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Vorwürfe gegen indischen PolitikerMögliche Flucht mit Diplomatenpass

Während Indiens Wahlen ist der Abgeordnete Revanna mutmaßlich nach Deutschland geflohen. Zuvor wurde ihm sexueller Missbrauch vorgeworfen.

Der flüchtige Abgeordnete Prajwal Revanna Foto: imago

Mumbai taz | In Indiens Wahlkampf kann es hitzig, überraschend und laut werden. Skandale sind keine Seltenheit. Jetzt belasten Videos den Abgeordneten Prajwal Revanna und haben große Empörung ausgelöst. Laut den Clips, die anonym über soziale Medien verbreitet wurden, soll der 33-Jährige zahlreiche Frauen sexuell missbraucht haben. Das lässt vor allem junge Frauen gegen ihn protestieren.

Das Portal The News Minute berichtet von einer Betroffenen, die sexuell missbraucht und entführt worden sein soll. Unter den missbrauchten Frauen soll auch eine Beamtin sein, der er mit dem Tod gedroht habe. Revanna soll sie drei Jahre lang vergewaltigt haben. Der Abgeordnete, nach eigenen Angaben ein Geschäftsmann und Landwirt, ist kein Unbekannter. Er ist ein Enkel des Politikers Deve Gowda, der 1996/97 Indiens Premierministers war.

Fünf Jahre lang saß Revanna für die Partei Janata Dal Secular JD(S) im Unterhaus des indischen Parlaments. JD(S) ist im südindischen Bundesstaat Karnataka mit der regierenden hindunationalistischen Volkspartei (BJP) von Premierminister Narendra Modi verbündet. Modi schwieg lange zu den Vorwürfen gegen den mittlerweile suspendierten Politiker. Erst an diesem Dienstag sagte der Premier einem Fernsehsender, „dass es für solche Personen null Toleranz geben sollte“.

Modi beschuldigte die oppositionelle Kongresspartei, die Videos veröffentlicht zu haben. Das sei „kein Sexskandal, sondern Massenvergewaltigung“, sagte der führende Kongresspolitiker Rahul Gandhi zu dem Fall. „Angesichts der schwerwiegenden Anschuldigungen hat unsere Regierung umgehend ein Sonderermittlungsteam gebildet, um eine gründliche Untersuchung zu gewährleisten“, erklärte zuvor schon Karnatakas Ministerpräsident Siddaramaiah, der nur einen Namen hat und der Kongresspartei angehört.

Sein Sohn tritt zu Parlamentswahlen an

Doch schon kurz nach dem Auftauchen der Videos vor mehr als einer Woche soll Ravenna nach Deutschland geflohen sein. Indiens Außenministerium stellte klar, dass der Beschuldigte aufgrund seines Diplomatenpasses ohne Visum oder andere Reiseformalitäten aus- und einreisen konnte. Der Politiker hat die Vorwürfe bestritten und behauptet, sie seien gefälscht. Später teilte er auf X mit, er sei nicht in der Landeshauptstadt Bangalore, und die Wahrheit werde bald ans Licht kommen.

Als Abgeordneter vertritt er den Wahlkreis Hassan in Karnataka, wo die Abstimmung während der derzeit laufenden landesweiten Wahl bereits Ende April stattfand, also noch bevor der Skandal Revanna einholte. Noch ist unklar, ob und wie Revanna bestraft wird und wer die Videos veröffentlicht hat. Die „BJP ließ Prajwal Revanna entkommen und sperrte stattdessen Oppositionsführer ein“, wetterte die südindische Politikerin Kalvakuntla Kavitha, die sich im Visier von Ermittlern befindet.

Für Aufregung sorgte auch, dass der Sohn des BJP-Politikers Brij Bhushan Singh nun zu den Parlamentswahlen antritt. Bhushan Singh, damals Präsident des Ringerverbandes, wurde 2023 von mehreren Ringerinnen der sexuellen Gewalt und des Vorenthaltens von Sponsorengeldern beschuldigt. Die Ermittlungen verliefen jedoch schleppend.

Indiens Finanzministerin Nirmala Sitharaman (BJP) stellt nüchtern fest: Bhushan sei nicht verurteilt worden, deshalb könne man die Kandidatur seines Sohnes nicht infrage stellen. „Das ist eine absolut schamlose Aussage der Finanzministerin, die einen Mann schützt, der der Vergewaltigung und sexuellen Nötigung beschuldigt wird“, kritisiert Oppositionspolitiker Saket Gokhale (TMC).

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