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Wahl beim Norddeutschen RundfunkIntendantenstadl

Beim NDR soll eine neue Intendanz gewählt werden. Eine Außenseiterin war ganz vorne mit im Rennen dabei. Dann reichte es doch nicht.

Jetzt erst mal die Füße still halten: Die Intendantenwahl beim NDR ist vorerst gescheitert Foto: Marcus Brandt/dpa

A ch Menno, da lief eben beim Bayerischen Rundfunk noch alles rund, doch dann knirscht es beim großen Bruder im Norden. Während beim BR die Wiederwahl von Intendantin Katja Wildermuth wie geplant durchflutschte, wurde es mit Sandra Harzer-Kux beim Norddeutschen Rundfunk nix.

Der Vorschlag, die Bertelsmann-Managerin zur neuen Intendantin zu wählen, kam am vergangenen Freitag im Rundfunkrat nicht durch. Sie war zwar die einzige Kandidatin, weil die ziemlich gestrigen NDR-Regeln vorschreiben, dass der Verwaltungsrat dem Rundfunkrat nur eine Person ans Herz legen darf. Das heißt aber noch lange nicht, dass es dann passt. Harzer-Kux riss die Zweidrittelhürde, die bei der Nordanstalt für die Wahl zur In­ten­dan­t*in gilt.

Anders als die Verlängerung von Wildermuth wäre die „Wahl“ der 52-jährigen Harzer-Kux eine milde Sensation zum 75. Geburtstag der ARD gewesen. Sie wäre die erste von außen gewesen, ganz ohne ÖRR-Laufbahn. Es hat aber nicht sollen sein. In anderen Länder wie Großbritannien ist es gang und gäbe, dass BBC-Chefs zuvor im anspruchsvollem Privatfernsehen Geld verdienen. Bei uns gibt es Peter Limbourg, der mal beim privaten Nachrichtenkanal N24 und Sat.1 wichtig war und heute immerhin die Deutsche Welle leitet.

Menschen von außen nicht erwünscht

Zwar ist der Intendantenstadl bei ARD und ZDF längst nicht mehr so politisiert und dünkelhaft unterwegs wie noch vor wenigen Jahren. Doch mit Menschen wie Harzer-Kux von außen fremdelt das System bis heute. Sie soll bei ihrem „Vorsingen“ im Rundfunkrat nicht supersouverän gewesen sein. Dass danach auch keine Fragen erlaubt waren, wo sich das ein oder andere vielleicht noch hätte klären lassen, ist ähnlich verstaubt-absurd wie die Friss-oder-stirb-Regel.

Sie selbst reagierte souverän. „Es war mir eine Ehre“, schrieb Harzer-Kux bei ­LinkedIn. „Ich habe den Auswahlprozess als fordernd, professionell und wertschätzend empfunden. Bei der […] Wahl am Freitag konnte ich zwar die Mehrheit gewinnen, aber vier Stimmen fehlten für die erforderliche Zweidrittelmehrheit. So kann es gehen bei Wahlen.“

Der Verwaltungsrat kann nun einen neuen Personalvorschlag ausrufen. Recycling-Vorschläge wie bei anderen Anstalten, wo gewählt wird, bis die Ärz­t*in kommt und im siebten Wahlgang die einfache Mehrheit reicht, sind beim NDR nicht drin.

Doch die Ver­wal­tungs­rä­t*in­nen täten gut daran, die Füße stillzuhalten. Schlagen sie binnen vier Wochen nach dem ersten Durchgang niemand Neu­es vor, übernimmt der Rundfunkrat das Verfahren. Der könnte den Job neu ausschreiben und mehrere Kan­di­da­t*in­nen ins Rennen schicken.

„Man kann sich auch bei mir melden, ich führe das Assessment-Center mit Rollenspielen und Gruppen-Talk-Shows in der ARD durch!“, sagt die Mitbewohnerin. Womit aus der „Wahl“ dann eine Wahl würde. Bei der alle hochwillkommen sind, natürlich auch Menschen von außen.

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Steffen Grimberg
Medienjournalist
2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"
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1 Kommentar

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  • Abgesehen von dieser Spitzenpersonalie sollte der tolle NDR sich auch am um ihre "freien" Mitarbeiterinnen kümmern und nicht mit teuersten Anwälten rausklagen (nach >30 Jahren als Alleinarbeitgeber) und in die Altersarmut stürzen.



    Das ist Betrug (keine Sozialabgaben) und zutiefst unethisch. Aber who cares.



    (So geschehen 2024 in HH. Stichwort Jazz.)