Vorschlag zum Ausstieg aus der Kohle: Ofen aus und alle glücklich
Die Denkfabrik „Agora Energiewende“ schlägt einen Kohleausstieg im Konsens vor: Bis 2040 soll Schluss sein, dafür gibt es Planungssicherheit.
Das sehen die “Elf Eckpunkte für einen Kohlekonsens“ vor, die der Thinktank „Agora Energiewende“ am Montag vorgestellt hat. Nach dem Ausstieg aus dem Kohlebergbau bis 2018 und der Atomkraft bis 2022 sei „die Zeit reif für einen Kohlekonsens“, sagte Agora-Chef Patrik Graichen.
Es wäre eine Lösung für die „Achillesferse der deutschen Klimapolitik“, wie sie Umwelt-Staatsekretär Jochen Flasbarth nennt: Die hohen CO2-Emissionen aus den Kohlekraftwerken, die das Klimaziel von minus 40 Prozent bis 2020 praktisch unmöglich machen. Laut Agora-Konzept soll die Bundesregierung noch 2016 alle Betroffenen für ein Gesetz zum Ausstieg zusammenbringen: Bis 2040 sollen Kraftwerke mit insgesamt 51 Gigawatt Leistung vom Netz gehen, die jetzt noch 42 Prozent des Stroms erzeugen. Dafür gäbe es Bestandsgarantien für die Meiler, Ruhe an der politischen Front und vom Bund 250 Millionen Euro jährlich Strukturhilfen für die betroffenen Regionen.
Der Zeitpunkt der „Eckpunkte“ ist kein Zufall: Einen Monat nach dem Weltklimaabkommen von Paris arbeitet das Umweltministerium an einem neuen Klimaschutzplan bis 2050. „Agora“ will vermeiden, dass das Thema im Bundestagswahlkampf 2017 zerredet wird. Das Gremium, das seit 2012 Vertreter von Politik, Wirtschaft und Verbänden versammelt, ist eine der wichtigsten Stimmen der Energiepolitik, Exdirektor Reiner Baake arbeitet inzwischen als Staatssekretär im Wirtschaftsministerium an der Energiewende.
Lob vom Umweltministerium
Das Konsenspapier orientiert den Ausstieg am Alter der Kraftwerke und sichert den Konzernen lange Laufzeiten, Flexibilität und Planungssicherheit für Jahrzehnte. Der energieintensiven Industrie wird billiger Strom garantiert. Und weil zuerst jedes Jahr nur etwa drei Kohleblöcke stillgelegt werden, erreicht die Regierung auch mit diesem Konzept nicht ihr Klimaziel 2020.
Laut den „Eckpunkten“ geht ab 2018 der Ofen aus: Bis 2025 sollen 12 Gigawatt (also etwa 12 Kraftwerksblöcke) Braunkohle und 15 Gigawatt Steinkohleanlagen vom Netz gehen, bis 2040 noch einmal 24 Gigawatt. Die Tagebaue sollen optimal ausgelastet werden, dafür keine neuen mehr entstehen und keine Dörfer mehr zerstört werden. Neue Kohlekraftwerke werden nicht genehmigt, frei werdende CO2-Zertifikate sollen nicht im EU-Emissionshandel gehandelt werden. Die Sanierung der Braunkohlewüsten soll durch eine von der Industrie finanzierte Stiftung gesichert werden.
Das Umweltministerium lobte den Vorschlag als „durchdachte Diskussionsgrundlage“. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel nahm den Vorschlag laut einer Sprecherin „zur Kenntnis“, finde aber den gleichzeitigen Ausstieg aus Kohle und Atom weiterhin nicht sinnvoll.
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