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Wahlen in MaliMit Nina zurück zur Normalität

Moctar Touré wurde von Islamisten verstümmelt. Jetzt darf er Malis neuen Präsidenten wählen. Ein neues Leben gibt es für ihn dennoch nicht.

Wahlplakate in Gao. Bild: ap

GAO/BAMAKO taz | Träge steht ein Esel vor dem hellgelben Gebäude der Banque de Developpement du Mali. Beste Lage in Gao. Die Bank liegt an der Hauptstraße der größten Stadt im Norden Malis. Doch niemand scheucht das Grautier fort. Die Bank ist seit mehr als einem Jahr verrammelt. Wann sie wieder öffnet, weiß niemand.

Stattdessen haben verschiedene Parteien sie zur Werbefläche für die Präsidentschaftswahl vom kommenden Sonntag umfunktioniert. Der bekannteste Kandidat Ibrahim Boubacar Keïta lacht dort, Modibo Sidibé ist zu sehen und auch Haïdara Aïchata Cissé, die einzige Frau gegen 26 Männer. In Gao könnte sie Stimmen holen, schließlich kommt sie aus dem Ort Bourem ganz in der Nähe.

In Gao haben sich die Kandidaten in den vergangenen zwei Wochen alle sprichwörtlich die Klinke in die Hand gegeben. Die besonders Bekannten auf dem Platz der Unabhängigkeit mitten in der Stadt, die unbekannteren auf kleineren Plätzen oder Innenhöfen. Moussa Mara füllte vergangenen Samstag nicht einmal den Garten des früheren Hotels Atlantide de Gao. Nur seine Anhänger, alle in Gelb gekleidet, kamen – aber keine Neugierigen.

Mali

Das Land: Auf der dreifachen Fläche Deutschlands leben knapp 16 Millionen Menschen. Die wüstenhafte Nordhälfte um Gao, Kidal und Timbuktu zählt weniger als 1,5 Millionen Einwohner.

Die Krise: Seit 1992 war Mali eine Musterdemokratie in Afrika. Anfang 2012 griffen Rebellen des Tuareg-Nomadenvolks, viele davon Veteranen des Libyen-Kriegs, im Norden des Landes an. In der Hauptstadt Bamako putschte im März 2012 unzufriedenes Militär, im Norden riefen die Tuareg ihren eigenen Staat „Azawad“ aus und wurden umgehend von Islamisten entmachtet. Im Januar 2013 zerschlug eine französische Militärintervention die Islamisten. (d.j.)

Moctar Touré hätte die Möglichkeit gehabt, ihn zu sehen. An jenem Morgen ist der 27-Jährige zu Fuß unterwegs. Ohne Ziel zieht er durch Gaos Straßen. Im vergangenen Jahr, als bewaffnete Gruppen den Norden Malis beherrschten, war er drei Monate lang von der islamistischen Bewegung für Einheit und Dschihad in Westafrika (Mujao) eingesperrt. Er setzt sich auf eine Holzbank im Schatten und erzählt.

Keine Musik, kein Tanz, kein Alkohol

„Jemand hatte mir Waffen von der Armee gegeben“, sagt Moctar Touré. Davon habe die Mujao Wind bekommen. Er wurde verhaftet, eingesperrt und bekam schließlich den rechten Arm abgehackt: Das Zeichen dafür, dass er ein Dieb sei. „Ich habe gefragt, warum sie das machen müssen. Es hieß nur: Das ist die Scharia.“ Moctar Touré spricht eintönig, fast emotionslos.

Unter den Islamisten war es verboten, Musik zu hören, zu tanzen, Alkohol zu trinken, sich zu amüsieren. Das ist längst wieder möglich. Überall in Gao gibt es Bier. Nur die Kühlung ist noch ein Problem, denn seit der Islamistenherrschaft gibt es kaum Strom, höchstens ein paar Stunden am Abend. Zum Kühlen werden Eisblöcke aus dem Nachbarland Niger geholt. All das lähmt die Wirtschaft.

Viele Malier hoffen, dass sich das jetzt ändert. Die Wahlen gelten als wichtiger Schritt zurück zur Demokratie. Denn Mali wurde letztes Jahr nicht nur von der Eroberung des Nordens durch Islamisten und Tuareg-Rebellen gelähmt, sondern auch vom Staatsstreich des 22. März 2012 in Bamako. Seitdem gibt es keinen demokratisch legitimierten Präsidenten mehr.

