piwik no script img

Wahlen in MalawiIm zweiten Anlauf

Die Präsidentschaftswahl 2019 wurde wegen Unregelmäßigkeiten annulliert. Jetzt wird sie wiederholt – in Zeiten des Coronavirus.

Schlangestehen in der Wintersonne: Wahltag in Malawi Foto: Thoko Chikondi AP

Lilongwe taz | Trotz winterlicher Kälte und der Ausbreitung des Coronavirus sind die Menschen in Malawi am Dienstag an die Wahlurnen geströmt, um einen neuen Präsidenten zu wählen.

Eigentlich hatten sie bereits am 21. Mai 2019 Amtsinhaber Peter Mutharika wiedergewählt, doch das oberste Gericht des Landes hatte diese Wahl am 3. Februar 2020 aufgrund von Unregelmäßigkeiten annulliert und neu angesetzt.

Die Wahlannullierung war in ganz Afrika als historisch begrüßt worden. Die Richter hatten bemängelt, dass einzelne Ergebnisprotokolle offensichtlich nachträglich mit Tipp-Ex verändert worden waren, und die gesamte Wahl für ungültig erklärt. Eine Neuwahl wurde angesetzt, deren Ergebnis innerhalb von 150 Tagen nach dem Urteil vorliegen solle.

So macht sich jetzt Oppositionsführer Lazarus Chakwera von der Malawi Congress Party (MCP) große Hoffnungen, Mutharika und seine Democratic Progressive Party (DPP) zu besiegen – 2019 hatte Mutharika 38,57 Prozent erhalten gegenüber 35,41 Prozent für Chakwera. Auf dem dritten Platz war der bisherige Vizepräsident Saulos Chilima vom United Transformation Movement (UTM) mit 20,24 Prozent gelandet.

Aktive Gerichtsbarkeit

Dass die Neuwahl überhaupt stattfindet, obwohl es Corona-Einschränkungen auch in Malawi gibt, ist ebenfalls auf ein Gerichtsurteil zurückzuführen. Nachdem das Verfassungsgericht im April einen Einspruch des amtierenden Präsidenten Mutharika gegen die Wahlannullierung zurückgewiesen hatte, setzte es in einer Reihe aufsehenerregender Urteile zunächst die Lockdownmaßnahmen des Präsidenten für eine gewisse Zeit außer Kraft und wies dann einen Antrag der Wahlkommission zurück, die Wahl zu verschieben.

Später wurde sogar noch der Wahltag vom ursprünglich geplanten 3. Juli auf den 23. Juni vorverlegt, damit das Ergebnis auch wirklich innerhalb der gesetzlichen 150 Tage nach Annullierung der ersten Wahl vorliegt.

Malawis Wahlkommission, auf die die Unregelmäßigkeiten beim Wahlgang von 2019 zurückzuführen sind, hatte vor Gericht vergeblich argumentiert, dass die Wahl nicht während der Covid-19-Pandemie stattfinden könne, und auf coronabedingte Wahlverschiebungen in Äthiopien und Südafrika als Präzedenzfälle verwiesen. Außerdem sei die landesweite Auslieferung von Wahlmaterialien sowie die fällige Aktualisierung der Wählerlisten nicht unter Lockdown-Bedingungen zu gewährleisten.

Die fünf Verfassungsrichter sagten jedoch, nur das Oberste Gericht könne eine solche Entscheidung treffen, und ordnete an, mit den Wahlvorbereitungen fortzufahren.

Der politische Analyst Li­simba Muyila kritisierte dies damals scharf: „Das ist die Sprache der Opposition. Sie ist so wild auf einen zweiten Versuch, die Präsidentschaft zu erobern, dass sie die Gefahren durch Covid-19 ignoriert. Die Gerichte machen sich zum Komplizen.“ Schon die Aussetzung des Lockdowns kurz zuvor sei eine populistische Entscheidung gewesen: „Ich hoffe, dass man dies und die Wahlen nicht später bereuen wird.“

Preisrutsch bei Grundnahrungsmittel

Malawi mit knapp 20 Millionen Einwohnern zählt aktuell 803 bestätigte Corona-Infektionsfälle und 11 Covid-19-Tote, mehr als die Nachbarländer Mosambik und Simbabwe.

Die Covid-19-Pandemie hat die ökonomische Lage des Landes verändert: Das Grundnahrungsmittel Mais ist deutlich billiger geworden, was zwar städtischen Verbrauchern nützt, nicht aber den Bauern auf dem Land.

Durchschnittlich werden momentan 160 Kwacha (0,19 Euro) pro Kilogramm Mais gezahlt, 40 Prozent weniger als vor drei Monaten und sogar weniger als der staatlich garantierte Mindestpreis von 200 Kwacha.

Der Grund: Großhändler halten sich wegen der Pandemie mit Einkäufen zurück und die Regierung hat noch keine Ankäufe zur Wiederauffüllung der strategischen Lebensmittelreserven getätigt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!