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Vorbereitung auf den TriathlonZwischen Zweifeln und Kaffeetrinken

Für einen Triathlon wollte unsere Kolumnistin kraulen lernen. Bislang schluckt sie vor allem Wasser und fragt sich: Muss man wirklich alles können?

Kraulen bis zum Ziel Foto: Frank Hoermann/Sven Simon/imago

W enn ich versuche zu kraulen, sehe ich aus, als würde ich das Wasser zum ersten Mal in meinem Leben berühren. Meine Arme klatschen auf die Oberfläche, die Füße wühlen unregelmäßig durcheinander. Nach 30 Metern bin ich aus der Puste und kralle mich am Beckenrand fest. Eine Frau in den Sechzigern gleitet elegant an mir vorbei. „Alles okay?“, fragt sie. „Ich lerne kraulen“, schnaufe ich zurück und hoffe, dass sich das Becken unter mir auftut.

Das war mein Vorsatz für 2025. Es begann mit der Idee im Freundeskreis, einen Triathlon zu absolvieren. Eine Sprintdistanz: 750 Meter schwimmen, 20 Kilometer radeln, 5 Kilometer laufen. Es würde Spaß machen, sich gemeinsam einer Herausforderung zu stellen, ein Ziel zu haben, auf das wir hintrainieren könnten – so malten wir es uns aus, irgendwann zwischen den Jahren und inmitten der Quaterlifecrisis.

Seitdem stehe ich dienstagmorgens in einem zitronengelben Badeanzug am Beckenrand (ein Geschenk meiner Freundinnen, um meine Motivation hochzuhalten) und ringe mich dazu durch, ins kalte Wasser zu springen. Ich habe mir so viele Videos mit Kraultipps angeschaut, dass mein Social-Media-Feed mittlerweile nichts anderes als Muskeltraining für Schwimmerinnen und Unterwasseraufnahmen zu bieten hat.

Mit einem Schaumstoffbrettchen übe ich im Becken die richtige Armrotation. Links, atmen, rechts, atmen, links, atmen. Dann schlucke ich Wasser und muss husten. (Wie schaffen es andere, drei, vier, sogar fünf Armschläge zu machen, ohne Luft zu holen?)

„Es hätt noch emmer joot jejange“

Inzwischen ist über ein halbes Jahr vergangen und die Fortschritte bleiben aus. Dabei habe ich erfahren, dass Kinder in vielen anderen Ländern zuerst Kraulen lernen und dann Brustschwimmen. Das gerade Kicken mit den Beinen soll einfacher sein als der froschige Beinschlag. Außerdem sei die Kraultechnik dem Bewegungsablauf beim Gehen ähnlich, und daher grundsätzlich gar nicht so schwierig. Nur spüre ich davon leider nichts.

Was mache ich falsch? Liegt es an der Koordination? Gleichzeitig mit den Beinen paddeln, die Arme rotieren, sie im richtigen Moment abknicken und mit Druck unter Wasser nach hinten ziehen, mich dabei wie eine Schraube drehen, nicht vergessen auszuatmen, damit ich im richtigen Moment zwischen Achsel und Wasseroberfläche kurz Luft holen kann.

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Damals im Musikunterricht sollten wir eine Koordinationsübung machen: Mit der einen Hand leicht auf den Kopf klopfen und mit der anderen Hand in Kreisen über den Bauch fahren. Das war auch so ein Ding der Unmöglichkeit für mich. Ist das beim Kraulen die gleiche Pro­blematik? Mit jeder Woche werde ich unzufriedener, wenn ich mich aus dem Becken stemme und wieder keine Bahn am Stück geschafft habe.

Nach dem Training trinken wir traditionell noch einen Kaffee. Bei meiner Freundin laufen die Vorbereitungen auf den Wettkampf auch eher mäßig. „Es hätt noch emmer joot jejange“, sagt sie und verlässt sich wie in vielen Lebenslagen auf das Kölner Grundgesetz. Artikel 1 lautet: „Et es wie et es.“ Stimmt. Zwei Wochen vor dem Triathlon kann ich noch immer nicht kraulen. Man muss nicht alles können, oder?

Ich werde an den Start gehen, all die Kraulerinnen davongleiten sehen und mich beim Brustschwimmen darüber freuen, dass ich immerhin eine Art beherrsche, mich durch den menschenfeindlichen Lebensraum Wasser zu bewegen.

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Sophie Fichtner
Redakteurin
Seit 2022 Redakteurin im Zukunftsteil der wochentaz, aktuell im Ressort Reportage und Recherche. Sie hat die Deutsche Journalistenschule in München besucht und Politikwissenschaften in Berlin und Lissabon mit Schwerpunkt auf Menschenrechten studiert.
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3 Kommentare

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  • Keine Sorge, ich hab beim Triathlon schon Leute auf dem Rücken schwimmen sehen.



    Brustschwimmen wird dich auch ans Ziel bringen und es ist auch leichter sich im Wasser zu orientieren.



    Viel Erfolg.

  • Mein Beileid! Ich schwimme viel Brust und habe mir ein Distanz-Zeitziel gesteckt, auf das ich selbst lange hinarbeiten muss da auch nicht mehr der Jüngste. Nebenbei versuche ich ab und an zu kraulen, was mir auch nie beigebracht wurde. Ich kann das Problem so gut nachvollziehen!

    Zwar ist es so, dass wenn ich ganz ruhig beginne, mich konzentriere und vor allem die Beine mehr so alibimäßig ab und an schlage (nicht dauerhaft sondern mit kleinen Pausen), worauf ich mich sehr konzentrieren muss, schon mal ein paar Bahnen schaffe und das auch recht schnell, aber ganz leicht komme ich aus dieser Ruhe raus oder finde gar nicht erst rein - v.a. wenn ich vorher schon anstrengend den anderen Stil geschwommen bin. Dann heißt es Wasser schlucken, ungleichmäßig schlagen, Rotation unterbleibt, hektisch atmen, Beine krampfen und von der Gesamtkoordination braucht man dann gar nicht mehr sprechen.

    Es ist sehr mühselig die Bewegungen einzeln zu üben, diese Geduld geht mir ab vor allem weil es bei mir nur mit den Beinen gar nicht voran geht. Brustmäßig hingegen schwimme ich schneller als einige Krauler v.a. über Distanz.

  • Wenn es die Autorin beruhigt: Ich bin nach 50 Jahren immer noch zu doof zum Kraulen, obwohl man schon in der Schule versucht hat, es mir beizubringen. Nach spätenstens 10m bin ich am Japsen und beim Atmen schlucke ich Wasser. Ich bleibe lieber beim Brustschwimmen und mache den Frosch ;-) Ich habe aber auch keine Triathlonambitionen...