feiert einen großen Erfolg bei den Wahlen in Polen. Ihr Rezept: soziale Wohltaten und eine schwache Opposition.
A lle Achtung! Da hat Polens Regierungspartei für Recht und Gerechtigkeit (PiS) bei den Parlamentswahlen am Sonntag wieder einmal so richtig abgeräumt und mit über 45 Prozent der Stimmen ihr Ergebnis von vor vier Jahren noch übertroffen. Doch die Erklärung derjenigen, die diesen Erfolg vor allem den, ihrer Lesart nach, Dumpfbacken in den abgehängten Landesteilen zuschreiben, ist zu billig. Denn die Nationalkonservativen haben auch in den Städten und bei den ErstwählerInnen gepunktet.
Das Erfolgsrezept von Jarosław Kaczyński und seiner Getreuen ist so einfach wie logisch: Sie haben in den vergangen vier Jahren geliefert. Das gilt vor allem im sozialen Bereich, wo die Verteilung von Wohltaten, wie beispielsweise eine Ausweitung des Kindergeldes, die Situation vieler Familien spürbar verbessert hat.
Zudem hat es die Partei vermocht, ihr patriotisches Narrativ geschickt – und aller Kritik an Brüssel zum Trotz – mit einer Verortung im „Herzen Europas“ zu verknüpfen. Auch die Betonung der Verteidigung von Familie und christlichen Werten, die mit einer Dämonisierung vor allem sexueller Minderheiten einhergeht, hat offenbar Früchte getragen.
Das alles mögen kritische Geister verurteilen. Aber sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass es für die Mehrheit der PolInnen offensichtlich ein untergeordnete Rolle spielt, ob eine Regierungspartei versucht, die Medien gleichzuschalten oder Hand an die Grundfesten der Gewaltenteilung legt.
Schwäche der Opposition
Mit der Stärke der PiS korreliert die Schwäche der Opposition. Die liberalkonservative Bürgerkoalition KO hat ihre Auszeit in der Opposition nicht dazu genutzt, um sich neu aufzustellen und glaubhafte Alternativen zu formulieren. Auch der Versuch, mit Małgorzata Kidawa-Błońska noch im September eine neue Spitzenkandidatin zu inthronisieren und so Schwung in den Wahlkampf zu bringen, ist gescheitert.
Die spannende Frage wird nun sein, wie die PiS mit ihrer absoluten Mehrheit umgehen wird. Sie könnte versucht sein, den Staatsumbau in ihrem Sinne fortzusetzen. Das aber hieße, eine weitere Konfrontation mit der Europäischen Union, die Polen bereits mehrmals abgemahnt hat, in Kauf zu nehmen.
Doch wie auch immer sich die PiS entscheiden wird – es gibt auch eine gute Nachricht: Für eine Zweidrittelmehrheit, um die Verfassung komplett umzukrempeln, hat es auch diesmal nicht gereicht. Damit ist Kaczyński der Weg, den Viktor Orbán in Ungarn eingeschlagen hat, zumindest bis auf Weiteres versperrt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen