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Waffen mit künstlicher Intelligenz26 Staaten für Killerroboter-Verbot

UNO-Staaten beraten, ob die Entwicklung autonomer tödlicher Waffen verhindert werden soll. Deutschland hält Unverbindliches für ausreichend.

Krieg der Zukunft? Drohne von Typ MQ-1 Predator der US Air Force Foto: dpa

Genf taz | Soll die Entwicklung autonomer tödlicher Waffensysteme (AWS) international verboten werden? Über diese Frage beraten die 125 Vertragsstaaten des „UNO-Übereinkommens über besondere konventionelle Waffen“ (CCW) seit Mittwoch in Genf.

Dabei geht es um Killerroboter, unbemannte Drohnen oder U-Boote – also jene Waffen, die ihre Ziele selbstständig bestimmen, erkennen, verfolgen, töten und zerstören, ohne dass Menschen dabei noch irgendeinen Einfluss nehmen können. Zumindest in den USA, Israel, Frankreich, Großbritannien, Russland, China und Südkorea arbeiten Spezialisten für Künstliche Intelligenz (KI) im Regierungsauftrag bereits an der Entwicklung solcher Killerroboter.

Experten schätzen, dass sie in spätestens 20 Jahren bereit für den Kriegseinsatz sein könnten. Diese „autonomen“ Waffen gehen technisch einen Schritt weiter als bestehende „automatische“ Systeme wie etwa die Patriot-Raketen oder bewaffnete unbemannte Drohnen: Letztere schießen zwar automatisch, wenn sie ein feindliches Ziel erkennen. Aber die Zieldaten müssen zuvor von Menschen einprogrammiert werden. Bereits seit vier Jahren diskutieren Rüstungskontroll-ExpertInnen, DiplomatInnen und VölkerrechtlerInnen darüber, welche Folgen der Einsatz von AWS in künftigen Kriegen haben könnten.

Gegner dieser Waffen sagen: Die Entscheidung über die Tötung von Menschen oder die Zerstörung überlebenswichtiger Infrastruktur dürfe aus ethischen und völkerrechtlichen Gründen niemals Maschinen, Computern und Algorithmen überlassen werden. Nur Menschen dürften darüber entscheiden – und können für ihr Handeln dann auch zur Rechenschaft gezogen werden.

UNO-Konvention über bestimmte konventionelle Waffen

Die „UNO-Konvention über bestimmte konventionelle Waffen“, deren 125 Vertragsstaaten jetzt in Genf beraten, ist eine Rahmenvereinbarung. Ihr Ziel: Das „Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes solcher konventioneller Waffen, die übermäßige Leiden verursachen oder unterschiedslos gegen Soldaten und gegen Zivilisten wirken können“. Inzwischen haben die Staaten fünf Zusatzprotokolle beschlossen: zu blindmachenden Laserwaffen, Landminen, nicht entdeckbaren Splittern, Brandwaffen sowie zur Beseitigung von explosiven Kriegsmunitionsrückständen. Außerhalb des UNO-Rahmens wurden zwei Abkommen zum Verbot von Antipersonenminen und von Streumunition vereinbart. All diese sieben Verträge kamen erst zustande, nachdem die jeweiligen Waffen eingesetzt wurden – mit verheerenden Folgen für die Zivilbevölkerung und viele Soldaten. In manchen Fällen hatten selbst an der Entwicklung beteiligte Forscher vor den Waffen gewarnt – stets vergeblich. (azu)

Mehr Kollateralschäden befürchtet

Rüstungsexperten fürchten zudem, dass es mit AWS in künftigen Kriegen noch häufiger zu sogenannten Kollateralschäden kommt. Diese Waffen können nicht verlässlich zwischen „legitimen“ militärischen und verbotenen zivilen Zielen unterscheiden.

Die am Mittwoch eröffnete Jahrestagung der CCW soll nun entscheiden, ob formale Verhandlungen darüber aufgenommen werden sollen, AWS zu verbieten – oder zumindest Regelungen zu ihrer Einschränkung zu formulieren. Bislang fordern 26 Staaten ein völkerrechtlich verbindliches Abkommen zum Verbot von Entwicklung, Produktion, Besitz, Weitergabe und Einsatz von AWS. Eine internationale Kampagne – Campaign to Stop Killer Robots – unterstützt die Verbotsforderung. Über 2.000 ForscherInnen und WissenschaftlerInnen aus aller Welt, die auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz arbeiten, haben sich ihr angeschlossen. Sie lehnen es ab, sich an der Entwicklung dieser Waffensysteme zu beteiligen.

Doch Deutschland, Frankreich und andere EU-Staaten halten eine rechtlich unverbindliche Absichtserklärung für ausreichend, wonach „Waffensysteme immer unter menschlicher Kontrolle bleiben müssen“.

Im Koalitionsvertrag hatte die Bundesregierung noch den Einsatz für ein völkerrechtlich verbindliches Verbotsabkommen versprochen. Die USA, Israel, Großbritannien, Russland,China und Südkorea lehnen jegliche Form einer internationalen Vereinbarung über Killerroboter ab.

Da die Vertragsstaaten der CCW-Konvention Entscheidungen nur im Konsens treffen können, dürfte bei der Genfer Konferenz im besten Fall eine Absichtserklärung herauskommen, auch nächstes Jahr weiter nur unverbindlich über das Thema zu „diskutieren“.

