Vorwürfe aus Niedersachsen: Holland-Hühner nicht ganz bio
Zoff zwischen Niedersachsen und den Niederlanden: Wenn der Nachwuchs konventioneller Hennen Eier legt, sind die dann bio?
Angebliche Bio-Jungtiere aus den Niederlanden seien 1 bis 2 Euro billiger als deutsche, ergänzte der Agrarminister. So würden die Holländer es schaffen, jedes Jahr schätzungsweise 1 bis 1,5 Millionen Junghennen in mehrere deutsche Bundesländer zu verkaufen. Das entspricht ungefähr der Produktion der niedersächsischen Lieferanten von Öko-Junghennen.
Meyer befürchtet, dass die deutschen Halter von Bio-Elterntieren „diese Situation nicht lange durchhalten können“ und bald aufgeben müssten. „Dann muss wieder auf konventionelle Elterntierhaltungen zurückgegriffen werden. Aus Sicht des Tier- und des Verbraucherschutzes wäre das ein fatales Signal.“ Denn konventionelle Tiere haben, anders als Biohühner, keinen Auslauf, weniger Platz im Stall und bekommen kein Ökofutter.
Niedersachsen hat deshalb Meyer zufolge vor wenigen Tagen das Bundeslandwirtschaftsministerium in einem Schreiben darum gebeten, die EU-Kommission einzuschalten. Meyer will, dass sie kurzfristig eine einheitliche Vorgabe zu den Mindeststandards für Bio-Legehennen- und -Masthähnchen-Elterntieren erlässt. „Legehennen und Masthähnchen von Elterntieren, die in Zukunft nicht nach diesen Mindeststandards erzeugt werden, sollten nicht mehr unter dem Siegel ‚Bio‘ in der EU vermarktet werden dürfen“, sagt er.
Viel Unmut gegenüber den Niederländern
Auch in anderen Bundesländern regt sich Unmut gegen die holländischen Konkurrenten. Zum Beispiel bei Friedrich Behrens, der die größte deutsche Elterntierhaltung in Mecklenburg-Vorpommern betreibt. „Wir haben uns bereits im Januar bei der EU-Kommission beschwert“, sagt der Agrarunternehmer. „Derzeit beträgt unser Schaden zigtausend Euro pro Tag. Das macht natürlich keinen Spaß. Wir überlegen, ob wir aus den Bio-Elterntieren ganz normale Legehennen machen.“
Doch die zuständige niederländische Bio-Kontrollstelle, der Monopolist Skal, hält an ihrer Linie fest. „Gemäß der EU-Bio-Verordnung 889/2008 nutzt die holländische Geflügelbranche konventionelle Küken, die nicht älter als 3 Tage sind, und wandelt sie direkt in Bio-Hühner um“, schrieb der zuständige Projektmanager Jan Hoekman der taz. In den Niederlanden seien keine Bio-Küken verfügbar, weil „es keine europäische Bio-Regulierung für Bio-Elterntiere gibt.“ Auch die Haltung von Öko-Junghennen sei von der EU nicht geregelt. „Deshalb haben die Niederlande nationale Gesetze entwickelt.“ Und die erlauben eben, sehr viele Tiere in einem Stall zu halten.
Niedersachse Meyer hält dem die EU-Bio-Verordnung entgegen, in der für alle Tierarten zum Beispiel festgelegt sei: „Die Tiere müssen ständigen Zugang zu Freigelände, vorzugsweise zu Weideland, haben, wann immer die Witterungsbedingungen und der Zustand des Bodens dies erlauben“. Der Grüne verweist außerdem auf die Öko-Vorschriften speziell für „Hühner“, die laut EU-Kommission ebenso für Elterntiere gelten würden.
Agrarminister Christian Meyer
Allerdings könnten auch die Niederlande Deutschland Verstöße gegen diese Regeln vorwerfen. Denn Mecklenburg-Vorpommern erlaubt Ökolandwirt Behrens bislang nur, dass er 11.700 seiner 25.700 Elterntiere auf einem unbefestigten Boden unter freiem Himmel hält. Der Rest hat lediglich einen überdachten Auslauf mit Betonboden. Das soll das Risiko reduzieren, dass etwa Wildvögel die Tiere mit Infektionskrankheiten anstecken, deren Erreger dann mit den Junghennen in andere Betriebe übertragen werden.
Meyer hält diese Gefahr für übertrieben und hat seinen Hühnerhaltern vorgeschrieben, allen seit Anfang vergangenen November eingestallten Elterntieren Grünauslauf zu gewähren. Das betrifft Meyers Ministerium zufolge bislang aber nur die Hälfte der 12.000 Legehennen-Elterntiere und ein Drittel der Masthähnchen-Elterntiere. Immerhin werden die sonstigen Anforderungen etwa an den Platz im Stall zu 100 Prozent erfüllt. Und demnächst sollen alle Elterntiere ins Freie dürfen.
Das Bundesagrarministerium teilte mit, es stehe mit der EU-Kommission in Kontakt, „um in dieser Angelegenheit eine praxisgerechte Lösung zu vereinbaren“.
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