Schritt zur Demokratie: Ohne die „Nina“ genannte Karte darf niemand wählen. Bild: dpa

„Wir brauchen ganz dringend wieder einen richtigen Präsidenten, damit in Mali diese Übergangsphase beendet wird“, sagt Sangaré Nana Coulibaly, die in Bamako lebt. Stolz hält sie ihre „Nina“ (Numéro d’identification nationale) in die Luft. Ohne diese Karte mit biometrischen Daten darf niemand wählen. Die Mutter und Großmutter steckt ihre Karte wieder sorgsam in die Tasche. Alle Daten sind richtig, und das Foto stimmt auch.

1,9 Millionen Karten falsch gedruckt

Die Karte war immer wieder in der Kritik, niemand glaubte daran, dass es tatsächlich gelingen wird, die Ninas zu drucken und dann auch noch in ganz Mali zu verteilen. Wenige Tage vor der Wahl liegt die Quote der Kartenverteilung bei mehr als 80 Prozent. Doch die Freude wurde am Mittwoch wieder gedämpft. Auf einer Pressekonferenz der Wahlbeobachtermission der Afrikanischen Union (AU) heißt es nun: 1,9 Millionen Karten sollen falsch gedruckt worden sein. Welche Konsequenzen daraus gezogen werden, ist unklar.

Ziemlich deutlich ist schon jetzt, dass es in Mali mit den Wahlen keinen politischen Aufbruch geben wird. Die Kandidaten sind alte Bekannte: Parlamentspräsidenten, Premierminister, Minister aus früheren Zeiten. Viele hatten unter dem 2012 gestürzten Präsidenten Amadou Toumani Touré (ATT) gute Posten. Doch über ATT, der seit dem Staatsstreich im Senegal lebt, spricht niemand öffentlich. Sich auf ihn zu beziehen, würde die Chancen jedes Kandidaten in der ohnehin schon umkämpften Wahl eher schwächen.

Die besten Aussichten hat nach jetzigem Stand Ibrahim Boubacar Keïta, ein ehemaliger Premierminister und mehrfacher Wahlverlierer gegen ATT. Auf seinen Plakaten wirbt der 68-jährige „IBK“ mit der Parole „Mali ist unteilbar“ und spricht damit vielen Menschen aus der Seele. Gute Chancen haben auch Soumaïla Cissé und Modibo Sidibé. Eine Stichwahl am 11. August gilt als wahrscheinlich.

In Gao schüttelt Moctar Touré nur mit dem Kopf, als von den Wahlen die Rede ist. Für einen kurzen Moment wird seine Stimme ein bisschen energisch: „Ja, die Politiker waren hier. Aber seitdem die Mujao weg sind, hat von denen niemand etwas gemacht.“ Finanzielle Entschädigung für den verlorenen rechten Arm hat es bisher nicht gegeben. Dabei würde er gar nicht viel wollen. Ein bisschen Geld, für ein neues Leben und einen neuen Job. „Ich habe vorher immer gearbeitet“, sagt er und dreht den Kopf zum weißen Lkw auf der gegenüberliegenden Straßenseite. So einen ist der 27-Jährige früher auch gefahren. Als es die Mujao noch nicht gab, als Mali geeint und friedlich war.

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2 Kommentare

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  • T
    Theo

    > Unter den Islamisten war es verboten, Musik zu hören, zu tanzen, Alkohol zu trinken, sich zu amüsieren.

     

     

     

    man wundert sich immer wieder, weshalb der Großteil der deutschen Linken so scharf darauf ist, die Islamisten in Deutschland zu unterstützen. Warum sie mit ihnen zusammen demonstrieren, warum sie den Islamofaschismus fordern.

    • @Theo:

      Ich zähle mich auch zu den politisch eher Linken, aber mir liegt es fern eine gefährliche Ideologie wie den Islam zu hofieren!

       

       

       

      Auch unter den Linken gibt/gab es Klarsehende! Z.B. Marx ;-)

       

       

       

      Es muss eine Aufklärung bezüglich der Gefahr des Islams stattfinden, sonst haben wir bald ein riesen Problem..ähnlich wie Ägypten momentan.