Wahl des gefährlichsten Finanzprodukts: Wer zockt am fiesesten ab?
Mit Lebensmitteln spekuliert? Unfreiwillig zum Aktionär geworden? Zum Wetten verführt? Was bei Geldanlagen alles so üblich ist.
BERLIN taz | Was sind die gefährlichsten Finanzprodukte in Europa? Dazu läuft eine online-Abstimmung bis zum 14. März. Acht Vorschläge stehen zur Auswahl – von der Aktienanleihe bis zum Uranabbau-Zertifikat.
Die acht Finanzprodukte fallen in unterschiedliche Kategorien. Manche nutzen die Ahnungslosigkeit oder Notlage der Anleger aus, andere schädigen Dritte oder drohen die Finanzmärkte zu destabilisieren. Der Wettbewerb wurde vom grünen Europaabgeordneten Sven Giegold und den Nichtregierungsorganisationen Share und Weed ausgelobt. In einer ersten Runde wurden mehr als hundert Vorschläge eingereicht, eine Jury hat die acht Kandidaten ausgesucht, die nun zur Abstimmung stehen.
Eine Mogelpackung ist zum Beispiel die Aktienanleihe, wie sie von der Deutschen Bank angeboten wird. Der Begriff „Anleihe“ suggeriert, dass es sich um ein Papier mit sicherer Verzinsung handelt. Was aber passieren kann: Steht die Aktie – es handelt sich um Daimler-Papiere – am Ende der Laufzeit unter einem bestimmten Wert, bekommt der Anleger statt seines Geldes Daimler-Aktien und wird damit unfreiwillig zum Aktionär.
Die Unwissenheit vieler Bankkunden wurde auch bei den Fremdwährungskrediten mit Endfälligkeit ausgenutzt. Diese Kredite waren vor allem in Osteuropa populär. Zunächst klang die Idee gut: So nahmen viele Ungarn ihre Hauskredite in Euro auf, weil die Zinsen im Euroraum deutlich niedriger lagen als in Ungarn. Diese Kredite zahlten sie nicht sukzessive ab, sondern das Darlehen wurde erst am Ende als Gesamtsumme fällig. Bis dahin wurden die Tilgungsraten in sogenannten Tilgungsträgern angespart – in der Hoffnung, mit diesen Fonds noch eine zusätzliche Rendite zu erwirtschaften.
Wie jedoch viele Ungarn in der Finanzkrise ab 2008 feststellen mussten, waren sie damit ein doppeltes Risiko eingegangen: Ihr heimischer Forint stürzte gegen den Euro ab, so dass sie viel mehr Geld zurückzahlen mussten, als sie aufgenommen hatten – und die erhofften Renditen bei den „Tilgungsträgern“ erwiesen sich ebenfalls als Luftbuchung.
Die Notlage der Bankkunden nutzen Institute auch mit revolvierenden Kreditkarten aus, die überhöhte Zinsen fordern. Ein anderes zweifelhaftes Instrument sind Kreditderivate, mit denen sich auf den Kurs der Staatsanleihen von Schwellenländern spekulieren lässt – was die Zinsbelastung für diese Staaten nach oben treiben kann.
Die Abstimmung soll nicht folgenlos bleiben: Das dort ermittelte „gefährlichste Finanzprodukt“ wird der europäischen Aufsichtsbehörde Esma präsentiert.
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