Vorwahlen in den USA: Trumps Strategie geht auf
Joe Biden steht vor einem harten Endspurt. Um seinem starken Gegner Paroli zu bieten, muss er selbstbewusst und vital auf Angriffskurs gehen.
F ür Donald Trump war das wirklich ein Super-Dienstag. In 14 von 15 US-Bundesstaaten, die am Dienstag Vorwahlen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur abhielten, gewann Trump mit großem Abstand. Lediglich im kleinen Vermont konnte seine letzte Konkurrentin Nikki Haley ein paar Delegierte gewinnen, mit gerade einmal 4 Prozentpunkten Vorsprung vor Trump. Das Wunder, das sie gebraucht hätte, um wenigstens theoretisch noch eine Chance zu haben, ist ausgeblieben.
Trumps Strategie zur Wiederwahl, die er seit seinem unfreiwilligen Auszug aus dem Weißen Haus im Januar 2021 verfolgt hat, ist bislang voll aufgegangen. Trump erklärte so früh seine Kandidatur, dass er all die Strafverfahren, mit denen er rechnen musste, als politische Instrumentalisierung der Justiz gegen einen oppositionellen Präsidentschaftskandidaten darstellen konnte. Trump, das Opfer des Deep State.
Er wich nie auch nur einen Millimeter von seiner großen Wahllüge ab. Im Ergebnis ist über die Hälfte derer, die bei den republikanischen Vorwahlen ihre Stimme abgaben, überzeugt davon, dass Joe Biden 2020 nur durch Wahlbetrug gewonnen hat. Trump, der Siegertyp.
Seine Entscheidung, an keiner einzigen der TV-Debatten des anfangs recht großen republikanischen Kandidat*innenfelds teilzunehmen, war für ihn goldrichtig: Er war als Elefant im Raum immer dabei, vermied aber, der Konkurrenz zu größerer Aufmerksamkeit zu verhelfen. Trump, die amerikanische Eiche, an der sich die Ferkel aus der Ferne reiben.
Strategische Meisterleistung
Seine Anwälte haben – im Zusammenspiel mit einem ihm freundlich gesinnten Obersten Gerichtshof – dafür gesorgt, dass eine Verurteilung in einem der laufenden Verfahren noch vor dem Wahltermin sehr unwahrscheinlich geworden ist. Das hätte zwar nicht die Mehrheit, aber doch ein paar Wähler*innen abgeschreckt. Trump, der Unantastbare. In nahezu allen Umfragen zur Novemberwahl liegt er gegenüber Joe Biden vorne.
Sein wichtigstes Wahlkampfthema, Sicherung der US-Südgrenze gegen Migration, hat sich auf Nummer 1 in der nationalen Wahrnehmung geschoben, und die Republikaner im Repräsentantenhaus sorgen per Blockade dafür, dass es auch ja nicht von Biden gelöst werden kann. Im Senat wollte der republikanische Fraktionschef Mitch McConnell eine solche Lösung überparteilich herbeiführen – Trump schoss ihn so sturmreif, dass McConnell in ein paar Monaten sein Amt abgibt.
So erratisch, verlogen und wirr Trump in seinen Wahlkampfreden klingen mag: Zumindest bis zu diesem Punkt, an dem er sich die republikanische Kandidatur gesichert hat, ist all das eine strategische Meisterleistung. Auf demokratischer Seite klingen jetzt sämtliche Alarmglocken. Alle wissen, dass es mitnichten ein Selbstläufer ist, den Lügner, Betrüger und Demokratieverächter Trump im November zu besiegen, ganz im Gegenteil.
Joe Biden selbst kommt dabei eine Schlüsselrolle zu: Der 81-Jährige muss mindestens bis November glaubhaft vermitteln, dass sein Alter überhaupt keine Rolle spielt. Wenn er noch ein paarmal Mexiko mit Ägypten und die Ukraine mit dem Gazastreifen verwechselt, kann das richtig nach hinten losgehen. Ob Biden fit für diese Aufgabe ist, wird gleich diesen Donnerstag sichtbar werden: Eine selbstbewusste, vitale, zukunftsgewandte, angriffslustige Rede zur Lage der Nation ist keine Option, sie ist ein absolutes Muss.
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