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8 Kommentare

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  • Ich empfinde es als schleichende ideologische Unterwanderung, dass Konfliktlösung nur noch in militärischen Kategorien gedacht wird und damit offensichtlich auch den aufgeklärten Teil der Bevölkerung beständig infiziert. Jetzt wird schon unterschieden zwischen "guten" und "bösen" Tötungsmethoden. Natürlich werden sogen. autonome Waffen noch einmal ganz neue Aspekte hervorrufen. Was sich nicht ändert ist die Barbarei eines bewaffneten Konfliktes. Was sich leider verschärft ist die Zunahme aggressiven Denkens und der damit verbundenen Militarisierung der Politik und der begleitenden Propagierung von Feindbildern.

  • Waffensystem müssen immer unter menschlicher Kontrolle bleiben? Was dann mit Panzerminen und Schützenminen?

  • die politische & wirtschaftliche intelligenz will schlachtfelder der künstlichen intelligenz zuweisen ...

    den hegemonen dieser welt werden zukünftig fantastische zeiten bevorstehen.

  • Es ist schon ein echter Jammer auch in unserer Bundesrepublik hapert es mit der künstlichen Intelligenz, die doch eigentlich zunächst einmal die menschlichen individuellen kreativen und schöpferischen Fähigkeiten voraussetzen sollte.

    Besonders für die Weiterentwicklung einer gewaltfreien christlichen und sozialen Demokratie erscheint es doch wohl sinnvoll zum Wohle der Allgemeinheit, die in jedem von uns ruhenden natürlichen Vorkommen unserer menschlichen Intelligenz durch einen grundlegendenden Wandel in unserem Verständnis von Bildung, im Zeitalter des Internet Lexikon an das bildungspolitische Tageslicht zu befördern.

    Bevor uns noch die letzten guten Geister für immer verlassen, können wir doch noch einen letzten lokalen, nationalen gesamteuropäischen Versuch starten und den Begriff der "Pioniere" in die Suchmaschinen eingeben. Sind sie es doch auch die geistigen Pioniere, die in früheren Zeiten unsere gesellschaftlichen und politischen Vorbilder waren.

    Stephen Hawking war auch nichts weiter als ein wissenschaftlicher und geistiger Pionier. In seinem letzten Interview mit der BBC sagte er sinngemäß, dass die Menschheit sich an dem gefährlichsten Punkt ihrer menschlichen Entwicklung befindet.

    Eigentlich Anlass genug nicht jeden Geist der künstlichen Intelligenz aus der Flasche zu lassen und uns auf das zu besinnen was wir eigentlich als Menschen sein wollen.

    Es steht uns doch frei zum Beispiel vom Bund geförderte und finanzierte Ideologie freie "Europäische Pionier Schulen" auch in der Bundesrepublik zu gründen um dem, um sich greifenden ausufernden Wahnsinn der bildungs- und sozialpolitischen Verantwortungslosigkeit zu stoppen.

    Eine letzte Chance um somit auch der nicht mehr wirklich mit klarem Verstand noch irgendwie nachvollziehbaren demokratisch verwirrten Gedankenlosigkeit in unserem Parlament ein für alle mal klare Grenzen zum Beispiel durch die Kontrolle einer zweiten parlamentarischen Kammer wie eines Bundes Bürgerinnen und Bürger Senat zu setzen.

  • Na Hauptsache, dass tötungswütige amerikanische Drohnenlenker am Joystick weiterhin Menschen töten dürfen. Siehe z.B. de.wikipedia.org/w...3_Tod_aus_der_Luft



    Findet es eigentlich keiner pervers, dass hier über Arten von legalem ("guten"?) Mord und weniger gutem Mord geredet wird?

    • 8G
      83191 (Profil gelöscht)
      @Jalella:

      Das Problem ist leider ein anderes als die reine Ermordung von Menschen durch Menschen.

      Wenn wir einen Algorithmus erschaffen der Menschen töten soll und diesen in ein Waffensystem einspeisen das Hunderte bis Tausende autonome Drohnen steuert.. Und dann die Programmierung nicht so funktioniert wie sie ursprünglich erwartet wurde, haben wir ein globales existenzielles Problem.

      Gleiches gilt bei der Erschaffung einer starken Künstlichen Intelligenz. Man sagt gerne: Hier haben wir nur einen Versuch .. geht der schief, werden wir das Problem dank Internet nie wieder komplett los.

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Das Problem ist das niemand abschätzen kann wie sich die Technologie entwickelt insbesondere Schwärme von Robotern die angreifen wären eigentlich nur mit Robotern zu countern, es ist nicht wie bei ABC Waffen wo man auf den Einsatz verzichten kann der Vergleich hier wäre eher Sturmgewehre, Flugzeuge oder Panzer und auf keines davon kann eine moderne Armee wirklich verzichten. Es ist ein nobles Unterfangen, aber ich glaube es ist wahrscheinlicher das Deutschland wieder ABC Waffen produziert als das es zu einem Verbot von Killer-robotern kommt. Noble Idee aber Zeitverschwendung.

  • weg mit all dem tötungszeugs! rüstungsbudenkonversion zu friedenstechnik! keine christen oder christinnen mehr als smarte kriegsdamen -und herren.

    friede auf erden. aber flott!