Vorwurf der Pass-Schlamperei: Das Bamf wehrt sich

Wie viele Flüchtlinge kamen mit einem falschen Pass ins Land? Das Flüchtlingsamt verteidigt sich gegen die schweren Vorwürfe einiger Landesregierungen.

ein Schild mit der Aufschrift „Bundesamt für MIgration und Flüchtlinge“ häng am Pfosten eines Eingangtor

Prüft jeden Monat tausende Pässe: das Bamf in Nürnberg Foto: dpa

BERLIN/NÜRNBERG dpa | Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) wehrt sich gegen den Vorwurf der Schlamperei bei der Überprüfung von Flüchtlingspässen. Mehrere Bundesländer legen der Nürnberger Behörde zur Last, wiederholt gefälschte Pässe von Asylbewerbern nicht erkannt zu haben. Das Bundesamt betont dagegen, ihm lägen keine konkreten Hinweise aus den Ländern vor, dass vom Bamf akzeptierte Pässe dort beanstandet worden seien – auch nicht aus Bayern. Sofern sich aus konkreten Fällen neue Erkenntnisse ergäben, werde man dies aber „aktiv angehen“.

Zuvor hatte der Sender rbb über schwere Vorwürfe mehrerer Länder berichtet. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) erklärte, bei Stichproben von Flüchtlingspässen seien Fälschungen und nicht zutreffende Identitäten in erheblichem Maße entdeckt worden. „Das können wir angesichts der aktuellen Gefahren mit der Sicherheitslage in unserem Land nicht vereinbaren“, sagte der CSU-Politiker dem rbb. Er will das Thema in dieser Woche mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) besprechen.

Am Dienstag waren in Schleswig-Holstein drei Terrorverdächtige festgenommen worden, die Ende 2015 mit mutmaßlich gefälschten Pässen die Grenze überquert hatten. Die Behörden hatten jedoch frühzeitig erkannt, dass ihre Pässe wohl aus einer Druckerwerkstatt der Terrormiliz IS stammten, und sich deshalb an ihre Fersen geheftet.

Es ist seit langem bekannt, dass ein Teil der seit 2015 zu Hunderttausenden nach Deutschland eingereisten Asylbewerber bei der Registrierung falsche Pässe vorlegte. Der weitaus größte Teil der Schutzsuchenden hatte überhaupt keine Dokumente bei sich. Das Bamf versicherte am Samstag, man unternehme alle Anstrengungen, um gefälschte Papiere zu identifizieren. So seien seit März 2016 von 53.603 geprüften Dokumenten 3.311 beanstandet worden. Dies sei ein Anteil mutmaßlicher Fälschungen von ungefähr sechs Prozent.

Das Bamf will die Daten nicht rausgeben

Nach Angaben mehrerer Bundesländer bleiben dennoch viele Fälschungen unentdeckt. Nach rbb-Recherchen stellten bayerische Fahnder allein in Garmisch-Partenkirchen bei einer Stichprobe 19 gefälschte Pässe sicher. In Mecklenburg-Vorpommern überprüfe man derzeit rund 3.300 Pässe, unter denen sich 140 gefälschte syrische Pässe fanden. Vier davon habe das Bamf vorher mit Gutachten für echt erklärt. Drei der gefälschten Identitäten würden dem Umfeld des IS zugeordnet.

Als Konsequenz will die Brandenburger Generalstaatsanwaltschaft beim Bamf die Datensätze von rund 18.000 Flüchtlingen beschlagnahmen lassen. Die Behörde verweigert die Herausgabe der Daten. Der Staatsanwaltschaft sei es konkret um Anzeigen wegen illegaler Einreise gegangen, erklärte das Bamf. Die Übermittlung sei unverhältnismäßig, weil solche Strafverfahren von den Gerichten wegen späterer Asylanträge in der Regel wieder eingestellt würden.

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) hat deshalb in 50 Musterfällen Durchsuchungs- und Beschlagnahmungsbeschlüsse beim Amtsgericht beantragt. In 18 Fällen wurden diese bereits abgelehnt. Zudem wurde eine erste Beschwerde beim Landgericht abgewiesen.

Der SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka verlangte Aufklärung von de Maizière. „Der Bundesinnenminister soll erklären, wie es dazu kommen konnte, dass beim BAMF offenbar nicht sorgfältig gearbeitet wurde“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Jeder Fall eines mit falschen Papieren eingereisten Flüchtlings ist einer zu viel. Wir müssen wissen, wer bei uns im Land ist.“

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