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Wahl in Zentralafrikanischer RepublikDonnergrollen vor der Hauptstadt

Kämpfe gefährden die Wahlen in der Zentralafrikanischen Republik. Milizen drohen, weil Exdiktator Bozizé von der Wahl ausgeschlossen ist.

Im Hintergrund: Präsident Touadéra. Vorne: zwei Leibwächter aus Ruanda (re.) und Russland (li.) Foto: Xinhua/picture alliance

Bangui taz | Marie Ngaba kann die Toten nicht mehr zählen. „Ich weiß nicht mehr, wie viele Angehörige ich verloren habe“, sagt die 34-jährige Frau in Bangui, Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik. Sie floh mit drei Kindern aus der Kleinstadt Obo im Osten des Landes, als sich dort Milizen bekämpften. „Hier in Bangui gibt es mehr Friedenstruppen, hier ist es sicherer“, sagt sie.

Nun wünscht sie sich eine Wiederwahl des Präsidenten Faustin-Archange Touadéra, der eine zweite Amtszeit anstrebt. „Der Präsident hat seine Sache gut gemacht. Aber die Kämpfe hindern ihn daran, uns aus der Armut zu holen.“

Ein Friedensabkommen zwischen der Regierung von Präsident Touadéra und zahlreichen bewaffneten Gruppen sollte im Jahr 2019 der Zentralafrikanischen Republik Frieden bringen, nach sieben Jahren Krieg. Bis heute beherrscht der Staat kaum mehr als die Hauptstadt, während Rebellen und Milizen den Großteil des Territoriums kontrollieren – Erben des Bürgerkriegs von 2012 bis 2014, als erst muslimische Rebellen die Macht ergriffen, dann von christlichen Milizen verjagt wurden und Zehntausende Menschen getötet wurden.

Kurz vor dem Wahltermin 27. Dezember gefährdet die schwerste politische Krise seit dem Abkommen von 2019 nicht nur die Wahl, sondern auch die Stabilität. Am vergangenen Wochenende wurde die Stadt Bossembélé, 150 Kilometer von Bangui entfernt, von Kämpfen erschüttert. In Mbaiki, 100 Kilometer südöstlich von Bangui, hinderten Berichten zufolge nur russische Soldaten die Armee an der Flucht von Rebellen. Landesweit hat Gewalt die Auslieferung der Wahlmaterialien erschwert.

Die Lage ist sehr ernst. Die ethnischen und religiösen Spaltungen sind sehr tief

Serge Abakar, Analyst

Grund für die neue Zuspitzung ist die Gründung der Rebellenallianz CPC (Koalition der Patrioten für den Wandel), die zumeist christliche bewaffnete Gruppen am vergangenen Wochenende aus der Taufe hoben. Die CPC unterstützt den 2013 von muslimischen Rebellen gestürzten ehemaligen Präsidenten Francois Bozizé. Der kehrte vor einem Jahr aus dem Exil nach Bangui zurück, um bei den Wahlen anzutreten. Doch am 3. Dezember schloss das Verfassungsgericht ihn von der Wahl aus.

Bozizé steht unter UN-Sanktionen wegen der Verbrechen der ihm treuen Milizen 2013–14 und wird mit internationalem Haftbefehl gesucht. Diese Milizen, damals „Anti-Balaka“ genannt, sind nun empört und haben sich zum Ziel gesetzt, die Wahlen zu verhindern.

Derzeit ist Bangui noch ruhig. Zusätzliche Kräfte sichern die Hauptstadt; laut Regierung hat Russland Truppen geschickt und auch Ruanda hat die Entsendung von Soldaten bekanntgegeben. Doch sollten die Bozizé-treuen Rebellen auf Bangui vorrücken, könnte die Lage eskalieren.

Die UN-Mission in der Zentralafrikanischen Republik (Minusca), die seit 2014 Bangui und die großen Städte des Landes sichert, ist in höchster Alarmbereitschaft. „Minusca ruft die Bevölkerung auf, in keine Panik zu verfallen und den nationalen Sicherheitskräften und Friedenstruppen die nötige Unterstützung zu geben“, hieß es in einer Erklärung. Minusca-Sprecher Vladimir Monteiro kritisierte Bozizé: „Die Aktivitäten des Expräsidenten und seine Kontakte zu bewaffneten Gruppen sind einer friedlichen Wahl wohl nicht förderlich. Aktionen zur Störung des Wahlprozesses werden nicht straflos bleiben.“

Bozizé-Unterstützer wie der junge Wähler Bryce Issa in Bangui sind nun dagegen, dass die Wahlen stattfinden. „Unser Führer ist disqualifiziert. Der Wahlprozess ist unfair, bevor er überhaupt begonnen hat. Ich werde nicht zur Wahl gehen“, sagt er.

Der politische Analyst Serge Abakar rechnet mit einer umstrittenen Wahl. Alle wichtigen Kandidaten sind politische Routiniers. Amtsinhaber Touadéra war unter Bozizé fünf Jahre lang Premierminister, von 2008 bis 2013. Zu seinen Gegnern gehören der langjährige Bozizé-Gegner Martin Ziguélé, Premierminister von 2001 bis 2003, und dessen Vorgänger Anicet-Georges Dologuélé, der bei Touadéras Wahlsieg 2016 gegen ihn verlor. Außerdem kandidiert die ehemalige Interimspräsidentin Catherine Samba-Panza, deren Amtszeit mit Touadéras Wahl zu Ende ging.

„Ein knapper Wahlausgang könnte zu Konflikten führen, vor allem wenn ein Kandidat findet, dass die Wahl nicht glaubwürdig ist“, so Abakar. „Dazu kommt die Aufregung wegen der Milizen, die sich gegen die Wahl stellen. Die Lage ist sehr ernst. Es ist damit zu rechnen, dass Rebellen die Wahlen stören. Die ethnischen und religiösen Spaltungen sind außerdem sehr tief.“

Touadéra hat in seinen fünf Jahren an der Macht wenig erreicht außer dem Friedensabkommen von 2019, das jetzt auseinanderfällt. Von den 4,7 Millionen Einwohnern leben 3,4 Millionen in absoluter Armut, 2,8 Millionen sind auf internationale Nothilfe angewiesen.

Am Montag rief der Präsident seine Landsleute auf, trotz der Bedrohungen zur Wahl zu gehen. „Nachdem wir wieder eine Verfassungsordnung haben, brauchen wir jetzt Demokratie. Leider ziehen manche Leute Gewalt vor.“

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