Währungsreform in Kuba: Kuba schafft doppelten Peso ab
Mit der Abschaffung seiner doppelten Währung will der Inselstaat die Binnenökonomie ankurbeln. Experten fordern weitere Neuerungen.
Lange war unter kubanischen Experten über einen Wechselkurs von 5, 7 oder 9 Peso nacional pro US-Dollar diskutiert worden. Nun lautet das Austauschverhältnis 24:1. De facto eine historische Abwertung, schließlich lautete der Wechselkurs für Kubas Staatsunternehmen 1 Peso pro Dollar. Doch das hatte die Inselökonomie lange Jahre gehemmt, die Produktion sinken, die Exporte einbrechen lassen und Importe begünstigt. Das wird ab dem 1. Januar enden.
Doch die Architekten der Währungsreform um den obersten Reformverantwortlichen der Insel, Marino Murillo, haben Leitplanken gesetzt. Sie versuchen, die Währungsreform zu regulieren. Dazu gehört eine Übergangsfrist für die oft ineffizient operierenden staatlichen Unternehmen, aber auch Höchstpreise für wichtige Produkte und ein neues Lohnmodell. Das soll die Währungsreform abfedern, die viele Unternehmen in die roten Zahlen treiben wird.
Das Grundproblem sei, so Murillo, die exorbitant hohen Subventionen herunterzufahren und die Einnahmen neu und gerecht zu verteilen. Dabei gilt fortan auch für die Unternehmen der neue Wechselkurs von 1 zu 24, der für die Privatpersonen seit Jahren gilt. Nun müssen sie mit steigenden Preisen für viele Produkte rechnen.
Neues Lohnsystem begleitet Reform
Doch nur in einer bestimmten Marge, und die haben die Architekten der Reform für etliche Produkte minutiös vorgegeben und ihnen auch die Löhne angepasst. Pavel Vidal hält das für sinnvoll, für ihn hat das neue Lohnsystem Hand und Fuß. Doch vieles hängt davon ab, wie schnell die Umstellung greift und ob sich Angebot und Nachfrage einpendeln. Das ist derzeit in Havanna oft nicht der Fall, so Omar Everleny Pérez, freier Analyst und ehemaliger Direktor des Studienzentrums der kubanischen Ökonomie (CEEC).
„Heute Morgen habe ich auf den Märkten kaum Gemüse gesehen. Das Angebot an Agrarprodukten ist rar, obwohl die Anbauflächen erweitert werden. Doch das dauert“, so der Ökonom. Ein knappes Angebot kann aber das von den Reformarchitekten vorgegebene Preiskorsett zum Platzen bringen. Eine steigende Inflation ist daher für viele Analysten das größte Risiko für die historische Währungsreform.
Anders als andere Volkswirtschaften kann Kuba nämlich kaum Angebotsdefizite durch Importe aus dem Ausland kompensieren. Dafür fehlt Havanna das Geld: abfedernde Kredite von internationalen Finanzinstituten stehen nicht zur Verfügung. Dass die Währungsreform mitten in der Pandemie erfolgt, zeugt von Mut, aber auch von mangelnden Alternativen.
Die Abhängigkeit von Importen soll gesenkt, die Binnenökonomie angekurbelt werden, denn der Tourismus sowie der Export von Agrarprodukten und medizinischen Dienstleistungen sorgen derzeit für zu wenig Devisen. Deshalb sollten der Währungsreform, 2011 zum ersten Mal angekündigt, weitere folgen, so die beiden Ökonomen Pérez und Vidal. Dabei denken sie vor allem an die im Juli von Wirtschaftsminister Alejandro Gil angekündigten Reformen für kleine und mittlere Betriebe sowie Genossenschaften.
Die lassen auf sich warten. Zum einen hat die Regierung in Havanna alle Hände voll zu tun, um bei laufender Tourismussaison die Pandemie unter Kontrolle zu halte. Hinzu kommt der chronische Mangel an Devisen, der durch die harten Sanktionen der USA verstärkt, sich mittlerweile auch im Fehlen von Medikamenten auf der Insel bemerkbar macht.
Folgerichtig hat die Regierung in Havanna noch einmal um Investitionen geworben und dabei auch explizit Mehrheitsbeteiligungen in Gemeinschaftsunternehmen angeboten. In den letzten Monaten wurden die ersten Exporte von Früchten sowie Importe von Produktionsmitteln von Kleinbauern und Genossenschaften erfolgreich abgewickelt. Dieser Schritt zeigt, in welche Richtung es gehen könnte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Ende der scheinheiligen Zeit
Hilfe, es weihnachtete zu sehr
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten