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Vorwürfe gegen TelekomBeschwerde gegen Zwei-Klassen-Internet

Verbände werfen der Telekom vor, gezielt Engpässe im Netz auszunutzen, um von Inhalteanbietern Geld zu verlangen. Der Konzern widerspricht.

Netzneutralität – das ist eine der Vorgaben für Netzanbieter wie die Telekom Foto: Rupert Oberhäuser/imago

Berlin taz | Mehrere Bürgerrechts- und Verbraucherschutzorganisationen haben bei der Bundesnetzagentur Beschwerde gegen die Deutsche Telekom eingereicht. Der Vorwurf: Das Unternehmen schaffe in seinem Netz künstliche Engpässe.

Damit stelle es Onlinedienste – zum Beispiel Firmen oder NGOs, die Videos, Audios oder Webseiten mit Texten bereitstellen – vor die Wahl: Entweder die Onlinedienste bezahlten Entgelte an die Telekom, damit ihre Daten ungehindert zu den Nut­ze­r:in­nen kommen. Oder sie liefen Gefahr, dass ihre Inhalte verzögert oder ruckelig ankommen.

„Das schadet besonders kleinen Unternehmen, Start-ups und gemeinnützigen Organisationen, die sich die Telekom-Gebühren nicht leisten können“, kritisiert die Stanford-Professorin Barbara van Schewick, eine der Beschwerdeführer:innen.

Die Argumentation stützt sich auf eine EU-Verordnung, die das Prinzip der Netzneutralität festschreibt. Das heißt: Netzanbieter wie die Telekom oder Vodafone müssen alle Datenpakete, die durch das Internet geschickt werden, gleich behandeln. Sie dürfen nicht eine Datenart, etwa Videodaten, bevorzugen oder benachteiligen und auch nicht einzelne Dienste.

Für die Aufsicht über die Einhaltung der Netzneutralität in Deutschland ist die Bundesnetzagentur zuständig. Die hat in der Vergangenheit schon Angebote untersagt, zum Beispiel beim Zero Rating. Dabei stellt ein Netzanbieter zum Beispiel einen eigenen Videodienst bereit, dessen Nutzung nicht aufs Datenvolumen angerechnet wird. Andere Anbieter von Videodiensten hätten dann einen Nachteil.

Zwei-Klassen-Internet

Neben Schewick sind der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), die Gesellschaft für Freiheitsrechte und die österreichische Organisation epicenter.works in dem Verfahren dabei. Sie werfen der Telekom vor, ein Zwei-Klassen-Internet zu schaffen: Finanzstarke Anbieter könnten mit entsprechenden Zahlungen dafür sorgen, dass ihre Inhalte schnell durchgeleitet werden. Kleinere Anbieter, ob Firmen, Institutionen oder NGOs, die sich solche Zahlungen nicht leisten könnten oder wollten, müssten damit rechnen, dass ihre Inhalte ausgebremst werden.

„Die Deutsche Telekom schafft mit ihren Geschäftspraktiken künstliche Engpässe an den Zugängen zu ihrem Netz“, kritisiert Lina Ehrig, Digitalexpertin beim vzbv. Leidtragende seien die Nutzer:innen. „Wenn Filme auf Streaming-Plattformen ruckeln, Seiten langsam laden oder gar nicht aufrufbar sind, ist für Ver­brau­che­r:in­nen oft nicht nachvollziehbar, was der Grund dafür ist“, sagt Ehrig. Dass ihr eigener Internetanbieter diese Probleme absichtlich entstehen lasse, um Geld zu verdienen, komme den wenigsten in den Sinn.

Telekom widerspricht

Die Telekom ist der Beschwerde zufolge der einzige Netzanbieter in Deutschland mit einer solchen Geschäftspolitik. Andere Anbieter würden ihre Zugänge zum Netz ausbauen, wenn Engpässe entstünden – ohne von den Inhalteanbietern Geld zu verlangen.

Die Telekom widerspricht den Vorwürfen: Die Telekom verletze nicht die Netzneutralität und verlangsame auch keine Netzverkehre, erklärte eine Sprecherin. Einer Überprüfung durch die Bundesnetzagentur sehe man daher gelassen entgegen. Die Behörde hat eigenen Angaben zufolge bereits zuvor Beschwerden in der Sache erhalten. Sie alle würden nun in der Gesamtschau berücksichtigt.

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