Wahl beim Norddeutschen Rundfunk: Intendantenstadl
Beim NDR soll eine neue Intendanz gewählt werden. Eine Außenseiterin war ganz vorne mit im Rennen dabei. Dann reichte es doch nicht.

A ch Menno, da lief eben beim Bayerischen Rundfunk noch alles rund, doch dann knirscht es beim großen Bruder im Norden. Während beim BR die Wiederwahl von Intendantin Katja Wildermuth wie geplant durchflutschte, wurde es mit Sandra Harzer-Kux beim Norddeutschen Rundfunk nix.
Der Vorschlag, die Bertelsmann-Managerin zur neuen Intendantin zu wählen, kam am vergangenen Freitag im Rundfunkrat nicht durch. Sie war zwar die einzige Kandidatin, weil die ziemlich gestrigen NDR-Regeln vorschreiben, dass der Verwaltungsrat dem Rundfunkrat nur eine Person ans Herz legen darf. Das heißt aber noch lange nicht, dass es dann passt. Harzer-Kux riss die Zweidrittelhürde, die bei der Nordanstalt für die Wahl zur Intendant*in gilt.
Anders als die Verlängerung von Wildermuth wäre die „Wahl“ der 52-jährigen Harzer-Kux eine milde Sensation zum 75. Geburtstag der ARD gewesen. Sie wäre die erste von außen gewesen, ganz ohne ÖRR-Laufbahn. Es hat aber nicht sollen sein. In anderen Länder wie Großbritannien ist es gang und gäbe, dass BBC-Chefs zuvor im anspruchsvollem Privatfernsehen Geld verdienen. Bei uns gibt es Peter Limbourg, der mal beim privaten Nachrichtenkanal N24 und Sat.1 wichtig war und heute immerhin die Deutsche Welle leitet.
Menschen von außen nicht erwünscht
Zwar ist der Intendantenstadl bei ARD und ZDF längst nicht mehr so politisiert und dünkelhaft unterwegs wie noch vor wenigen Jahren. Doch mit Menschen wie Harzer-Kux von außen fremdelt das System bis heute. Sie soll bei ihrem „Vorsingen“ im Rundfunkrat nicht supersouverän gewesen sein. Dass danach auch keine Fragen erlaubt waren, wo sich das ein oder andere vielleicht noch hätte klären lassen, ist ähnlich verstaubt-absurd wie die Friss-oder-stirb-Regel.
Sie selbst reagierte souverän. „Es war mir eine Ehre“, schrieb Harzer-Kux bei LinkedIn. „Ich habe den Auswahlprozess als fordernd, professionell und wertschätzend empfunden. Bei der […] Wahl am Freitag konnte ich zwar die Mehrheit gewinnen, aber vier Stimmen fehlten für die erforderliche Zweidrittelmehrheit. So kann es gehen bei Wahlen.“
Der Verwaltungsrat kann nun einen neuen Personalvorschlag ausrufen. Recycling-Vorschläge wie bei anderen Anstalten, wo gewählt wird, bis die Ärzt*in kommt und im siebten Wahlgang die einfache Mehrheit reicht, sind beim NDR nicht drin.
Doch die Verwaltungsrät*innen täten gut daran, die Füße stillzuhalten. Schlagen sie binnen vier Wochen nach dem ersten Durchgang niemand Neues vor, übernimmt der Rundfunkrat das Verfahren. Der könnte den Job neu ausschreiben und mehrere Kandidat*innen ins Rennen schicken.
„Man kann sich auch bei mir melden, ich führe das Assessment-Center mit Rollenspielen und Gruppen-Talk-Shows in der ARD durch!“, sagt die Mitbewohnerin. Womit aus der „Wahl“ dann eine Wahl würde. Bei der alle hochwillkommen sind, natürlich auch Menschen von außen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Vom Beschweigen zur Zustimmung
Es braucht eine emanzipatorische Kritik am Islamismus
Philosoph über Wege aus der Klimakrise
„Wir können kein weiteres Wachstum dulden“
Koalition aus Union und SPD
Vorwärts in die Vergangenheit
+++ Nachrichten im Nahostkrieg +++
Israel hat Krankenhaus in Gaza-Stadt angegriffen
Internationale Strafverfolgung
Ein Schlag gegen das Völkerrecht
Solarenergie wächst exponentiell
Das Zeitalter der Sonne wird keiner mehr stoppen