piwik no script img

WOLFGANG CLEMENT IN BERLIN WÄRE EIN GLÜCKSFALL FÜR ROT-GRÜN IN NRWVom Politcholeriker zum Türöffner

Die Berufung von Wolfgang Clement als „Superminister“ nach Berlin wäre ein Glücksfall – für Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen. Denn als Chef einer Koalitionsregierung war Clement von Anfang an eine Fehlbesetzung. Vor allem seiner Unbeherrschtheit und seinem Hang zur Kraftmeierei ist es geschuldet, dass das Bündnis von SPD und Grünen in NRW bis heute nicht als Erfolgsmodell wahrgenommen wird.

Ist der SPD-Parteivize erst einmal von einer Idee überzeugt, prescht er vor. Rücksicht auf den richtigen Zeitpunkt oder auf den kleinen Koalitionspartner kennt er dabei nicht. Das hat ihm zwar einerseits das Image des Machers und Modernisierers eingebracht, aber auch eine Menge Flops und Koalitionskrisen. Dass Rot-Grün bis heute in Düsseldorf hält, ist alleine der unerschöpflichen Leidensfähigkeit der Grünen zu verdanken.

Trotzdem wäre er als „Superminister“ in Schröders Kabinett nicht unbedingt der Falsche. Seine guten Kontakte zur Wirtschaft als auch zu den Gewerkschaften könnten für Rot-Grün ebenso nützlich sein wie sein gutes Verhältnis zur bayrischen Staatsregierung. Seine Funktion wäre die des Anstoßgebers und Türöffners – nicht mehr des Politcholerikers. Denn in Berlin stehen die Zeichen anders: Clement wäre in die Kabinettsdisziplin eingebunden. Grüne-Quälen ist da – zumindest zurzeit – nicht angesagt. Dass er sich daran halten kann, hat er als Landesminister unter Rau bewiesen. Und anscheinend übt Clement auch bereits: Schon jetzt reiben sich nicht wenige Spitzengrüne verwundert die Augen, wie kooperativ der Politmanager in den Koalitionsverhandlungen auftritt.

In Nordrhein-Westfalen haben den Sozialdemokraten Clements Muskelspiele nicht viel eingebracht: Mit 43 Prozent für die SPD war die Ausbeute bei der Bundestagswahl in ihrem Kernland nicht gerade berauschend. Von daher dürfte die Angst einiger Genossen, die Landespartei könne den Weggang Clements nicht verkraften, unbegründet sein. Im Gegenteil: Zumindest in NRW böte sein Weggang die Chance für einen Neuanfang.

PASCAL BEUCKER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen