Wahlen in Griechenland: Klatsche für die Konservativen
Die Regierungspartei ND wird in Griechenland bei den Kommunal- und Regionalwahlen abgestraft – das Ende der Erfolgsserie des Premiers Mitsotakis.
Der Schock im Mitsotakis-Clan sitzt tief. Der 45-jährige Bakogiannis durfte schon früh als Berater seiner Mutter Dora Bakogianni fungieren, als diese noch Außenministerin war. Er wurde Bürgermeister im Heimatort seines Vaters, avancierte zum Chef der dortigen Regionalverwaltung und wurde 2019 Bürgermeister von Athen.
Doch nun ist der Spross der alten Politdynastie nach nur einer Amtsperiode in Athen abgewählt. Er musste sich dem Einsteiger Charis Doukas geschlagen geben, den in der Stichwahl neben der sozialdemokratischen Pasok auch die radikallinke Syriza unterstützte.
Das ND-Waterloo in Athen war nicht ihr einziges Debakel bei den Regional- und Kommunalwahlen. Die ND verlor in 5 der 13 griechischen Regionen. Neben Athen muss der amtierende ND-Bürgermeister der nordgriechischen Metropole Thessaloniki seinen Stuhl räumen, im westgriechischen Patras wurde ein Kommunist wiedergewählt.
Mitsotakis' „Dreizehn plus drei“ scheiterte
Dabei hatte Mitsotakis die Marschrichtung einprägsam vorgegeben: dreizehn plus drei. Alle 13 Regionen sowie die 3 großen Städte Athen, Thessaloniki und Patras sollten unbedingt von ND-Leuten regiert werden. Mitsotakis’ Ziel: Die Macht der nach dem Triumph bei den jüngsten Parlamentswahlen Ende Juni weiter alleine regierenden Konservativen zementieren. Die ND-Bilanz fiel deutlich bescheidener aus: statt dreizehn plus drei kam ein sieben plus null heraus.
Es ist auch eine persönliche Niederlage für Mitsotakis. Vor den Stichwahlen hatte er sich massiv für die ND-Kandidaten eingesetzt. Fast alle verloren, nur in der Region Peloponnes siegte ein ND-Mann. Dessen Mentor ist aber Ex-Premier Antonis Samaras, ein innerparteilicher Gegenpol zu Mitsotakis. Die Verluste am Sonntag stellen die erste Niederlage der ND unter Mitsotakis seit dem Frühjahr 2019 dar.
Die Regierung Mitsotakis weist in den ersten 100 Tagen ihrer neuerlichen Amtszeit eine desaströse Bilanz auf. Neben zwei Ministerrücktritten brachten heftige Waldbrände in halb Hellas und zwei weitläufige Überschwemmungen in Thessalien schwere Fehler und Versäumnisse zum Vorschein.
Ferner vergrätzten ND-Frontmänner wie Arbeitsminister Adonis Georgiadis viele Wähler. Unverhohlen machten sie vor der Stichwahl deutlich: Unter der Regierung in Athen könnten die von ihr bevorzugten Kandidaten besser die für Griechenland bereitgestellten EU-Gelder abrufen. Ihr unverfrorenes Motto: „Wählt bloß nicht die anderen, sonst kriegen eure Gemeinden und Regionen keine EU-Gelder!“ Viele Wähler werteten dies als schiere Erpressung – und straften die ND-Kandidaten ab.
Wer wählt noch in Griechenland? Nur knapp 40 Prozent.
Derweil sollten ob der Politikverdrossenheit im Land ganz grundsätzlich die Alarmglocken schrillen: Die Wahlbeteiligung brach am Sonntag auf ein historisches Tief ein: In den Gemeinden gaben gerade einmal 40 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab, auf Regionalebene nur 35 Prozent.
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