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Waffenexporte in die TürkeiAktivisten blockieren Rheinmetall

Die Aktionsgruppe SIGMAR riegelt für mehrere Stunden die Konzernzufahrt ab. Sie protestiert gegen die Lieferung von Leopard-Panzern in die Türkei.

Auch beim Ostermarsch in Frankfurt am Main protestierten Demonstranten gegen die Leopard-Panzer Foto: dpa

Unterlüß taz | Aus Protest gegen deutsche Waffenexporte in die Türkei haben Aktivisten am Dienstag für mehrere Stunden die Zufahrt zur Waffenschmiede der Firma Rheinmetall im niedersächsischen Unterlüß blockiert. Am frühen Morgen errichteten sie auf der Zufahrtstraße ein etwa fünf Meter hohes Metallstativ, auf das zwei junge Leute kletterten. Auf Transparenten der Demonstranten stand „Rheinmetall blockieren! Solidarität mit Afrin!“ und „Waffenexporte stoppen“. Am Mittag beendete die Gruppe ihre Aktion freiwillig, wie ein Sprecher der taz mitteilte. Die Polizei nahm die Personalien von drei Demonstranten auf. Sie müssen nun mit Anzeigen wegen Nötigung und Hausfriedensbruch rechnen.

Die Aktionsgruppe nennt sich SIGMAR. Das Kürzel steht für „Solidarische Interventionen gegen menschenrechtswidrige Angriffskriege und Rüstungsexporte“. Es ist aber auch eine Anspielung auf den vormaligen Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD), der wegen seiner laxen Rüstungsexportpolitik auch gegenüber der Türkei in der Kritik stand.

Die Aktion sei Teil einer breiten Welle von Protesten gegen den deutschen Waffenhersteller Rheinmetall, sagte eine SIGMAR-Aktivistin. Neu entzündet habe sich die Widerstandsbewegung ander Unterstützung des türkischen Angriffskriegs auf die kurdische Enklave Afrin in Nordsyrien Anfang des Jahres. „Panzer ‚Made in Germany‘ haben den Weg für die Zerstörung und Besatzung von Afrin geebnet“, so die 28-Jährige.

Tatsächlich ist das Schutzsystem für Panzer, das Rheinmetall in seinem Testzentrum in Unterlüß erprobt, genau die Technik, die das türkische Militär dringend für seine in Deutschland gekauften Leopard-Panzer haben will. Bei den Kämpfen in Syrien verloren die Türken bereits rund zehn Leopard-Modelle durch Panzerfaust- oder Raketenbeschuss. Als ungeschützt gelten diese Panzer vor allem im Häuserkampf, wenn nicht auf die dick gepanzerte Front, sondern von der Seite oder gar von oben auf sie angelegt wird. Für etwa 100 Leopard-Panzer möchte die Türkei gern Schutzsysteme von Rheinmetall bestellen.

Bereits am Montagabend demonstrierten gut 250 Menschen, darunter viele kurdische Aktivisten, in Berlin unter dem Motto Rheinmetall raus! gegen den Waffenhersteller

In Berlin fand ebenfalls am Dienstag die Jahreshauptversammlung der Rheinmetall AG statt. Bereits am Montagabend demonstrierten gut 250 Menschen, darunter viele kurdische AktivistInnen, in Berlin unter dem Motto „Rheinmetall raus!“ gegen den Waffenhersteller. Der Zug lief ohne Zwischenfälle vom Brandenburger Tor bis kurz vor den Tagungsort der Hauptversammlung im Maritim-Hotel in der Stauffenbergstraße. Am Dienstagmorgen fand unter Beteiligung der Bundesvorsitzenden der Linkspartei, Katja Kipping und Bernd Riexinger, vor dem Eingang des Hotels eine Kundgebung mit etwa 70 TeilnehmerInnen gegen Rheinmetall statt. Die Initiative „Legt den Leo an die Kette“ kündigte unter anderem an, das es dem Unternehmen „Schmähpreis“ verleihen werde.

Rheinmetall mit Hauptsitz in Düsseldorf ist ein Automobilzulieferer und Rüstungskonzern, der insgesamt fast 24.000 Mitarbeiter beschäftigt. Im Geschäftsjahr 2017 erwirtschaftete das Unternehmen einen Umsatz von knapp sechs Milliarden Euro, die Hälfte davon in der Rüstungssparte.

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1 Kommentar

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  • Augenscheinlich ist den Aktivisten nicht klar, dass es nicht Rheinmetall sondern die Bundeswehr war, die der türkischen Armee ihre Leopard-Panzer aus überzähligen Altbeständen verkauft hat. Bei Herrn Paul wirkt es dagegen eher so, als wisse er das sehr wohl, erwähnt es nur lieber nicht und erzählt stattdessen von der völlig unausgegorenen Räuberpistole mit den Nachrüstungen (die die Türkei eben NICHT bekommt).

     

    Nebel des Krieges...