Votum zu Flughafenbau in Frankreich: Besetzer akzeptieren „Oui“ nicht
Bei einem Referendum stimmten rund 55 Prozent der Befragten für das Projekt. Die Besetzer des Baugeländes halten das Ergebnis für manipuliert.
Seit fast fünfzig Jahren wird über das Projekt eines neuen Flughafens für Westfrankreich in Nantes diskutiert. Die Gegner prangern an, dass für den Bau landwirtschaftlich genutzter Boden und eine schützenswerte Landschaft geopfert werden. Die Befragung hatte nur beratenden Charakter – doch hatte die Regierung erklärt, sie werde den dabei geäußerten Volkswillen respektieren.
Doch nach Ansicht der Kritiker war schon die Frage nicht eindeutig genug: Die 967.000 Stimmberechtigten aus den 212 Kommunen hätten nicht wissen können, über welches Szenario mit wie vielen Startbahnen sie abstimmen. Zudem deute die Frage mit dem Wort „Verlegung“ an, dass der bisherige und angeblich zu kleine Flughafen von Nantes dafür schließen werde, was aber nicht klar sei.
Fragwürdig finden die Gegner auch den Vorentscheid darüber, wer genau sich in der Abstimmung überhaupt äußern dürfe. Die Analyse zeigt, wie gespalten die Region ist: Die Bewohner des zukünftigen Baugeländes in Notre-Dame-des-Landes und den anliegenden Kommunen haben massiv dagegen gestimmt. Je weiter man sich entfernt, desto größer ist die Begeisterung für den Flughafen.
Für die Regierung und die lokalen Befürworter des Projekts, unter ihnen der frühere Bürgermeister von Nantes und heutige Außenminister Jean-Marc Ayrault, ist die Rechnung aufgegangen. Die französische Umweltministerin Ségolène Royal, die gelegentlich Verständnis für die Gegner des Großprojekts gezeigt hatte, erklärte, das Hin und Her habe nun lange genug gedauert.
Nach der offiziellen Bekanntgabe des Resultats hat Regierungschef Manuel Valls mitgeteilt, nach diesem Sieg könnten die mehrfach von den Gegnern verzögerten und verhinderten Bauarbeiten ab dem Herbst anfangen. Doch das ist alles andere als sicher: Seit vielen Monaten leisten die von Vertreibung bedrohten Bauern mit Aktivisten erbitterten Widerstand auf dem Gelände, das sie als „Verteidigungszone“ (ZAD) besetzt halten.
Für die „ZADisten“ des Anti-NDDL-Kollektivs war die Konsultation ohnehin bloß ein Spiel „mit gezinkten Karten“, der Kampf geht für sie weiter. Die Gegner hatten sich am Sonntagabend in ihrer Hochburg mit dem Namen La Vache rit (auf Deutsch: Die Kuh lacht) versammelt. Den heute siegesgewissen Befürwortern des Flughafens erwidern sie: „Wir werden sehen, wer zuletzt lacht …“
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